Sarah Dessens Jugendroman „The Moon and More“
Ein letzter Sommer in Colby
Für die achtzehnjährige Emaline ist es der letzte Sommer, den sie zu Hause bei ihrer Mom, ihrem Dad und den Schwestern Margo und Amber verbringt, bevor sie ihr Studium beginnt. In dem kleinen, am Meer gelegenen Örtchen Colby betreibt die Familie eine Ferienvermittlung für luxuriös eingerichtete Häuser – und gerade jetzt, in der Hochsaison, gibt es viel zu tun. Seit drei Jahren ist Emaline mit Luke zusammen, den sie bereits aus der Schulzeit kennt. Doch sie finden kaum Gelegenheit für ungestörte Zweisamkeit, was ihre beste Freundin Daisy nicht nachvollziehen kann. Daisy ist zwar mit dem tollpatschigen Morris liiert, möchte aber bis zur Hochzeit Jungfrau bleiben.
Neue Gäste, alte Wunden
Als eines Tages die exzentrische und herrische Dokumentarfilmerin Ivy mit ihrem Praktikanten Theo eines der Ferienhäuser bezieht, um Recherchen über einen Anwohner anzustellen, reagieren die Dörfler zurückhaltend und skeptisch. Zwar kennt jeder jeden – und somit auch Clyde Conaway – doch niemand hat sich bislang näher mit seiner Vergangenheit beschäftigt. Da die aus New York stammenden Filmemacher unbedingt mit Clyde ins Gespräch kommen wollen, sind sie auf Emalines Hilfe angewiesen.
Doch Emaline hat in diesen Tagen ganz andere Sorgen: Ihr leiblicher Vater, der sich seit ihrer Geburt nie um sie gekümmert hat und den sie zum ersten Mal mit zehn Jahren traf, kündigt seinen Besuch an. Er möchte das Haus seiner verstorbenen Tante verkaufen und mit seinem zehnjährigen Sohn Benji den Sommer in Colby verbringen. Zudem plant er, sich von seiner Frau zu trennen und anschließend nach New York zurückzukehren. Als wäre das nicht genug, läuft es auch mit Luke seit Theos Auftauchen nicht mehr wie zuvor. Der junge Filmemacher aus einer völlig anderen Welt verdreht Emaline den Kopf.
Innere Konflikte und neue Perspektiven
Sarah Dessen lässt ihre Protagonistin Emaline in The Moon and More* in der Ich-Form erzählen. So erfährt der Leser nicht nur, was sie sagt, sondern auch, was sie denkt und fühlt. Der Roman umfasst einen Zeitraum von drei Monaten, die für Emaline viele Veränderungen mit sich bringen. Von ihrem leiblichen Vater ist sie tief enttäuscht und begegnet ihm mit Distanz. Ihrem Halbbruder Benji hingegen möchte sie trotz der kurzen Zeit das geben, was ihm bei seinen Eltern fehlt. Auch ihre Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt, und ihre Gefühle geraten ins Wanken.
Stilistische Stärken und Schwächen
Sarah Dessen erzählt in einem flüssigen Stil viel vom Arbeitsalltag in der Ferienvermittlung – ein Aspekt, der sich besser etwas kürzer gefasst hätte. Denn dadurch zieht sich der fast fünfhundert Seiten umfassende Roman stellenweise zu sehr in die Länge und lässt kaum Spannung aufkommen. Ob amerikanische Teenager tatsächlich noch bei einem flüchtigen Kuss in der Öffentlichkeit erröten, bleibt ebenso fraglich wie die Vorstellung, dass sich eine achtzehnjährige Frau bei uns den Austausch von intimen Zärtlichkeiten mit ihrem Freund im Elternhaus verbieten lässt.
Fazit: Für junge Leser mit Einschränkungen
Mit dieser eher prüden Darstellung lässt sich zumindest eine Freigabe des Romans The Moon and More* ab zwölf Jahren vertreten. Ob sich diese Altersgruppe jedoch mit den deutlich älteren Protagonisten identifizieren kann, darf bezweifelt werden.
The Moon and More von Sarah Dessen
Übersetzung von Michaela Kolodziejcok
dtv 2015
Klappenbroschur
480 Seiten
ISBN 978-3-423-74010-4