Zwischen Pandemie, Fantasie und Umweltbewusstsein: Ein Kinderbuch mit Tiefgang

Bild zu dem Kinderbuch

Die Begegnung mit Mariola – Ein neuer Anfang in schwierigen Zeiten

Vor wenigen Wochen ist Mariola in das Nachbarhaus des neunjährigen Jonas und seiner Eltern gezogen – ein Haus mit angrenzendem Garten. Exakt am 16. März 2020, dem Tag, an dem sämtliche Schulen wegen der Corona-Pandemie geschlossen wurden, begegnet Jonas ihr erstmals an der Bude von Herrn Yilmaz. Während seine Eltern besorgt auf die bevorstehenden Wochen blicken, in denen ihr Sohn auf sich allein gestellt sein wird, freut sich Jonas zunächst über die unerwarteten „Ferien“. Doch schon bald vermisst er seine Freunde – und auch das Fernsehen verliert an Reiz.

Ein magischer Eingang – Von der Zeche ins Abenteuer

Im Garten treffen Jonas und Mariola erneut aufeinander. Mariola schlägt vor, im nahen Wäldchen auf einem ehemaligen Zechengelände ein Baumhaus zu bauen. Dort begegnen sie einer rätselhaften Katze, die ihnen einen geheimnisvollen Schlüssel bringt. Dieser öffnet einen steinernen Eingang – offenbar zu einem stillgelegten Kohlebergwerk. Als eine altmodische Straßenbahn mit elektrischem Knistern heranrauscht und sie einsteigen, beginnt ein fantastisches Abenteuer: Nach dem Aufwachen finden sie sich in einem Tunnel wieder, dessen Wände nicht mehr von Kohle, sondern von mintgrünen Fliesen bedeckt sind.

Willkommen in Himmelstadt – Neue Welt, neue Herausforderungen

Die Kinder werden in einer fremdartigen Welt von einer Dame empfangen, die sich als Königin Philomena die Erste vorstellt. Begleitet von der sprechenden Katze „Agentin Ophelia“ heißen sie Jonas und Mariola in Himmelstadt willkommen. In einer anstehenden Ratssitzung sollen sie ihr Wissen über die moderne Welt teilen – ein Graus für den schüchternen Jonas, der vor vielen Zuhörern sprechen soll.

Doch die eigentliche Bedrohung naht: Herr Müller, ein weiterer Besucher, plant einen massiven Umbau – ein Parkplatz anstelle des Gemüsefeldes, ein Einkaufszentrum statt Wald, unterstützt durch ein neues Atomkraftwerk. Die Kinder erkennen schnell seine fragwürdigen Absichten.

Realität trifft Fantasie – Ein kindgerechter Rückblick auf die Corona-Zeit

Kristina Kühne-Vogt erzählt ihren Kinderroman Wie der gefühlt schüchternste Junge der Stadt eine geheime Welt rettete* konsequent aus Jonas’ Ich-Perspektive. Der Handlungsort bleibt vage, doch durch die Bergwerk-Referenzen lässt sich ein Bezug zum Ruhrgebiet herstellen. Die zeitliche Einordnung ist hingegen präzise: Ministerpräsident Armin Laschet verkündete am 13. März 2020 die Schulschließungen – ein Detail, das die Verankerung des Romans in der realen Corona-Zeit unterstreicht.

Fantasie als Flucht – und Mittel zur Reflexion

Wie in klassischen Märchen finden sich Jonas und Mariola in einer zeitentkoppelten, magischen Welt wieder – ideal, um kindliche Fantasie anzuregen. Unterstützt von neuen Freunden wie Akira, Elian und Cosima stellen sie sich Herrn Müllers Plänen entgegen. Obwohl die Erwachsenen seinem Vorhaben zunächst zustimmen, gelingt es den Kindern, die drohende Umweltzerstörung mit einem Argument zu stoppen, das auch die reale Welt geprägt hat: dem Virus. Die Möglichkeit einer erneuten Ausbreitung lässt das Vorhaben kippen.

Pädagogische Tiefe mit liebevoller Gestaltung

Jedes Kapitel beginnt mit einer farbigen Illustration und großer Schrift – ideal für junge Leser*innen ab sieben Jahren. Kühne-Vogt thematisiert nicht nur den Lockdown, sondern auch Umweltverschmutzung, Stadtentwicklung und zivilgesellschaftliches Engagement. Ein kleiner Wermutstropfen: Eine Erklärung des Begriffs „Ninja“, der in Jonas’ Träumen vorkommt, fehlt.

Trotz kleiner Logiklücken wirkt die abenteuerliche Erzählung erfrischend kindgerecht und sensibilisiert für zentrale Zukunftsfragen.

Buchcover von dem Kinderbuch
Kristina Kühne-Vogt
Wie der gefühlt schüchternste Junge der Stadt eine geheime Welt rettete
Hummelshain Verlag 2025
Hardcover
92 Seiten
ISBN 978-3-910971-27-1
Bildquelle: Hummelshain Verlag

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