Interview mit der Autorin Petra Mattfeldt

Petra Mattfeldt
Foto © Sonja Inselmann
Petra Mattfeldt wurde 1971 geboren und neben einer Tätigkeit als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte arbeitet sie auch noch als freie Journalistin. Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in Norddeutschland, wo sie bereits ihre Kindheit verbrachte.

Frau Mattfeldt, Sie…

    Darf ich kurz unterbrechen? Wenn es recht ist, möchte ich das persönlichere „Du“ vorschlagen.

Immer gerne! Also wenn ich das richtig sehe, präsentierst du mit dem Kriminalroman Sekundentod deinen Debütroman.

    Das ist nicht ganz richtig. Denn unter meinem Pseudonym Caren Benedikt habe ich bereits drei historische Romane geschrieben: „Die Feinde der Tuchhändlerin“ ist im Club Bertelsmann im Jahr 2010 erschienen und dann als Taschenbuch 2012 bei Piper. „Die Duftnäherin“ kam 2011 bei Weltbild in den Handel und im September 2013 als Taschenbuch bei Droemer Knaur. Etwa zeitgleich kam dann mein dritter Roman „Die Kerzenzieherin“ bei Weltbild heraus. Hierzu wird das Taschenbuch dieses Jahr im September bei Droemer Knaur erscheinen. Außerdem habe ich noch an dem Gemeinschaftsroman „Die vierte Zeugin“ und der Anthologie „Bitterer Nachgeschmack“ mitgewirkt. Auch hieran hatte ich viel Spaß.

In diesen Romanen, vermute ich, sind die Protagonisten Frauen. In dem Kriminalroman Sekundentod ist Falko Cornelsen als ermittelnder Kommissar die Hauptperson. Wenn ein Roman von einer Frau geschrieben wird, sind die Ermittler meist weiblich und betreiben ein Detektivbüro. Ist es dir nicht schwer gefallen, dich in die Rolle des männlichen Profilers zu versetzen?

    Komischerweise nicht. Ich weiß auch nicht, aber mein Falko und ich scheinen eine besondere Verbindung zu haben. Vielleicht ist es ja die männliche Seite in mir, die ich nun über Falko Cornelsen nach außen tragen kann. Wer weiß?!

In der Danksagung erwähnst du einen realen Profiler, der dir hilfreiche Tipps und Anregungen gegeben hat. Ist es tatsächlich so, dass die Nachstellung eines Tatortes es dem Kriminalisten ermöglicht, sich besser in die Rolle eines Täters hineinzuversetzen, was ihn letztendlich der Lösung eines Falles näher bringt?

    Ich denke, da hat jeder so seine ganz eigenen Methoden. Der reale Profiler, den du ansprichst, Axel Petermann, ist ein guter Freund, so dass ich ihn immer wieder um Rat fragen konnte. Die Nachstellung des Tatortes anhand eines Miniaturmodells ist tatsächlich eine reine Erfindung von mir und ich habe bisher noch nicht davon gehört, dass ein Ermittler im wahren Leben so vorgeht. Ich kann nicht einmal genau beantworten, warum Falko Cornelsen genau diese Methode wählt. Als die Figur immer mehr in mein Bewusstsein drang und für mich von Tag zu Tag realer wurde (so geht es mir übrigens mit all meinen Protagonisten), sah ich ihn quasi vor mir, wie er in seinen Keller hinabsteigt und seine Modelle baut, um den Tatort so aus einem anderen, völlig neuen Blickwinkel zu betrachten. So hat sich nach und nach ein Bild in meinem Kopf zusammengefügt.

Wahrscheinlich wirkt die Figur des Falko auf den Leser auch nur deshalb so authentisch, weil du praktisch in die Person geschlüpft bist und dich mit ihr identifiziert hast. Seine angewendete Methode setzt ja die Beherrschung der Autosuggestion voraus, die ein Zugang zum Unterbewusstsein ermöglichen soll. Hast du in diesem Punkt auch einen Berater hinzugezogen, der dir diese Technik vermittelt hat, oder konntest du hier aus eigener Erfahrung schöpfen?

    Dies ist tatsächlich meine eigene Erfahrung damit, und ich habe meinem Falko gern diese Fähigkeit weitergegeben. Angefangen habe ich damit ursprünglich mal im Sport, heute jedoch verwende ich es täglich, sei es nun, um mich zu konzentrieren, in eine meiner Romanfiguren hineinzuversetzen oder auch schlicht ruhig zu bleiben und alle meine Aufgaben mit Sorgfalt und Übersicht zu erledigen. Ich finde es gut, gelassen zu bleiben, ganz gleich, welche Herausforderungen an mich gestellt werden.

Ich erinnere mich daran, dass dein Protagonist auch über den Sport, in dem Fall Karate, zu dieser Methode gefunden hat, die bestimmt vielen Menschen helfen könnte, Aggressionen abzubauen und ausgeglichener zu werden.
Wenn ich in einem Buch lese, dass die Opfer nicht einfach nur auf „saubere“ Art ermordet werden, sondern wenn von eher ungewöhnlichen Praktiken wie in deinem Krimi die Rede ist, indem den Opfern Ohropax in die Nase gesteckt und der Mund mit Sekundenkleber verschlossen wird, was zwangsläufig einen Erstickungstod zur Folge hat, dann frage ich mich manchmal, wie Autoren auf solche Gedanken kommen. Gibt es in deinem Fall für die Morde eine reale Vorlage aus deiner Tätigkeit einer Anwaltskanzlei?

    Leider gibt es einige Details in dem Buch, die mir im Laufe der Jahre in realen Fällen tatsächlich begegnet sind. Da du das Buch gelesen hast, weißt du ja, warum der Täter so vorgegangen ist und was er damit bezweckt hat. Natürlich gibt es im wahren Leben viele Verbrechen, die längst nicht so durchdacht sind. Doch es gibt eben auch manche Vorgehensweisen, die mir eine Gänsehaut bereiten und die ich gern in eine fiktive Geschichte umsetze. Dies ist in Sekundentod geschehen. Aber natürlich werde ich nicht verraten, welche real sind und welche ausgedacht.

Das hast du sehr schön und diplomatisch ausgedrückt! Warum und wie der Täter in deinem Roman gehandelt hat, verraten wir dem Leser natürlich auch an dieser Stelle nicht.
In einem veröffentlichten Gespräch mit dem Verlag Droemer Knaur gibst du an, dass es dir Freude macht, ein gutes Buch zu lesen. An anderer Stelle sprichst du von einem gut gemachten Krimi. Was ist für dich ein gutes Buch bzw. ein gut gemachter Krimi? Welche Kriterien, eher subjektive, oder objektive, sind da ausschlaggebend?

    Rein subjektive. Vielleicht gefällt mir ein Buch, ob nun Krimi oder anderes Genre, das ganz viele andere Leser nicht mögen. Ich denke, das muss jeder für sich entscheiden. Was ich überhaupt nicht mag, sind langweilige Bücher. Wahrscheinlich bin ich dafür zu ungeduldig. Wenn ein Roman mich nicht packt und ich Seite um Seite lese und meiner Empfindung nach irgendwie nichts passiert, leg ich ihn weg. Es gibt so viele gute Bücher. Da will ich mich nicht mit denen aufhalten, die mir nichts geben. Aber wie gesagt, das ist rein subjektiv.

Die von dir erschaffene Figur Falko Cornelsen scheint ein Mensch ohne Schwächen zu sein und er hat sich in jeder Situation perfekt unter Kontrolle. In seiner Eigenschaft als Kommissar tritt er jedem mit Respekt gegenüber und behandelt die zu Vernehmenden stets fair. Von seinen Kollegen wird er geschätzt und selbst im privaten Bereich hat er sich während einer Aussprache mit seiner Frau im Griff. Dieser Person, so hast du gesagt, möchtest du gerne begegnen. Vielleicht, weil es sie im wirklichen Leben nicht gibt?

    Findest du? Eigentlich sehe ich Falko nicht ohne Schwächen. Er ist nur sehr um Kontrolle bemüht und darum, sich Situationen nicht entgleiten zu lassen. Du kennst ja aus dem Buch seine Vorgeschichte. Und gerade dieses kontrollierte Vorgehen hat ihm geholfen, mit der einen oder anderen Lebenssituation fertig zu werden. Ob es so jemanden im realen Leben gibt? Nun, ich weiß es nicht. Aber ich kenne zumindest einige Menschen in meinem Umfeld, die den einen oder anderen Charakterzug haben.

Auf jeden Fall wäre es wünschenswert, wenn es mehr Menschen mit wenigstens einem Teil seiner Wesenszüge gäbe. Das würde manche Eskalation ersparen.
Der Titel des Krimis lautet Sekundentod. Doch keines der Opfer hat einen schnellen Tod gehabt. Warum dann dieser Titel?

    Nun, Rebecca Ganter hat im Grunde schon einen recht schnellen Tod gehabt, weil das Verschließen von Mund und Nase, gepaart mit der Panik, ein doch recht schnelles Ersticken zur Folge hat. Aber eigentlich bezieht sich das „Sekunden“ auf die Form der gewählten Tötungsart, nämlich den Sekundenkleber.

Aha – ich habe das Wort immer nur in einem zeitlichen Zusammenhang gesehen.
Du arbeitest immer noch in einer Anwaltskanzlei und als Journalistin. In deinem Leben gibt es einen Ehemann und drei Kinder, die dich 365 Tage im Jahr fordern. Wann kommst du da noch zum Lesen und Schreiben?

    Tja – tatsächlich nachts. Ich brauche nicht so sehr viel Schlaf, und immer dann, wenn meine Familie ins Bett geht, widme ich mich meinen Romanen. Dann ist alles so schön ruhig im Haus. Da bin ich sofort in meinen Geschichten und kann meine Figuren lebendig werden lassen. Ich liebe diese Momente.

Beachtlich!
Du hast das Genre gewechselt und deinen historischen Romanen einen Krimi folgen lassen. Was erwartet die Leser als nächstes? Wirst du zweigleisig fahren oder ein Genre aufgeben?

    Auf jeden Fall zweigleisig. Meine historischen Romane wird es auch weiterhin geben, parallel dazu hoffentlich viele Krimis. Ich habe jetzt festgestellt, wie sehr es mir doch gefällt, Krimis zu schreiben. Deshalb habe ich auch neben weiteren Fällen für Falko Cornelsen vor, ein ganz besonderes Projekt in Angriff zu nehmen. Mit dem schon erwähnten wahren Profiler Axel Petermann werde ich einen gemeinsamen Roman schreiben, dessen Plot auch bereits steht. Das wird ein echtes Gänsehautprojekt.

Dann dürfen unsere Leser auf deine nächsten Projekte gespannt sein, ich danke dir für die Zeit, die du dir für das Interview genommen hast, wünsche dir noch viel Erfolg und allen Lesern, dass sie noch oft von Falko Cornelsen hören!

    Den Dank gebe ich gern zurück! Es hat mir Spaß gemacht!

Sekundentod von Petra Mattfeldt

Sekundentod
Knaur Verlag 2014
Taschenbuch
368 Seiten
ISBN 978-3-426-51445-0

Bildquelle: Knaur Verlag
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