October, October – Die weite, wilde Welt wartet auf mich von Katya Balen

October, October - Die weite, wilde Welt wartet auf michNach der Geburt von October zog es ihre Mutter immer häufiger wegen der dortigen Annehmlichkeiten in die Stadt, bis sie nach vier Jahren gar nicht mehr zurück kam, wofür ihre Tochter sie hasst. Mit ihrem Vater lebt sie seitdem allein im Wald. Das Holzhaus hat er selbst gebaut, bei dem weit entfernten Nachbarn Bill tauschen sie das geerntete Gemüse gegen Milchprodukte und nur für dringend benötigte Dinge fahren sie mit dem Land Rover in den nächsten Ort. October liebt das Leben unter dem Sternenhimmel an der Seite ihres Vaters, mit dem sie in eiskaltem Wasser badet und sich anschließend am Lagerfeuer wärmt.

Nach einem Sturm dreht October mit ihrem Vater noch eine Runde mit dem Quad durch den Wald und entdeckt eine Babyeule. Sie kann nicht verstehen, dass sie sich nicht um das Tier kümmern darf, obwohl sogar der Wald jedes Jahr ihrer Hilfe bedarf, indem die Kettensäge zum Ausdünnen der Bäume zum Einsatz kommt. Als October eines Tages alleine durch die Wildnis streift, nimmt sie die Babyeule mit. Wie zu erwarten, zeigt sich ihr Vater davon wenig begeistert, besorgt jedoch in der Stadt tiefgefrorene Mäuse und Hühnchen für das Jungtier. Zu ihrem zwölften Geburtstag bekommt October Lederhandschuhe zum Schutz ihrer Hände, denn die Eule hackt beim Füttern immer wieder nach ihr. Wie an jedem ihrer Geburtstage pflanzen sie auch in diesem Jahr einen Baum, und beim Graben entdeckt October einen Goldring. Plötzlich taucht ihre Mutter auf. Das Mädchen rennt weg und bei dem Versuch, sie zurückzuhalten, stürzt ihr Vater schwer, so dass er mit einem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden muss.

October bleibt nichts anderes übrig und muss mit ihrer verhassten Mutter nach London fahren, wo sie der Gestank und die lauten Geräusche stören. Am meisten vermisst sie die Bäume und den Himmel. Die Eule muss October in eine Auffangstation geben und zu allem Überfluss muss sie auch noch die Schule besuchen, wo sie mit Yusuf eine Präsentation erstellen soll. Zum ersten Mal fühlt sie sich durch ihn an der Themse wohl, denn dort kann sie während der Ebbe als Mudlarkerin nach Schätzen suchen, was sie an Zuhause erinnert. Sie ist davon überzeugt, dass es zu ihrem Goldring einen zweiten Teil mit einer geheimen Botschaft geben muss, von der sie ihrem Vater erzählen will, wenn es ihm wieder besser geht. Aber wird er wieder gesund? Und was wird aus der Eule? Wird sie eines Tages kräftig genug sein und in die Freiheit fliegen? Wird es October gelingen, zusammen mit Yusuf eine Präsentation auszuarbeiten und wird sie jemals wieder mit ihrem Vater glücklich und zufrieden im Wald leben?

Katya Balen lässt ihre Protagonistin in ihrem Jugendroman „October, October“ in der Ich-Form berichten, die ihre Welt aus der naiven Sicht eines heranwachsenden Kindes beschreibt. Ihre Mutter nennt sie stets „die Frau, die meine Mutter ist“, ihre Briefe hat sie alle ungelesen verbrannt. Eindrucksvoll hat die Autorin deutlich gemacht was es bedeutet, im Einklang mit der Natur zu leben. Als das Mädchen nach London kommt, hat sie im Garten der Mutter nicht das Gefühl draußen zu sein, weil dort nichts lebt und sie fühlt sich dort nicht wie ein wildes Mädchen, sondern nur noch wie „Millionen zerbrochener wilder Teile“.

Katya Balen ist nicht darauf eingegangen, wovon der Vater lebt, der immerhin auch Stromkosten für sein Waldhaus hat, seine Fahrzeuge betanken und in der Stadt dringend benötigte Sachen bezahlen muss. Wenn October auch nie eine Schule besucht hat, so hat sie der Vater lesen gelehrt und in der Schule in London hat sie in Mathematik bestens abgeschnitten, da sie mit ihm gewohnt war, praktische Berechnungen anzustellen. Die jungen Leser ab einem Alter von etwa zwölf Jahren erfahren Wissenswertes über Eulen und das seit dem 18. Jahrhundert verbreitete Mudlarking in London, wo arme Kinder unter gefahrvollen Bedingungen bei Ebbe am Flussufer der Themse nach Dingen zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes gesucht haben.

Die sich zum Teil überschlagenden Gedanken ihrer Protagonistin hat die Autorin, wie sie das in einer Anmerkung erläutert, durch Abschnitte kenntlich gemacht, die weder den Regeln der Grammatik, noch denen der Zeichensetzung folgen, so wie auch October Regeln, Ordnung und feste Strukturen fremd sind. Zudem finden sich auf einigen Seiten sehr realistische schwarz-weiß Illustrationen von Angela Harding der zunehmend größeren und stärker werdenden Eule. Das informative Jugendbuch „October, October“ ist durchaus auch für Erwachsene interessant, wobei die gefühlvolle Geschichte selbst sie noch zu Tränen rühren könnte.

October, October – Die weite, wilde Welt wartet auf mich von Katya Balen

October, October - Die weite, wilde Welt wartet auf mich
Übersetzung von Birgitt Kollmann
Carl Hanser Verlag 2023
Hardcover
224 Seiten
ISBN 978-3-446-27715-1

Bildquelle: Carl Hanser Verlag
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