Zechenkinder von David Schraven

25 Geschichten über das schwarze Herz des Ruhrgebiets.

ZechenkinderDavid Schraven gibt in seinem Buch „Zechenkinder“ Geschichten von Bergleuten wieder, die alle eine Verbundenheit zum Bergwerk Prosper Haniel in Bottrop haben. Sie schildern ihre Erinnerungen an eine Großdemo für einen sozialverträglichen Ausstieg, den Papstbesuch, das nächtliche Abfackeln der Kokereien, an verheerende Grubenbrände und eine Menschenkette, die sich quer durchs Ruhrgebiet zog und somit zum Band der Solidarität wurde. Sie berichten von Unfällen und der viel gepriesenen Kameradschaft unter den Kumpeln, wobei einer diese nie erlebt hat und ein anderer nur Konkurrenzkampf kennt. Es geht um erlebte Enttäuschungen und das Gefühl, verarscht worden zu sein. Der eine hat sein Glück beim Tunnelbau in der Schweiz gesucht und ein anderer hat von der Maloche unter Tage zum Psychologiestudium gewechselt, während ein Koreaner wegen des Bergbaus ins Ruhrgebiet kam und blieb. Der Leser erfährt etwas über den Bergbau in China und Sibirien sowie von den katastrophalen Folgen eines illegalen Abbaus in Indien. Er liest von Grubenbränden, was der mächtigste Hobel zu leisten vermag und auch viel über persönliche Erfahrungen der Menschen außerhalb des Bergbaus.

Der Fotograf Uwe Weber hat für das Buch „Zechenkinder“ neben einigen ganzseitigen Fotos auch von jedem Bergmann, der darin zu Wort kommt, eine schöne, ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Fotografie erstellt. Bergbauspezifische Begriffe sind für den Laien in Anmerkungen erklärt und der Verlag bietet den Besitzern eines Readers mit einem Code eine kostenlose Nutzung des E-Books an. Die Geschichten bringen kritisch zum Ausdruck, dass im Ruhrgebiet ehemalige Getreidefelder unzähligen Halden weichen mussten, dass das Zechensterben leere Läden in den Innenstädten zur Folge hat und auch die regenerativen Energien subventioniert werden. Es fehlt auch nicht der Hinweis, dass die Preise der Importkohle voraussichtlich steigen, wenn alle Zechen bei uns geschlossen haben und dass das Know-how mit den Schließungen verloren geht.

Zu den 25 auf dem Cover angekündigten Geschichten zählt der Verlag die Einleitung des Autors und eine siebenseitige Fotoreportage von Uwe Weber, so dass es sich letztendlich um dreiundzwanzig Erlebnis- und Erfahrungsberichte handelt. Die teilweise sehr informativen Geschichten in dem Buch „Zechenkinder“ sind mal spannend und mal amüsant. Sie könnten einer interessierten Leserschaft durchaus empfohlen werden, wenn David Schraven nicht alle Berichte übernommen hätte, ohne sie zu überprüfen, was man von einem Leiter des Ressorts Recherche erwarten würde. Die RAG wird sich nicht der Meinung anschließen können, dass dem modernen Schildausbau die Schuld an gehäuften Unfällen zugeschrieben werden kann. Die Zahlen unzähliger Toter aus früheren Tagen des Bergbaus sprechen eine andere Sprache. Nicht richtig ist auch die Aussage, dass Kohlenmonoxid schwerer als Luft ist. CO ist sogar im Gegenteil um etwa 3,3% leichter als Luft, da CO mit 1,25 kg/m³ und Luft mit 1,292 kg/m³ gemessen wird. Kanarienvögel unter Tage sind auch keine Mär, denn ehemalige Bergleute haben sie sich sehr wohl leisten können und die Vögel sind nicht nur vor Hunger von der Stange gefallen, sondern haben manch einem Kumpel das Leben gerettet. Tatsächlich hat es 1965, wie beschrieben, einen Grubenbrand auf der Zeche Jacobi mit zwei Toten gegeben. Genauer am 28. Juli 1965. Richtig ist auch, dass alle Dämme geschlossen wurden, um den Grubenbrand unter Kontrolle zu bringen. Doch die beiden Kumpel wurden nicht erst zwei Jahre später geborgen, sondern bereits nach einem Dreivierteljahr, am 16. Mai 1966.

Zechenkinder von David Schraven

Zechenkinder
Ankerherz Verlag 2014
Hardcover mit Schutzumschlag
208 Seiten
ISBN 978-3-940138-54-5

Bildquelle: Ankerherz Verlag
PGltZyBsb2FkaW5nPSJlYWdlciIgc3JjPSJodHRwczovL3NzbC12ZzAzLm1ldC52Z3dvcnQuZGUvbmEvZGYzOTA0ODU4YWM4NDMzNTgzNjExNjIyZDk5ZWU0ZjIiIHdpZHRoPSIxIiBoZWlnaHQ9IjEiIGFsdD0iIj4=

Teile diesen Beitrag