Verschollen in Panama von Christian Hardinghaus und Annette Nenner

Die wahre Tragödie vom Pianista Trail!

Verschollen in PanamaChristian Hardinghaus und Annette Nenner zeichnen in ihrem Sachbuch „Verschollen in Panama“ die wahre Tragödie vom Pianista Trail um das spurlose Verschwinden der beiden niederländischen Touristen Lisanne Froon und Kris Kremers nach, die am 1. April 2014 von einer Wanderung nicht zurückkehrten. Vor ihrem Masterstudium wollten die jungen Frauen einen sechswöchigen Trip durch Panama mit einer freiwilligen Arbeit in einer Kindertagesstätte in Boquete verbinden. Am 15. März sind sie von Schiphol in Amsterdam gestartet und zeigten sich nach einem absolvierten Spanischlehrgang darüber enttäuscht, von der Kita kurzfristig eine Absage erhalten zu haben. Dass sie auf den Pianista Trail wollten, zumal ohne Guide, wusste niemand. Bereits am 2. April bemerkte ein Fremdenführer anhand der unbenutzten Betten ihr Verschwinden, woraufhin die Eltern der beiden Frauen in Holland eine an Interpol weitergeleitete Vermisstenanzeige aufgaben.

Ein Suchtrupp erkundete den vier Kilometer langen Wanderweg, die Kripo ermittelte mit Unterstützung der Luftwaffe, Spürhunde und Helikopter kamen zum Einsatz und Prominente beteiligten sich an der ergebnislosen Suche. Zunächst tauchte ein Rucksack auf, schließlich auch Leichenteile, die anhand der DNA eindeutig zugeordnet werden konnten. Die Medien griffen den Fall auf und in True-Crime-Kanälen häuften sich die Einträge. In der ganzen Welt wurde in Internetforen spekuliert, was geschehen sein könnte. Doch selbst zehn Jahre nach der Tragödie ist das Rätsel um den Verbleib der beiden jungen Frauen nicht gelöst.

Die investigativen Journalisten Christian Hardinghaus und Annette Nenner haben sich „in ehrfürchtigem Gedenken“ an Kris Kremers und Lisanne Froon dazu entschlossen, der Sache akribisch auf den Grund zu gehen und sind zu diesem Zweck im Frühjahr 2023 für fünf Monate nach Boquete in Panama gereist. Die Spanisch sprechende Annette Nenner hat entlang des Pianista Trails nach Auffälligkeiten und wie auch immer gearteten Gefahren gesucht, um sich so ein eigenes Bild von den geographischen Gegebenheiten zu machen, hat mit Zeugen und Anwohnern gesprochen. Minutiös haben die Autoren mögliche Abläufe nachgezeichnet und unter Zuhilfenahme eines gewaltigen Aktenberges Handydaten ausgewertet, verschiedene Szenarien durchgespielt und sind den Theorien anderer auf den Grund gegangen.

Schnell kristallisierte sich für die Journalisten heraus, dass es unter anderem um den Schutz des panamaischen Tourismus ging und die Kriminalisten von Anfang an Fehler gemacht und schlampig gearbeitet haben. Sie beklagen gravierende Versäumnisse, die sie eindeutig im Text mit einer Reihe von Anmerkungen belegen. Christian Hardinghaus und Annette Nenner vermissen in den ihnen ausgehändigten Gerichtsakten einen Autopsiebericht, bedauern die von den Banken zurückgehaltenen und möglicherweise entscheidend zur Aufklärung beitragenden Videos, vermuten vorgenommene Manipulationen an den Handys der verschwundenen Frauen sowie Vertuschung von Beweismitteln. Außerdem nehmen sie Stellung zu dem vorangegangenen Werk „Lost in the Jungle“, in dem falsche Behauptungen aufgestellt wurden und das Gerüchte in die Welt gesetzt hat, die sie stichhaltig widerlegen. Insbesondere bedauern sie, dass dem Fremdenführer Feliciano Gonzalez schlechte Absichten unterstellt wurden, die ihm noch nach einem Jahrzehnt übel zusetzen und finanzielle Einbußen bescheren.

Das bis ins I-Tüpfelchen bestens recherchierte Sachbuch „Verschollen in Panama“ zeigt kontrovers diskutierte Fotos und endet mit fünfzig noch zu klärenden Fragen, bevor im Anhang Kommentare und Quellen verzeichnet sind. Die Ausführungen, die gelegentlich von Annette Nenners Logbucheinträgen ergänzt werden, lesen sich spannend wie ein Krimi, nur mit dem Unterschied, dass hier ein tatsächliches, grausames Verbrechen stattgefunden haben könnte, sofern von einem unglücklichen Unfall der beiden viel zu früh verstorbenen Frauen abgesehen werden kann. Der Gedanke, dass weder ein Menschenhändlerring, noch die Organmafia für deren Verschwinden infrage kommen könnten, treibt dem Leser wiederholt einen Schauer über den Rücken. Selbst nach zehn Jahren warten immer noch massenhafte Ungereimtheiten auf Antworten und die Autoren hoffen, mit ihrem beachtlichen Werk zur Auflösung beizutragen, indem sich vielleicht ein noch fehlendes Puzzleteil findet und „die Wahrheit endlich enthüllt“ wird.

Verschollen in Panama von Christian Hardinghaus und Annette Nenner

Verschollen in Panama
Books on Demand 2024
Broschur
322 Seiten
ISBN 978-3-7583-2194-8

Bildquelle: bücher.de


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