Oma hat die Hosen an von Regine Kölpin

Nach dem Tod ihres Ehemannes lebt die fünfundsiebzigjährige Elisa Krull alleine in ihrem Fachwerkhaus in Otterndorf im Hadelner Land. Es ist Tradition, dass ihr Sohn Immo mit seinem Sohn Tobias und seiner Lebensgefährtin jedes Jahr zum Erdbeertag zu Besuch kommt. Elisa hat auch schon die Betten bezogen, eine beschwipste Erdbeertorte sowie einen Erdbeerkuchen und einen -kranz gebacken. Um so enttäuschter ist sie, als Immo nur mit Gesa kommt, weil Tobias ein Handballspiel hat. Genau das ist auch der Grund, weswegen die beiden schon nach kurzer Zeit wieder aufbrechen, um pünktlich zum Spiel in Köln zu sein.

Schon seit einem halben Jahr fällt Elisa ein Skipper mit einem Motorboot auf, mit dem er über die Medem immer an ihrem Häuschen vorbeifährt. Nachdem sich ihr Kurzbesuch verabschiedet hat, legt der Skipper zum ersten Mal an ihrem Steg an und stellt sich in schmutziger Cordhose, zerzausten Haaren und Bart als Marten Boekhoff vor. Von seiner Ehefrau Traute wäre er, ein Deichschrat nunmehr, geschieden, da sie ihn verlassen hat. Wenn Marten auch mit gutem Appetit von Elisas lobenswertem Kuchen isst, so bleibt doch am Ende noch reichlich übrig. Marten schlägt vor, den Kuchen dem Verein „Märchenland“ zu spenden, der sich um Kinder kümmert, deren Eltern entweder keine Zeit oder kein Geld haben und der von der sympathischen Julia Schmidt geleitet wird.

Unterdessen hat der siebzehnjährige Tobias zu Hause nur Differenzen mit Gesa, die in einem Nagelstudio arbeitet und sich als Influencerin betätigt. Es reicht ihr nicht, immerzu an ihm herumzunörgeln und hat jetzt tatsächlich Fotos von seinem Zimmer gemacht, das er in Erwartung, es seiner neuen Freundin Ike Boekhoff zeigen zu können, aufgeräumt hat. Die Fotos hat Gesa in ihrem Instagram Account gepostet und als Grund ihr neues Reinigungsprodukt genannt, dass so schön zu dem jetzt aufgeräumten Zimmer passen würde. Natürlich musste sie als Gegenüberstellung auch das Zimmer vor dem Aufräumen zeigen, mit seinen gebrauchten Boxershorts auf dem Boden! Klar, dass er sich deshalb in seiner Schule nicht mehr sehen lassen kann.

Während Marten klar ist, dass er an seinem Äußeren etwas ändern muss, macht er Elisa in Jeans, gebügeltem Hemd und akkurater Frisur seine Aufwartung. Er spricht von seiner Enkeltochter Ike, die ihm fehlt, nur um festzustellen, dass Elisa genauso empfindet, wenn es um ihren Tobias geht. In Köln erfährt ihr Enkel von Ike, dass ihre Mutter einen Umzug nach München plant, was beide auf keinen Fall gutheißen. Im Gespräch kristallisiert sich heraus, dass Tobias eine Großmutter in Otterndorf hat, während dort auch Ikes Großvater lebt. Schnell sind sich die beiden einig und nehmen Reißaus Richtung Otterndorf.

Regine Kölpin hat in ihren Roman „Oma hat die Hosen an“, der zu Beginn eines neuen Kapitels Illustrationen kleiner Schäfchen von Roman Kybus voranstellt, eine Menge Lokalkolorit einfließen lassen. So existiert das Restaurant „In den Grund“, in dem zwei Handlungspersonen bei einem Essen einen Streit beilegen, tatsächlich Am Großen Specken in der niedersächsischen Kleinstadt Otterndorf. Der erwähnte Dichter Johann Heinrich Voß hat im 18. Jahrhundert als Rektor an der ebenfalls erwähnten Lateinschule unterrichtet. Und auch in dem Punkt, dass in Köln die aus Asien stammenden Alexander- und Halsbandsittiche in Kolonien wohnen, kann der Aussage der Autorin nicht widersprochen werden.

Der Plot eignet sich bestens als Urlaubslektüre, da er einfach und chronologisch aufgebaut ist. Vom Leser erfordert er keine erhöhte Konzentration und die Ereignisse fügen sich im Handlungsverlauf wie ein Puzzleteil nach dem anderen zu einem Ganzen. Es ist nicht schwer zu erraten, welchen Verlauf die Ereignisse nehmen und anstelle einer Dramatik tritt an deren Stelle eine heile Welt. Die Rezepte der drei Erdbeerkuchen, die Elisa in Erwartung ihres Besuches zum Erdbeertag gebacken hat, sind übrigens am Ende abgedruckt. Wer Abstand zum stressigen Alltag sucht und sich einfach nur mit einer netten Story in landschaftlich ruhigen Gefilden berieseln lassen will, liegt mit dem Roman „Oma hat die Hosen an“ genau richtig!