Sexualität und Fantasie im Jugendroman „Prinzessinnen“ von Marie Darrieussecq

Buchcover des Jugendromans Prinzessinnen

Frühe Neugier und familiäre Distanz

Nach Angaben der Zeitschrift Eltern hatten laut einer Umfrage aus dem Jahr 2006 fast vierzig Prozent der Mädchen zwischen vierzehn und siebzehn Jahren bereits Geschlechtsverkehr mit einem Jungen. Im Jugendroman Prinzessinnen* von Marie Darrieussecq zeigt sich, dass das Mädchen Solange bereits im Alter von zehn Jahren ein starkes Interesse an Sexualität entwickelt. Sie schlägt in einem Lexikon nach, um mehr über Geschlechtsorgane und Fortpflanzung zu erfahren.

Solanges familiäre Situation ist geprägt von emotionaler Distanz: Ihre Mutter leidet häufig unter starken Kopfschmerzen, die sie nur mit Schmerz- und Schlaftabletten übersteht, während ihr Vater seiner Arbeit nachgeht. So verbringt Solange viel Zeit bei dem Dorfbewohner Monsieur Bihotz, der ihr bereits als Kleinkind die Windeln gewechselt hat und mit dem sie gerne kuschelt.

Erste Menstruation und kindliche Fantasien

Als bei Solange die erste Menstruation einsetzt, fragt sie sich, ob wirklich alle Frauen davon betroffen sind. Ihre Vorstellungskraft führt sie zu bizarren Bildern: Sie denkt, Spermien könnten über Bettlaken in Mädchen eindringen und mit dem Blut nach oben wandern, wodurch eine Schwangerschaft entstünde. Gleichzeitig entwickelt sie eine vage Idee davon, dass das „Loch des Mädchens“ genau zu dem männlichen Geschlechtsteil passen könnte.

Gespräche unter Freundinnen und erste sexuelle Erfahrungen

Vier Jahre später spricht Solange mit ihren Freundinnen über das Thema Jungfräulichkeit. Es kursieren abenteuerliche Geschichten über die Entjungferung, verbunden mit starkem Blutverlust. Die Mädchen stellen sich vor, wie das weiße Kleid einer menstruierenden Braut befleckt werden könnte.

Solange erlebt ihren ersten Kuss, eine Zufallsbekanntschaft berührt sie intim, und auf einer Party befriedigt sie nach dem Konsum eines Joints den siebzehnjährigen Arnaud oral. Um ihre eigene Lust zu stillen, masturbiert sie häufig. Bei einem weiteren Treffen mit Arnaud kann sie ihr Verlangen kaum zügeln. Da sie gerade „unpässlich“ ist, lässt sie ihn anal eindringen. Obwohl sie mittlerweile viele sexuelle Erfahrungen gesammelt hat, steht das „richtige“ erste Mal noch aus.

Offene Sprache und provokante Darstellung

Marie Darrieussecq schreibt in Prinzessinnen* sehr offen über die Gefühle junger Mädchen während der Menstruation. Sie zeigt, dass nicht nur Jungen hormongesteuert sind, sondern auch Mädchen ein starkes Verlangen nach sexueller Vereinigung entwickeln können – oft begleitet von lebhafter Fantasie. Die Autorin beschreibt explizit, wie Solange Arnaud oral befriedigt, wobei Zungenspiele an der Eichel erwähnt werden, da fantasieloses Lutschen ihm nicht genügt. Der Sprachstil reicht von lateinischen Fachbegriffen bis hin zu vulgären Ausdrücken wie „Schwanz“, „Muschi“ und „ficken“.

Fragmentarische Erzählweise und fragwürdige Altersfreigabe

Bereits zu Beginn des Romans konfrontiert Darrieussecq die Leser mit zusammenhanglosen Fragmenten, die schwer verständlich sind. Im weiteren Verlauf ist zwar ein roter Faden erkennbar, doch bleiben viele Passagen unklar. Besonders irritierend ist die wiederholte, unvermittelte Erwähnung des „Schwanzes“ von Solanges Vater.

Der Verlag empfiehlt das Buch ab sechzehn Jahren, doch es ist fraglich, ob Jugendliche dieser Altersgruppe sich tatsächlich für die teils verstörenden Inhalte interessieren. So wird etwa beschrieben, dass während einer Geburt ein Riss vom Anus bis zur Klitoris entstehen kann – eine Information, die für viele junge Leserinnen und Leser wohl eher abschreckend wirkt.

Fazit: Provokation ohne erzählerische Tiefe

Der Roman Prinzessinnen* wirkt in seiner Darstellung oft unrealistisch, baut keine echte Spannung auf und verzichtet weitgehend auf humorvolle Elemente. Selbst belustigende Szenen, wie sie etwa in Doktorspiele oder Krumme Gurken von Jaromir Konecny gelungen umgesetzt wurden, fehlen gänzlich.

Prinzessinnen von Marie Darrieussecq

Buchcover des Jugendromans Prinzessinnen
Übersetzung von Patricia Klobusiczky
dtv 2015
Taschenbuch
302 Seiten
ISBN 978-3-423-62607-1

Bildquelle: dtv

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