Wäre seine Tante Herta aus Celle nicht auf einen Kirschbaum geklettert, hätte der fast elfjährige Skat nicht seinen aufregendsten Sommer erlebt. Denn nachdem die Sechsundachtzigjährige vom Baum fiel und sich Arm sowie Schlüsselbein gebrochen hat, gab es eine Planänderung: Mutter kann nicht mit zum Nordseeurlaub nach Cuxhaven, weshalb Skat alleine mit seinem Vater und seinem jüngeren Bruder Stig, einer Nervensäge!, fahren muss. Skat hat die schlimmsten Befürchtungen, zumal er auch noch einen Kurs in Kitesurfen belegen soll, über den er sich gar nicht freut.
Schon im Zug fällt Skat ein Mädchen auf, das ein Foto in der Hand unablässig betrachtet. Er setzt sich zu ihr und erfährt, dass sie Luna heißt und das Foto zufällig am Morgen gefunden hat. Es zeigt ihre Mutter mit einem Mann vor der Kugelbake, dem Wahrzeichen von Cuxhaven. Laut dem Datum auf der Rückseite ist es vor dem Jahr von Lunas Geburt entstanden. Für sie steht fest, dass es sich bei dem Mann nur um ihren leiblichen Vater handeln kann und der Mann, den sie bisher für ihren Vater hielt, muss demnach ihr sozialer Vater sein. Elf Jahre wurde sie offensichtlich von ihren vermeintlichen Eltern belogen und ist nun fest entschlossen, ihren „richtigen“ Vater zu suchen, deren Spur sie ebenfalls nach Cuxhaven führt.
Skat und Luna verabreden sich für die weitere Vorgehensweise im Häuschen ihrer Oma Irene in Cuxhaven, grillen über einer Feuerschale Marshmallows und pflücken Stachelbeeren im Garten. Freimütig erzählt Luna, dass sie ausgerissen ist und ihre Eltern glauben, sie übernachte bei ihrer Freundin Pia. Dass ihr leiblicher Vater Thorben Dörenkamp heißt, weiß Luna von einem Blick ins Familienstammbuch. Sie zeigen das Bild herum, auf dem ihre Eltern vor der Kugelbake zu sehen sind, woraufhin ein Mann die Käppi ihres Vaters erkennt und ihnen den Tipp gibt, beim Strandkorbwärter nachzufragen. Schnell radeln sie zu ihm und sind froh, dass sein Enkel Robin für seinen Opa Gerd das Hörgerät aus der Tasche holt. Tatsächlich kann der sich an den Mann auf dem Foto erinnern und weiß nach längerer Überlegung, dass ein Freund dieses Mannes Arzt ist. Sein Name fängt mit WUN an, doch wie weiter?
Die Protagonisten des Kinderromans Mein merkwürdig schöner Sommer mit Luna* von Silke Schlichtmann müssen noch allerhand Enttäuschungen verkraften, denn selbst, als sie vor der Haustür von Dr. Martin Wundschock stehen, ist ihnen das Glück nicht hold. Als sie endlich ihrem Ziel näherkommen, sitzt ausgerechnet Skats Vater mit Stig im Wartesaal und die Kinder müssen sich verstecken. Schließlich weiß auch der Arzt nur wieder einen weiteren Tipp mit einem Museum zu geben. Nur welches der vielen Museen ist gemeint? Immer wieder gerät Skat in eine Zwickmühle, denn seinen Vater muss er glauben lassen, dass er beim Kitesurfen ist, während er mit Luna nach ihrem Vater sucht.
Der Kinderroman ist für junge Leseratten ab neun Jahren gedacht und ist, quasi als Überbrückung von einem bebilderten Kinderbuch mit in den Plot eingestreuten kleinen schwarz/weiß Illustrationen von Verena Körting versehen. Auf die Leser warten eine Menge wissenswerte Infos wie dem Gas Dimethylsulfid, kurz DMS, einer bakteriellen Verstoffwechslung, den im perianalen Bereich juckenden Oxyoren und den Wattwürmern, deren Hämoglobin wesentlich mehr Sauerstoff als das menschliche speichern kann, womit vielleicht in der Zukunft Sauerstoffmangel beim Menschen behoben werden könnte.
Silke Schlichtmann lässt ihren Protagonisten die aufregenden Erlebnisse in der Ich-Form berichten und charakterisiert ihn als aufgewecktes Bürschchen. Doch mit seinen knapp elf Jahren reicht schon die einfache Frage seines Bruders Stig, ob Luna „jetzt Skats Freundin“ ist, dass er „zack, bum, peng…sofort knallrot“ wird. Aus stilistischen Gründen hat sich die Autorin in ihrem Kinderroman Mein merkwürdig schöner Sommer mit Luna* für einen Sprachstil entschieden, der immer wieder auf Satzteile wie ein Subjekt oder Prädikat verzichtet. Jungen wie Mädchen zieht die Geschichte in ihren Bann, mit der die Autorin ein sensibles Thema kindgerecht umgesetzt hat und zudem die Bedeutung von Freundschaft unterstreicht.
Mein merkwürdig schöner Sommer mit Luna von Silke Schlichtmann und Verena Körting
Carl Hanser Verlag 2025
Hardcover
240 Seiten
ISBN 978-3-446-28257-5