Warten auf Eliza von Leaf Arbuthnot

Warten auf ElizaVor fast zwei Jahren hat die über siebzigjährige Ada ihren Mann Michael durch einen Herzinfarkt verloren. Da die Ehe kinderlos blieb und sich frühere Freunde nicht mehr bei ihr gemeldet haben, fühlt sie sich zunehmend einsam. Hinzu kommt, dass sie mit der Kassiererin im Supermarkt wegen Rationalisierungsmaßnahmen kein Wort mehr wechseln kann und dass es ihr wenig bedeutet, ihre Anthologie auf der Shortlist eines Lyrikpreises zu sehen. Durch eine Begegnung auf der Straße inspiriert und von dem Bedürfnis nach Kontakten und Gesprächen getrieben, bietet sie sich als Leihoma an und gründet „RENT-A-GRAN“.

Die bisexuell veranlagte Eliza ist fünfundzwanzig Jahre alt und promoviert in Italienischer Literatur an der Universität Oxford. Dort hat sie zwar die Bekanntschaft der Bachelorstudentin Nat gemacht, fühlt sich aber ebenfalls einsam, nachdem sie von Ruby verlassen wurde. Elizas Mutter Flora wurde schon in jungen Jahren schwanger und das Kind war für sie ein „Unfall“. Von ihren getrenntlebenden Eltern kann die Doktorandin kaum eine finanzielle Unterstützung erwarten. Bei einem Besuch ihres Vaters Rich erfährt sie zu ihrer Überraschung, bald ein Geschwisterchen zu bekommen. Als sie eines Tages von der Anzeige „RENT-A-GRAN“ erfährt und ein dringendes Bedürfnis nach Gesellschaft verspürt, klingelt sie aus einer Laune bei Ada an, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnt.

Zum Erstaunen von Eliza kannte sie den verstorbenen Ehemann von Ada aus dem Studium, da er an derselben Fakultät gelehrt hat. Trotz des enormen Altersunterschieds verstehen sich die Frauen auf Anhieb. Eliza konnte sich nur eine Wohnung in einem renovierungsbedürftigen Haus leisten und wird von der Aufforderung auszuziehen überrumpelt. Zu ihrer Freude bietet ihr Ada ein Gästezimmer an. Doch dann taucht Ruby unerwartet auf, die Eliza immer noch nicht vergessen kann, und sorgt für ein tragisches Missverständnis mit ungeahnten Folgen für beide.

Leaf Arbuthnot schreibt in ihrem Roman „Warten auf Eliza“ wechselweise vom Leben ihrer beiden Protagonisten. Obwohl sie den Plot im Erzählstil gehalten hat, verwendet sie die wörtliche Rede äußerst sparsam. Die Lektüre wirkt nicht nur deshalb wenig unterhaltsam, sondern auch durch den Umstand, dass der Roman im ersten Drittel nur in der Vergangenheit liegende Geschehnisse zum Inhalt hat und erst mit der Anzeige von Ada, sich als Leihoma zu verdingen, zu aktuellen Ereignissen übergeht. Allerdings bestehen deren Aufgaben nicht, wie erwartet werden könnte, in der Beaufsichtigung oder Betreuung von Kindern: Zunächst hilft sie bei der „Abnabelung“ eines vierunddreißigjährigen Sohnes, um danach einem Mann, der in eine alteingesessene Familie heiraten will, Umgangsformen beizubringen, was allerdings recht befremdlich wirkt.

Ohne Zweifel können Jung und Alt voneinander profitieren und wie bei Ada und Eliza kann sich eine „Win-win-Situation“ ergeben. Doch die Begegnung der beiden kommt leider erst im letzten Drittel der Geschichte zustande, und der Leser kann sich nur schwerlich mit einer der Frauen identifizieren. Die Idee an sich ist nicht schlecht und der Schreibstil der Autorin, die wie ihre Protagonistin über den Holocaust-Überlebenden Primo Levi promoviert hat, zeichnet eine sehr detailgetreue Wiedergabe aller Dinge aus. Doch der Plot zieht sich mit der Beschreibung banaler Handlungsabläufe und der Wiedergabe von Wahlergebnissen zum Brexit mit allen bekannten politischen Konsequenzen in die Länge. Auf den letzten dreißig Seiten hat sich Leaf Arbuthnot plötzlich noch einen ganz abenteuerlichen Vorfall ausgedacht. Vielleicht hat die letztlich im Krankenhaus liegende Ada sich Eliza herbeigesehnt und der Roman hat deshalb den Titel „Warten auf Eliza“ erhalten.

Warten auf Eliza von Leaf Arbuthnot

Warten auf Eliza
Übersetzung von Christiane Burkhardt
Diana Verlag 2021
Klappenbroschur
352 Seiten
ISBN 978-3-453-36081-5

Bildquelle: Diana Verlag
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