Die Radioschwestern – Tanz in ein neues Leben von Eva Wagendorfer

Die Radioschwestern - Tanz in ein neues LebenDie ersten beiden Teile der Trilogie umfassen die Freundschaft der Frauen Gesa, Margot und Inge in den Jahre von 1926 bis 1955, woran der Roman „Die Radioschwestern – Tanz in ein neues Leben“ direkt anschließt: Gesa Kellermann, deren erster Ehemann im Krieg blieb und die inzwischen mit dem Programmdirektor Philip vom Hessischen Rundfunk verheiratet ist, sorgt sich um ihren Sohn Julius, nachdem er mit einem Job in Berlin scheiterte und nun ausgerechnet von der Konkurrenz als deutsch-amerikanischer Koordinator eine Zusage bekommen hat. Doch damit nicht genug, will plötzlich auch noch Rikard van Leeuwen, der Vater ihres Enkelkindes Peterchen, den Kleinen sehen, obwohl er Christel Bronnen seinerzeit im Stich gelassen hat. So ist Gesa überglücklich, als der Intendant sie zur stellvertretenden Leiterin des Frauenfunks ernennt und den Gastdirigenten-Vertrag von Rikards Vater, Thomas van Leeuwen, nicht verlängert, was zur Folge hat, dass die van Leeuwens nach Amerika gehen.

Margot Milanski, die wegen der Verbindung zu Gesa als Cellistin unter ihrem Dirigenten Thomas van Leeuwen zu leiden hatte, zeigt sich ebenfalls von der Entscheidung des Intendanten erleichtert. Während ihre Tochter Marianne als Bühnenbildnerin gefragt ist, hat sich ihr Sohn Egon mit Nora Holden verlobt. Für ein Filmangebot musste sie sich allerdings verpflichten, ihre Verlobung vorerst geheim zu halten, weshalb sie vor der Kamera die Küsschen von ihrem Filmpartner Teddy Bertram ertragen muss, was natürlich Egons Eifersucht heraufbeschwört.

Was Inge Conrad anbelangt, so hat sie den Tod ihres Ehemannes Theo noch nicht überwunden. Nach ihrer Karriere als Sängerin hat sie eine leitende Position beim Kinderfunk und freut sich zudem über ein Angebot der Landesbühne. Zufällig lernt sie Rolf Mühle kennen, der ihre Gefühlswelt gewaltig durcheinanderbringt. Kann es für sie eine Zukunft geben? Marianne geht es ähnlich, als sie einer Einladung ihres alten Freundes Nick Strauß folgt und dabei auf Hajo von Aurich trifft. Mit ihm könnte sie sich durchaus ein gemeinsames Leben vorstellen, wenn es da nicht ein ihn umgebendes Familiengeheimnis gäbe, über das er nicht sprechen will.

Christel, die inzwischen eine stundenweise Arbeit als Übersetzerin englischer Nachrichten angenommen hat, wird ein Deutschkurs für die italienischen Gastarbeiter angeboten. Als Rikard, der Vater ihres Sohnes, sie nach seiner Rückkehr aus Amerika vor dem Schulungsgebäude bedrängt, kommt ihr Davide Agosti zu Hilfe, woraufhin er seinen Job verliert. Christels Stiefvater Philip fühlt sich dem jungen Mann gegenüber verpflichtet und hilft ihm. Die beiden jungen Leute kommen sich näher, doch scheint es unüberbrückbare Hindernisse aufgrund der unterschiedlichen Traditionen zu geben.

Eva Wagendorfer hat auch im dritten Teil wieder jedem Kapitel einen Abschnitt vorangestellt, in dem sie eine herausragende Leistung einer Frau beschreibt, wobei es einmal auch um das Schicksal der vielen Besatzungskinder geht. Im Handlungsverlauf kommen die Anwerberabkommen zur Sprache, wobei es zunächst nur um die italienischen Gastarbeiter geht, die bei vielen Deutschen nicht nur unbeliebt waren, sondern unter menschenunwürdigen Bedingungen in Baracken unterkamen. Den gesamten Plot durchziehen bestens recherchierte Details, ob es um die Schuhwerke Ada-Ada im Frankfurter Stadtteil Höchst geht oder um den Juden Leonhard Tietz, der im Jahr 1879 ein kleines Geschäft in Stralsund eröffnete und schnell expandierte. Mit der Machtübernahme der Nazis wurden rund fünfzig seiner Filialen zur Westdeutschen Kaufhof AG, der heutigen Galeria Kaufhof.

Wie ein roter Faden durchziehen Aufschwung und Veränderungen beim Rundfunk wie beim zunehmend aufstrebenden Fernsehen das Geschehen. Standen zunächst die Sendungen „Die Hesselbachs“ oder der „Frankfurter Wecker“ beim Rundfunk ganz oben, für die tatsächlich eine ausgestattete Bühne erstellt wurde, da die Aufzeichnungen oftmals vor Publikum stattfanden, wie Eva Wagendorfer zu berichten weiß, standen später im TV die beliebten Sendungen „Zum Blauen Bock“ oder „Die Firma Hesselbach“ hoch im Kurs.

Fiktive, nur für den Roman „Die Radioschwestern – Tanz in ein neues Leben“ erdachte Figuren treffen auf eine Vielzahl realer Personen der Zeit, wobei diese nicht nur eine kurze Erwähnung der Autorin finden, sondern zu denen sie wie auch zum Brauchtum und Gebäuden in Frankfurt unglaublich viel recherchiertes Hintergrundwissen zusammengetragen hat. Wie einst Gesa, Margot und Inge bilden zum Abschluss der informativen und den Zeitgeist repräsentierenden Trilogie nunmehr Christel, Marianne und Nora eine nächste Generation von drei Frauen, die einander helfen und zusammenhalten.

Die Radioschwestern – Tanz in ein neues Leben von Eva Wagendorfer

Die Radioschwestern - Tanz in ein neues Leben
Penguin Verlag 2024
Klappenbroschur
432 Seiten
ISBN 978-3-328-10971-6

Bildquelle: Penguin Verlag


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