Interview mit der Autorin Irene Matt

Irene Matt
Bildquelle: Irene Matt
Irene Matt wurde 1964 in Bad Säckingen geboren. Auf einem Bauernhof aufgewachsen, engagiert sich die hauptberuflich als Versicherungskauffrau Tätige ehrenamtlich als Telefon- und Krisenseelsorgerin sowie als Mediatorin. Mit ihrem Mann und zwei Katzen lebt sie in Wittnau. Bisher sind von ihr das eBook „Fremdbestimmt“ erschienen, dem im Jahr 2017 der Krimi Nichts drin? und 2018 der Roman Der Augenblick folgten. Demnächst erscheinen „Schonungslos offen“ und „Florapis“.

Guten Tag Frau Matt, wann haben Sie den Wunsch verspürt zu schreiben? Schlummerte in Ihnen immer schon eine Schriftstellerin? Immerhin weiß ich aus Ihren Erzählungen, dass sich Ihr Urgroßvater auf diesem Gebiet betätigt hat. Ist er für Sie ein Vorbild?

    Nicht lange, nachdem ich schreiben gelernt hatte, ist mir klargeworden, dass es mir leicht fällt, mich schriftlich auszudrücken. Da ich auch eine leidenschaftliche Leserin bin und es wunderbar finde, Geschichten festzuhalten, indem man sie aufschreibt, war es nur konsequent, ein eigenes Buch zu schreiben. Mit 21 hatte ich zum ersten Mal den konkreten Wunsch, konnte ihn aber aus Zeitgründen nicht realisieren. Das hat sich erst nach weiteren 17 Jahren ergeben, als ich mit einer Freundin über sich verändernde Beziehungen gesprochen habe. Es fiel der Satz: „Darüber müsste man ein Buch schreiben“ – ein Wort gab das andere – und dann haben wir „Fremdbestimmt“ geschrieben.
    Die Geschichte entwickelte Eigendynamik und es entstand ein Science- Fiktion Roman, der in manchem leider bereits von der Realität eingeholt wurde. Kurz darauf hatte ich die Idee zu dem Roman Der Augenblick, den ich zunächst skizziert hatte und erst in diesem Jahr zur Druckreife gebracht habe. Dazwischen habe ich Nichts drin? und „Schonungslos offen“ geschrieben. Nun ist der Knoten geplatzt. Ich glaube schon, dass die Gene des Urgroßvaters eine Rolle spielen. Er hat die Geschichte der Salpeterer veröffentlicht. Außerdem war er als Vorstand der Waldelektra maßgeblich daran beteiligt, dass Strom auf den Hotzenwald kam. Er war jemand, der Dinge organisieren und bewegen konnte, hatte Humor und wenig Autoritätshörigkeit. Auch von daher kann ich die Verwandtschaft nicht leugnen.

Nein, diese Verwandtschaft können Sie tatsächlich nicht leugnen, denn so weit ich weiß, waren die Salpeterer eine Gruppe von Bürgern, die gegen alles aufbegehrten, das gegen ihr Verständnis eines friedlichen Miteinanders sprach, was deshalb immer wieder zu Protesten geführt hat. So soll die Salpetererbewegung auch den letzten Bauernkrieg in Deutschland verantwortet haben.
Sie gehen zwar nicht wie die Salpeterer auf die Barrikaden, sondern wollen mit Ihren Büchern, Der Augenblick und Nichts drin? etwas bewegen. Da kommen Sie immer wieder auf das Thema Religion zu sprechen. Sind Sie selbst ein religiöser Mensch?

    Um das zu beantworten, müsste man zunächst genauer definieren, was ein religiöser Mensch ist. Ist es einer, der in die Kirche geht und täglich betet? In diesem Sinne wäre ich es eher nicht. Für mich ist der Dienst am Menschen Gottesdienst und den leiste ich in meinen Ehrenämtern. Ich glaube zunächst einmal an das Leben an sich und daran, dass wir uns unsere Wirklichkeit selbst schaffen. Außerdem glaube ich an die Liebe als Möglichkeit zur Erlösung und Vergebung. Und da sich in unserer Welt schon immer viel um Religion gedreht hat und auch weiter dreht, ist es mir als Schriftstellerin gar nicht möglich, das auszublenden oder zu ignorieren.

In Der Augenblick sind Gesprächstherapien das zentrale Thema. Seit fast zwanzig Jahren arbeiten Sie in der Notfallseelsorge. Haben Sie, was die im Roman vorgestellten Fälle betrifft, auf Ihre diesbezüglichen Erfahrungen zurückgreifen können?

    Auf meine eigenen Erfahrungen durch die Ausbildung zur Seelsorgerin sicherlich, und diese entwickeln sich durch viele Fortbildungen und Supervisionen immer weiter. Natürlich erfahre ich im Gespräch mit Menschen oft, in welcher Weise ihnen eine Therapie hilfreich war. Das gibt mir Einblicke in die menschliche Seele, die man sonst nicht so leicht bekommt. Die vielen Gespräche, die ich mit psychisch kranken Menschen und Menschen in Extremsituationen führe, sind natürlich hilfreich beim Entwickeln von Figuren.
    Aber das schriftstellerisch eins zu eins umzusetzen, ist nicht möglich und wäre auch ein Verstoß gegen die Schweigepflicht. Und ich denke, das würde auch niemand lesen wollen. Dafür gibt es Tageszeitungen. Meine Bücher erzählen fiktive Geschichten, die unterhalten und zum Nachdenken anregen sollen.

Was diesen Punkt anbelangt, können Sie sowohl den Roman Der Augenblick betreffend, als auch bei Ihrem Krimi Nichts drin? sicher sein. Darin haben Sie ein Ihnen wichtiges Thema, nämlich die Homöopathie, einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Können Sie sich noch daran erinnern, wann sie zum ersten Mal mit dieser Heilmethode konfrontiert wurden, beziehungsweise wie Sie ihr damals gegenüberstanden?

    Tatsächlich kannte ich bestenfalls das Wort, bis ich mit Mitte 30 von einer Freundin ein Fläschchen mit Globuli bekam. Ich konnte damit nichts anfangen und habe es in meinen Badezimmerschrank gestellt. Als ich meinen Mann, einen homöopathischen Arzt, ein paar Jahre später kennenlernte, war ich froh, wenigstens dieses Vorzeigefläschchen zu haben. Dann hat sich nach kurzer Zeit ein positives Verhältnis zur Homöopathie entwickelt, weil Bryonia, die Zaunrübe, mich von meinem schlimmen Husten befreit hat, den ich sonst nur mit Kodein aushalten konnte. Ich werde den Augenblick, als der Krampf in meiner Brust sich innerhalb von Minuten nach der Einnahme der Globuli auflöste, nie mehr vergessen.

Das kann ich mir gut vorstellen und diese Erfahrung kann wohl jeder bestätigen, der schon einmal ein für ihn passendes Mittel eingenommen hat und innerhalb kürzester Zeit Linderung erfahren durfte.
Ihr Mann hat sich nach einem Medizinstudium in Kursen zur Homöopathie weitergebildet. Im Anschluss hat er eine Dozententätigkeit an einer namhaften Schule von Dr. Ortega in Mexico ausgeübt. Da sitzen Sie an der Quelle und haben sicher ausreichend Gesprächsstoff. Welche Gründe gibt es Ihrer Meinung nach, warum bei uns in Deutschland nur so wenige Menschen einen homöopathisch arbeitenden Arzt aufsuchen, obwohl doch nach den Umfragen ein Großteil der Bevölkerung dieser alternativen Heilmethode durchaus positiv gegenübersteht?

    Laut Statistik sind es über 50 Prozent der Deutschen, die homöopathische Mittel einnehmen. Fast jeder Hausarzt verordnet auch homöopathische Medikamente. Auch Apothekerinnen und Apotheker sind hierbei oft Ansprechpartner. Ich glaube, die Homöopathie ist breit aufgestellt. Bei ernstem Interesse an der Homöopathie und vor allem auch bei chronischen Krankheiten ist es ratsam, einen homöopathischen Arzt zu konsultieren. Dieser wird, falls es geboten ist, auch allopathische Medikamente verordnen.

Wie Sie mir im Vorfeld bereits berichtet haben, hat sich ein Ehepaar aus Bern auf Ihren Homöopathie-Krimi hin gemeldet und ein zehn Jahre zurückliegendes Ereignis geschildert. Der Mann hatte ganz plötzlich beim Zeitunglesen einen Hirnschlag erlitten, was die Ehefrau anhand seines gelähmten linken Armes richtig vermutete. Selbstverständlich hat sie sofort den Notarzt alarmiert, ihrem Mann aber auch gleichzeitig Arnica, ein homöopathisches Medikament in Form von Globuli, verabreicht. Als die Sanitäter eintrafen, waren die Lähmungen des Mannes bereits restlos verschwunden. Er war zwar für weitergehende Untersuchungen noch für eine Woche im Inselspital in Bern verblieben (dahin wurde auch der Richter, eine Ihrer Handlungspersonen im Krimi, mit dem Hubschrauber geflogen, nachdem er während einer Wanderung am Aletschgletscher einen Schlaganfall erlitt), doch habe der behandelnde Arzt auch zugegeben, dass sein Patient Glück gehabt hatte und ihm die Verabreichung von Arnica vielleicht das Leben rettete.
Was sich das Ehepaar nun allerdings fragt: „Warum werden solche Beobachtungen nicht in der Presse veröffentlicht?“
Dieser Frage kann ich mich vor dem Hintergrund der andauernden Diskussionen um den Nachweis der Wirksamkeit homöopathischer Mittel nur anschließen. Denn jedem dürfte es letztendlich unwichtig sein, warum ein Medikament hilft – Hauptsache es hilft! Wie denken Sie darüber? Machen sich die Ärzte, die sich allein der allopathischen Medizin verschrieben fühlen, berechtigte Sorgen um ihren Stellenwert in unserer Gesellschaft?

    Natürlich gibt es Veröffentlichungen zur Homöopathie, aber das ist kein Mainstream. Hinter der Pharmaindustrie steht ein solcher Finanzapparat, dass es mich nicht wundert, wenn die Homöopathie bei der Presse im Abseits steht. Die Mail von Frau Welte hat mich sehr gefreut, denn sie hat genau den Fall erlebt, den ich mir für Nichts drin? ausgedacht hatte. Sie hat mir erlaubt, die Mail auf meiner Homepage zu veröffentlichen.
    Mir ist nicht bekannt, dass sich die allopathischen Ärzte Sorgen um ihren Stellenwert machen. Über die unzähligen Erkrankungen und Todesfälle im Zusammenhang mit der Einnahme von Medikamenten wird jedoch kaum berichtet.

Das stimmt, und wenn, dann eher vom kritischen Lager.
Kommen wir zurück zu Ihrer Person. Sie engagieren sich ehrenamtlich auch als Mediatorin. In welchen Bereichen werden Sie da tätig? Zwischen welchen Parteien versuchen Sie einen Konflikt zu lösen?

    Wenn man die Methodik, die bei einer Mediation angewendet wird, verstanden hat, sind Thema und Konfliktparteien eigentlich zweitrangig. Man sollte aber etwas davon verstehen, worüber sich die Parteien streiten, und deshalb arbeite ich in Bereichen, die nicht im Zwischenmenschlichen liegen, mit entsprechenden Fachanwälten zusammen. Außerdem setzt eine Mediation voraus, dass die Parteien sich auf eine Lösung einigen wollen. Als Mediatorin engagiere ich mich nicht ehrenamtlich, weil eine Sitzung, die Geld kostet, begünstigt, dass eine Lösung gefunden wird.

Ich sehe bei Ihnen zumindest in den beiden angesprochenen Werken einen missionarischen Eifer. Bleiben Sie diesem Muster auch in der Zukunft treu? Wie Sie mir bereits verraten haben, wird das nächste Buch wieder ein Krimi sein, bei dem es dieses Mal um einen Serienmörder geht. Außerdem wollen Sie sich einen alten Traum erfüllen und ein Kinderbuch schreiben.

    Der Kriminalroman „Schonungslos offen“ hat keine „Message“ in diesem Sinne, was nicht heißt, dass er nicht auch spannende Themen anspricht. Er ist mehr das, was man einen klassischen Krimi nennt. Die Figuren selbst gestatten aber auch Einblicke, die nicht alltäglich sind. Und was mir in Zukunft noch einfällt…? – davon lasse ich mich selbst überraschen.
    Tatsächlich bin ich mit dem Kinderbuch fast fertig und habe mit Silvia Paparella eine begnadete Zeichnerin gefunden. Freuen Sie sich bei „Florapis“ auf eine Geschichte, die Mut macht, eigene Ideen zu entwickeln.
    Aber ich wollte schon immer einmal gefragt werden, ob ich glaube, dass durch meine Bücher etwas besser wird.
    Denn ich glaube es nicht, aber ich hoffe es!

In diesem Sinne danke ich Ihnen ganz herzlich für das Interview und darf Ihnen sowohl für Ihre berufliche, als auch private Zukunft alles Gute wünschen.

    Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen ebenfalls alles Gute!

Nichts drin? von Irene Matt

Nichts drin?
Verlag am Eschbach 2017
Hardcover mit Schutzumschlag
363 Seiten
ISBN 978-3-86917-553-9

Bildquelle: Amazon
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