Himmelwärts von Karen Köhler

HimmelwärtsToni ist zehn Jahre alt und vermisst ihre Mutter, die im letzten Jahr an Hautkrebs verstarb so sehr, dass sie an einer großen „Vermissung“ leidet. Im Gegensatz dazu beklagt sich ihre gleichaltrige, beste Freundin YumYum darüber, dass ihre alleinerziehende Mutter so besorgt um sie ist, dass sie nichts darf. Nach dem Tod von Tonis Mutter lebt diese alleine mit ihrem Vater in einem Haus mit Garten, das ihre Mutter sich einst gewünscht hat. Heute Abend darf sie mit YumYum zum ersten Mal in ihrem Zelt Phantom 3000 übernachten. Toni kann kaum abwarten, bis ihre Freundin endlich kommt und hat das Gefühl, dass die Zeit manchmal „mit Absicht langsam“ vergeht.

Endlich ist es so weit und die Mädchen, die vor dem Vater die Mitnahme von allerhand süßen Leckereien verheimlichen, verabschieden sich für die Nacht. Mit einem kosmischen Radio will Toni eine „Kontaktaufnahme mit Mama“ erreichen, die schließlich irgendwo sein muss, denn, so wurde sie von YumYum belehrt, geht im Universum keine Energie verloren. Ihre Freundin benötigt nämlich immerzu einen Wissensnachschub aus dem Internet, weshalb sie auch nicht ohne ihr Handy sein kann. Im Zelt wird die Mission Kontaktaufnahme über das Sprechen in ein Walkie-Talkie gestartet, und Toni bittet „Himmelwärts“ inständig um ein Zeichen. Als eine Sternschnuppe aufleuchtet, stellen sich die Mädchen die Frage, ob das ihre Mutter gewesen sein könnte.

Über das Walkie-Talkie erzählt Toni, wie sehr ihr und auch dem Vater die Mutter fehlt, der seit deren Tod seine angefangene Doktorarbeit vernachlässigt hat und wegen seiner Trauer Wein trinkt. Doch anstelle einer Antwort von Mutter empfangen die Mädchen die Stimme der Astronautin Zanna, die auf der ISS, der Internationalen Raumstation, die Erde im Weltraum umkreist. Von ihr erfahren Toni und YumYum, dass es wegen der Schwerelosigkeit im All nur Trockennahrung gibt und Chips lebensgefährlich wären, da diese „beim Atmen in die Nase gelangen“ könnten. Wie? Es gibt dort auch keine Pommes zu essen? Dann sagen die beiden schon mal ihrer „Astronautinnen-Karriere ade“!

Das Kinderbuch „Himmelwärts“ von Karen Köhler beginnt mit dem zehnten Kapitel, um dann im Countdown auf Null zu enden. Zwischen den Kapiteln befinden sich Seiten aus Tonis Notizbuch, in denen das Mädchen Gedanken niedergeschrieben hat, die sie nicht vergessen möchte. Ihre Erinnerungen gehen beispielsweise zu einer Überraschungsparty, Auslandsreise, Nachtwanderung, zu ihrer neuen Schule, einem Streit oder der Beerdigung. Neben Wissenswertem über die Erde und Sonne sowie die Planeten thematisiert die Autorin unter anderem schwarze Löcher, Lichtjahre, Schwerkraft, Universum, Galaxie, Urknall, Frauen im Weltall, DNA (Desoxyribonukleinsäure), Hautkrebs und palliative Behandlung.

Toni, die vom Zeltabenteuer in der Ich-Form berichtet, albert mit ihrer Freundin YumYum dem Alter entsprechend herum. Sie stellt aber auch interessante Überlegungen an und denkt, dass es Wein-Läden geben müsste, in die man zum Weinen hineingehen kann. Sie fragt sich, warum zu einer Beerdigung ein schwarzer Anzug getragen wird, obwohl der doch gar nichts mit der oder dem Toten zu tun hat. Warum also nicht ein Kleidungsstück mit Bezug wählen? An einer Stelle im Plot fragt sie ihren Vater, ob die Mutter, die seiner Meinung nach im Himmel ist, noch so aussieht wie zum Zeitpunkt ihres Todes. Karen Köhler hat mit den Augen eines Kindes scheinbar naive Fragen gestellt, die doch aber durchaus ihre Berechtigung haben und Sinn machen.

Junge Leser, die im Alter der Protagonisten sind, werden in dem empfehlenswerten Kinderbuch „Himmelwärts“ von Karen Köhler, das mit farbig-peppigen Illustrationen von Bea Davies eine Aufwertung erfahren hat, mit wissenswerten Informationen konfrontiert. Ob allen bekannt ist, was ein Onesie ist, darf bezweifelt werden. Der Rezensentin zumindest war der Begriff unbekannt und sie musste erst recherchieren, dass es sich dabei um ein einteiliges Kleidungsstück handelt, das die Kinder in der Geschichte für die Übernachtung im Zelt tragen. Als sehr bedeutungsvolle Botschaft könnte die Einsicht von Toni gelten, die bereut, mit ihrer Mutter so viel gestritten zu haben. Denn, so ihr Resümee, ist Streit nichts weiter als eine Zeitverschwendung. Wie wahr!

Himmelwärts von Karen Köhler

Himmelwärts
Carl Hanser Verlag 2024
Hardcover
192 Seiten
ISBN 978-3-446-27922-3

Bildquelle: Carl Hanser Verlag


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