Interview mit Volkmar Nebe alias Janne Mommsen

Volkmar Nebe
Foto © privat
Volkmar Nebe ist 1960 in Kiel geboren und hat sich schon als Krankenpfleger, Werftarbeiter und Traumschiffpianist durchs Leben geschlagen. Nach dem Abitur hat er ein Musikstudium absolviert und erste Romane veröffentlicht. Bekannt wurde er als Drehbuch- und Theaterautor.

Unter dem Pseudonym Janne Mommsen hat er die Romane „Oma ihr klein Häuschen“, Ein Strandkorb für Oma und Oma dreht auf geschrieben. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Hamburg.

Einen schönen guten Tag Herr Nebe, einer breiten Leserschaft sind Sie unter Ihrem Pseudonym Janne Mommsen bekannt. Warum wollten Sie nicht unter Ihrem richtigen Namen die Romane über die liebenswerte Oma veröffentlichen?

    Ich wurde unter meinem Namen in eine bestimmte Ecke eingeordnet, aus der ich heraus wollte. Das Pseudonym verschaffte mir die Freiheit, auch ganz anders schreiben zu dürfen. Janne Mommsen zu sein, macht mir richtig Spaß (Janne ist übrigens auch ein finnischer Jungsname).

Auf Ihrer Homepage schreiben Sie, dass Ihre Geschichten eine Zusammenfassung dessen sind, was Sie erlebt oder gehört haben. Gibt es also tatsächlich einen solchen Typ Oma, wie Sie ihn in Ihrer Reihe und zuletzt in Oma dreht auf beschrieben haben?

    Vorbild für Oma Imke war meine ehemalige Vermieterin Thea Schipper. Sie wohnte in einer alten Villa mit zwei Türmen. Dort nahm sie durch Gläserrücken Kontakt zu Verstorbenen auf und trank dabei mit ihren Freundinnen Unmengen Likör. Wir hatten eine Menge Spaß zusammen! Mit über 80 ist sie mit mir sogar noch auf Studentenfeten gegangen. Auf ihrem Sterbebett ist sie dem Tod mit ungebrochenem Humor entgegengetreten, das möchte ich auch mal erreichen!

Und wie steht es um die friesische Diplomatie? Natürlich kann sie bei richtigen Delikten nicht angewandt werden. Aber könnte so ein Gespräch zwischen Oma Imke und dem Revierleiter Brockstedt in der Realität auf Föhr stattgefunden haben?

    Tatsächlich wird auf der Insel unter der Hand einiges auf „kleinem Dienstweg“ erledigt, besonders bei Jugendstraftaten. Man kennt sich halt. Wer Mist gebaut hat, muss Bushaltestellen säubern oder im Kurpark Müll sammeln. Das ist effektiver als ein aufwändiges Verfahren, das auf dem Festland stattfindet. Dies gilt natürlich nicht für schwere Straftaten.

Nehmen wir einmal an, Ihre Bücher aus der „Oma-Reihe“ würden verfilmt werden. Welche Schauspielerin sehen Sie in den außergewöhnlichen und genial zum Text passenden Karikaturen?

    „Oma ihr klein Häuschen“ liegt tatsächlich gerade als Film-Exposé beim ZDF, ich bin gespannt. Vor kurzem habe ich in Hamburg die perfekte Christa kennen gelernt, sie wäre hinreißend: die Schauspielerin Angelika Thomas wäre meine Traumbesetzung! Oma Imke ist schwer zu besetzen, sie sollte auf jeden Fall nicht zu gefällig sein. Könnte Wotan Wilke Möhring Sönke spielen?

Für solche Fragen bin ich vielleicht nicht die richtige Ansprechpartnerin, da ich äußerst selten fernsehe. Aber die Rollen, die Wotan Wilke Möhring besetzt hat, lassen vermuten, dass er der Richtige sein könnte! Was die Verfilmung generell anbelangt, so bin ich schon jetzt davon überzeugt, dass es ein Kassenschlager wird und viele Leser Ihrer Bücher dürften gespannt sein!

Sie beklagen die Not der Einheimischen, weil bedingt durch wohlhabende Hamburger und Düsseldorfer für sie keine bezahlbaren Wohnungen mehr zur Verfügung stehen. Damit machen Sie auf die Anliegen der Föhrer aufmerksam. Wie sollte das Problem denn Ihrer Meinung nach gelöst werden?

    Einige Gemeinden weisen auf Föhr Einheimischen unter bestimmten Bedingungen günstige Bauflächen zu, das ist eine gute Idee. Denn ansonsten ist der Wohnungsmarkt für Einheimische und Angestellte heftig. Einige Putzkolonnen kommen inzwischen mit der ersten Fähre vom Festland, arbeiten 14 Stunden und fahren wieder zurück.

Leider ist das eine Entwicklung, die in vielen Bereichen zu beklagen ist und wahrscheinlich auf den anderen Inseln ebenso Gültigkeit hat. Da bleibt nur die Hoffnung, dass das von Vielen frühzeitig erkannt und dagegen gesteuert wird.

Sie sagen selbst über sich, dass Sie reflexartig mit Humor reagieren, weil Sie anders Vieles gar nicht aushalten könnten. Die angeprangerte Sterilität in den Arztpraxen scheint so etwas zu sein, was Sie auf die Barrikaden bringt. Gelingt es Ihnen denn im Privatleben auch immer, alles mit Humor zu überspielen?

    Gerade, wenn wir scheitern, sind wir oft besonders komisch. Kaum etwas erinnert mehr an Comics, als Menschen, die mit hochrotem Kopf schreien. Schön finde ich es auch, bei Menschen in deren eigenem Garten neben dem Pool zu sitzen, die über Preise jammern. Da tritt einem wirklich bedrückendes Leid entgegen, der einzige Trost bleibt für sie der teure, gute Wein, den sie dazu trinken… Aber es gibt für mich auch Grenzen des Humors, bei schwerer Krankheit, Leid und Tod. Da habe ich sehr nah am Wasser gebaut. Das Kapitel in „Oma ihr klein Häuschen“, in dem Omas Geliebter stirbt, werde ich nie öffentlich vorlesen können.

In diesem Punkt sprechen Sie mir aus der Seele: Jammern können am besten die, die es eigentlich nicht nötig haben. Und am wenigsten hört man von denen, die allen Grund dazu hätten!

Sie haben unter anderem als Krankenpfleger und Werftarbeiter gearbeitet und auf einem Traumschiff die Passagiere am Piano verwöhnt. Waren das wichtige Erfahrungen in Ihrem Leben oder würden Sie diese Zeiten lieber aus Ihrem Lebenslauf streichen wollen?

    Ich habe das nicht in erster Linie als Selbsterfahrung gemacht, sondern weil ich das Geld brauchte. Davon möchte ich nichts missen – außer Schiffstanks von innen zu reinigen, das bitte nie wieder! Ich habe großen Respekt vor Menschen, die in öden Berufen hart arbeiten müssen, und trotzdem noch gut drauf sind. Wer von uns freut sich nicht über eine nette Kassiererin im Supermarkt? Oder eine engagierte Erzieherin in der Kita? Wenn ich König von Deutschland wäre, würde ich denen das Gehalt verdoppeln!

Von den meisten Menschen werden gerade diese Menschen mit mehr oder weniger Missachtung gestraft. Wer macht sich schon Gedanken darüber, wer unseren Müll wegräumt? Wer bedankt sich bei den Beschäftigten der städtischen Müllabfuhren dafür? Eine Filialleitung wäre nichts ohne die „niedrigeren“ Angestellten, es sei denn, sie kassiert selbst. Leider ist diese Einsicht bis zu unseren Politikern noch nicht vorgedrungen.

Vielleicht ahnen Sie schon meine letzte Frage: Wird es eine Fortsetzung von Oma Imke geben? Oder ist eher eine neue Reihe geplant?

    Im Mai 2013 erscheint Omas Erdbeerparadies. Oma Imke wohnt während der Hochzeitsreise ihrer WG-Mitbewohner bei Arne, 57, der zusammen mit seiner Nichte Jade, 19, die Föhrer Musikkneipe „Erdbeerparadies“ aus dem Tief holen will.
    Obwohl Oma Imke nicht mehr sprechen kann, kennt sie einen DJ, der Jade mehr als gefällt, und bedient die Schaummaschine im Tanzsaal. Ansonsten wird sie von allen rührend gepflegt und umsorgt.

Dazu fällt mir spontan ein: Im Alter möchte ich auch gerne Oma Imke sein und so viel Rundumpflege haben!
Ich danke Ihnen für das Interview, wünsche Ihnen noch viele schöne Stunden auf Föhr und ebenso Erfolg!

Omas Erdbeerparadies von Janne Mommsen

Omas Erdbeerparadies
Rowohlt Verlag 2013
Taschenbuch
256 Seiten
ISBN 978-3-499-25956-2

Bildquelle: Rowohlt Verlag
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