Zwischen Trödel, Erinnerungen und der Suche nach Liebe

Eine Romanbetrachtung zu „Eddie Winston sucht die Liebe“ von Marianne Cronin

Eddie Winston sucht die Liebe

Ein ungewöhnlicher Rentner und sein Meerschweinchen

Der neunzigjährige Eddie lebt mit seinem Meerschweinchen Puschkin-Spiderman Winston zusammen und arbeitet als ehrenamtlicher Rentner im Trödelladen von Marjie. Diese nimmt Habseligkeiten von Verstorbenen aus städtischen Sozialwohnungen entgegen, die von einem Hausentrümpelungstrupp der Stadtverwaltung Birmingham übergeben werden, oder von Menschen, die sich von Dingen des täglichen Lebens trennen möchten. Eddie jedoch verwahrt heimlich Gegenstände in seiner Kommode, die für die Verstorbenen eine persönliche Bedeutung gehabt haben könnten und sich kaum verkaufen ließen.

Begegnung mit Bella und ein erster Kuss

Eines Tages spricht Eddie eine Frau im Laden an, die ihm bereits mehrfach durch ihre auffälligen pinkfarbenen Haare aufgefallen ist. Ihr Namensschild weist sie als Bella aus. Beim gemeinsamen Mittagessen erzählt sie ihm von ihrem verstorbenen Freund Jake, den sie an seinem vierzehnten Geburtstag zum ersten Mal geküsst hat und der heute fünfundzwanzig Jahre alt geworden wäre. Eddie gesteht ihr daraufhin, dass er selbst noch nie geküsst wurde – nun aber bereit sei, eine Frau für seinen ersten Kuss zu finden. Bella bietet ihm ihre Hilfe an.

Briefe, Erinnerungen und eine Reise nach Kreta

Marianne Cronin widmet sich in ihrem Roman liebevoll den von Marjie übernommenen Habseligkeiten und den Fotos Verstorbener. Besonders ins Auge fällt Eddie ein Umschlag aus dem Jahr 1981, adressiert an Elsie. Der beigelegte Brief, den der Schreiber William nie abgeschickt hat, offenbart, dass er in Erinnerung an einen Kuss von Elsie auf dem Pier glücklich sterben werde. In der Hoffnung, dass Elsie noch lebt, schickt Eddie die nie versendeten Briefe an ihre Adresse und erhält daraufhin eine Einladung nach Kreta.

Bridie Brennan – eine tragische Lebensgeschichte

In eigenen Kapiteln erzählt die Autorin von der jungen Bridie Brennan, beginnend im Mai 1954, als sie Alistair heiratet. Acht Jahre später begegnet sie Eddie in einer Bibliothek. Die beiden halten über Jahre hinweg Kontakt – unter anderem besucht Bridie eine Vorlesung von Eddie an der Universität. Doch die Verbindung reißt ab, als Bridie mit ihrem Ehemann wegzieht.

Gespräche mit Puschkin und Dating-Abenteuer

Gelegentlich wird von Eddies Alltag in seiner Wohnung berichtet – etwa wenn er mit einem Nachbarn spricht oder mit seinem bissigen Meerschweinchen Puschkin redet, das er auf ein erstes Date mit einem anderen Meerschweinchen vorbereitet. Neben seinem Tier spricht Eddie auch mit den verwahrten Gegenständen und glaubt, ihre Antworten zu vernehmen. Nachdem er sich bei einer Dating-App angemeldet hat, bleibt dem Leser nicht verborgen, wie die Treffen verlaufen: Der Neunzigjährige erlebt schwitzende Hände und Schmetterlinge im Bauch.

Glaube, Verlust und moralische Konflikte

Marianne Cronin beleuchtet auch Bridies unglücklich verlaufendes Leben, das stark von ihrem christlichen Glauben geprägt ist. Würde sie ihrem Herzen folgen, wäre sie eine Ehebrecherin. In den von Bella nummerierten Briefen an ihren verstorbenen Jake berichtet sie von ihren Therapiebesuchen und davon, dass sie sich wünscht, die Zeit möge schneller vergehen und ihr „Hirn endlich kapiert“, dass Jake tot ist – damit sie ihn nicht mehr in den Zimmern suchen muss. Den Diebstahl von Lebensmitteln an ihrer Arbeitsstelle sieht sie nicht als solchen, da sie bei dem „Hungerlohn“ das Essen „natürlich mitgehen lässt“. In Schreibschrift ist ein langer Antwortbrief auf die nie versendeten Briefe an Elsie wiedergegeben, der mit der Einladung nach Kreta endet.

Rückblicke und ein Medaillon voller Bedeutung

Nur im aktuellen Geschehen lässt die Autorin Eddie in der Ich-Form berichten – nicht jedoch in Rückblicken auf seine Zeit als junger Doktorand oder später als Professor, als er Bridie begegnet ist. Nur einmal hat er ihr gegenüber geäußert: „Ich tue es nicht, aber ich würde es so gerne tun“, womit er seine Liebe zu ihr zum Ausdruck bringt. In dem aus dem Englischen von Charlotte Breuer übersetzten Roman spielt ein Medaillon eine zentrale Rolle. Erst allmählich entwickelt sich das Interesse des Lesers für den weiteren Handlungsverlauf, der mit viel Herzschmerz, jedoch nicht auf trivialem Niveau, erzählt wird.

Eddie Winston sucht die Liebe von Marianne Cronin

Eddie Winston sucht die Liebe
Übersetzung von Charlotte Breuer
C. Bertelsmann Verlag 2025
Klappenbroschur
336 Seiten
ISBN 978-3-570-10584-9

Bildquelle: C.Bertelsmann Verlag

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