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Wunder gibt es immer wieder von Beate Sauer

Wunder gibt es immer wiederDie neunzehnjährige Eva Vordemfelde freut sich auf einen Urlaub bei ihrer Cousine Margit, die in einem luxuriösen Hotel in Fuschl am See eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin absolviert. Als Eva bei ihr eintrifft, eröffnet diese ihr, dass aus der Wanderung nichts wird, da sie wegen der Dreharbeiten zu einem Sissi-Film, die kurzerhand in ihr Hotel verlegt wurden, arbeiten muss. Ehe sich Eva versieht, ist sie für eine Rolle als Statistin vorgesehen und zeigt sich von den Kostümen begeistert. Eigentlich hätte sie eine Schneiderlehre machen wollen, doch ihr strenger Vater Axel hatte es ihr nicht erlaubt. Als sie die Kostümbildnerin Gerdago kennenlernt, gesteht sie ihr, dass sie bereits Kostüme gezeichnet hat und stellt ihr die Entwürfe vor. Tatsächlich bescheinigt Gerdago ihr ein Talent und reicht ihr ein Empfehlungsschreiben für das Theater in München.

Überglücklich reist Eva nach München zurück, wo ihre Träume jäh zerstört werden: Ihr Vater hat das Angebot des NWDR, im Studio der Hauptstadt in Bonn zu arbeiten, angenommen, was einen Umzug für die Familie bedeutet. Im Gegensatz zu Eva sind seine Ehefrau Annemie und die Geschwister Franzi und Lilly begeistert, da sie sich endlich auch einen Fernseher leisten können. Von Evas Ambitionen will der Karriere besessene Vater nichts wissen und hat ihr ebenfalls beim NWDR eine Stelle als Sekretärin verschafft, für die er Dankbarkeit erwartet. Sie soll sich endlich die Flausen aus dem Kopf schlagen! Für Eva bricht eine Welt zusammen, zumal ihr Nenn-Onkel Max ihr ausdrücklich dazu geraten hat, ihren Traum zu verwirklichen.

Eva bleibt, da sie erst in eineinhalb Jahren volljährig wird, nichts anderes übrig, als sich dem Willen ihres Vaters zu beugen. Auf der Arbeitsstelle erträgt sie die Schikanen ihrer Vorgesetzten Gabriela Naumann und findet nur allmählich in ihrer Kollegin Jutta eine Freundin. Als sie dem aufstrebenden Journalisten Paul Voss begegnet, der sie in ihrem Vorhaben unterstützt, legt ihr intriganter Vater ihr weitere Steine in den Weg. Vergeblich hofft sie auf Unterstützung durch ihre Mutter. Würde eine Verbindung mit Paul anders werden als die Ehe, die ihre Eltern führen?

Der Roman Wunder gibt es immer wieder*, Auftakt einer dreiteiligen Fernsehschwestern-Saga, ist alles andere als eine triviale Liebesgeschichte, denn neben Lokalkolorit und Hintergründen zu den Sissi-Filmen schreibt Beate Sauer von den politischen und gesellschaftlichen Ereignissen der 1950er Jahre. Frauen hatten widerspruchslos die Entscheidungen ihrer Männer hinzunehmen, die sich dieses Recht als Ernährer der Familie selbstbewusst zugestanden. Wer noch nicht volljährig war, musste wie Eva die eigenen Wünsche bis dahin zurückstellen, doch gibt sie sich kämpferisch und rebelliert umso mehr, je weiter ihr Vater sie einengen will. Um ihre Ziele zu erreichen, lügt sie ihre Eltern an und stellt im weiteren Handlungsverlauf fest, dass selbst ihre Mutter dem Vater gegenüber etwas verschweigt.

Die Autorin erinnert daran, dass während des Krieges auf Hören des Feindsenders BBC die Todesstrafe stand. Sie schreibt von der Teilung des NWDR und vielen damals beliebten Fernsehsendungen wie der ersten Fernseh-Spielshow „1:0 für Sie“ mit Peter Frankenfeld, der von Jacques Königstein moderierten NWDR-Sendereihe „Das ideale Brautpaar“ oder dem „Internationalen Frühschoppen“ mit Werner Höfer, wobei sie kritisch anmerkt, dass er das „Nazi-Regime glorifiziert“ hat. Zu den Verhandlungen von Bundeskanzler Adenauer in Moskau, in denen es um die Freilassung der letzten Kriegsgefangenen ging, macht sie deutlich, dass auf der anderen Seite dadurch die Teilung Deutschlands vorangetrieben wurde. Im Plot ist von Hedwig Heuss, Schwägerin des ersten Bundespräsidenten, zu lesen, die sich für das Müttergenesungswerk einsetzte sowie vom Presseball in Bad Neuenahr mit prominenten Größen.

Beate Sauer hat für ihren Roman Wunder gibt es immer wieder* umfangreiche Recherchen betrieben, wobei sie in einem Nachwort dazu noch weitere wissenswerte Details wie Hintergründe zu den Anfängen des Fernsehens, den Sissi-Filmen und damit auch zur realen Kostümbildnerin Gerdago gibt. Dank ihres Sprachstils sowie Talents, die Atmosphäre einer Situation der Handlungspersonen lebhaft einzufangen, sieht der Leser die Szene regelrecht vor sich. Mit glaubwürdigen Überraschungen nimmt das Geschehen immer wieder eine Wendung und man darf auf die Fortsetzung der Saga im Oktober gespannt sein!

Wunder gibt es immer wieder von Beate Sauer

Wunder gibt es immer wieder
Heyne Verlag 2023
Klappenbroschur
544 Seiten
ISBN 978-3-453-42665-8

Bildquelle: Heyne Verlag
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