Kleine Fische von Ian Kopacka – Eine düstere Milieustudie über Macht, Sucht und gebrochene Freundschaften

Buchcover des Kriminalromans Kleine Fische

Der gefürchtete Drogenboss Karl Bess

Karl Bess ist ein gefürchteter Drogenboss, mit dem sich niemand anlegen möchte. Wegen versuchten Mordes saß er bereits acht Jahre im Gefängnis. Alexander Singer, selbst heroinabhängig, arbeitet für ihn und hält seinem Boss jeglichen Ärger vom Leib. Doch ein Brand hat sämtliche Haschischvorräte von Karl Bess vernichtet – und nun kocht seine Wut. In Kleine Fische*, dem Roman von Ian Kopacka, begibt er sich auf die Suche nach dem kleinen Fisch, der es gewagt hat, sich mit dem großen Hai anzulegen.

Wolfgang „Fisch“ gerät unter Druck

Karl Bess zwingt Wolfgang Fisch, von vielen nur „Fisch“ genannt, für ihn zu spionieren. Fisch ist von ihm abhängig – im wahrsten Sinne: Er ist süchtig und muss regelmäßig kiffen, um den Tag zu überstehen. Gemeinsam mit seinen Jugendfreunden Stefan und Paul wird Fisch in ein gefährliches Spiel hineingezogen. Was er nicht weiß: Stefan hat ein ganzes Kilogramm Gras von Bess gestohlen und verschweigt es selbst seinen engsten Freunden. Auf seiner Mission begegnet Fisch Jens, einem homosexuellen Außenseiter, dem alle aus dem Weg gehen. Auch der Konflikt mit Paul eskaliert – denn Fisch hat ein Auge auf dessen Freundin Julia geworfen.

Abgründige Gewalt: Willis tragisches Schicksal

Der 15-jährige Willi wächst in einer zerrütteten Familie auf und ist eifersüchtig auf Thomas, der von seinem behüteten Zuhause schwärmt. Nach ein paar Bier und Zigaretten – die ihm nicht einmal schmecken – verliert Willi die Kontrolle. Doch nach einem „Spiel mit dem Feuer“ wird er von Thomas im Stich gelassen und verschleppt. Er landet auf einer verstörenden „Party“, auf der Kinder zu grausamen Ritualen gezwungen werden. Auch Erich, der eine Affäre mit der Frau seines Chefs vom „Fasan“ unterhält, gerät ins Visier von Bess – denn er wollte cleverer sein als der Boss und hat sich dabei schwer verkalkuliert.

Erzählerischer Kniff: Puzzlestückhafte Struktur

Die Handlung des Romans erstreckt sich über nur vier Tage – doch Ian Kopacka wählt einen raffinierten erzählerischen Kniff. Die Abschnitte sind nicht chronologisch angeordnet, was dem Leser anfangs das Gefühl gibt, die Geschichte sei wie ein Puzzle durcheinandergeworfen. Das Lesen erfordert daher erhöhte Aufmerksamkeit – Notizen können durchaus hilfreich sein. Doch es zeigt sich schnell: Die scheinbare Willkür ist raffiniert durchdacht. Zum Ende fügen sich die Teile nahtlos zusammen und offenbaren eine fesselnde Dramaturgie, bei der rückblickende Ereignisse zur Aufklärung der Handlung beitragen.

Zentrales Motiv: Freundschaft auf dem Prüfstand

Im Mittelpunkt von Kleine Fische* steht ein zentrales Thema: die Zerbrechlichkeit von Freundschaft. Kopacka verdeutlicht anhand einer Gruppe Jugendlicher, wie schnell ein gegebenes Versprechen gebrochen werden kann. Wo heute noch Vertrauen herrscht, kann morgen schon Verrat lauern. Jeder ist sich letztlich selbst der Nächste. Der Roman sensibilisiert eindrucksvoll für die Bedeutung echter Freundschaft – und dafür, wie leicht sie in einem von Gewalt, Drogen und Macht geprägten Umfeld zerbrechen kann.

Kleine Fische von Ian Kopacka

Buchcover des Kriminalromans Kleine Fische
Leykam Verlag 2011
Broschur
244 Seiten
ISBN 978-3-7011-7747-9

Bildquelle: Leykam Verlag

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