Hörst du, wie der Himmel singt? von Kirsten Miller

Hörst du, wie der Himmel singt?Der achtjährige Ash lebt mit seiner Mutter Yanela in einem kleinen Haus in Südafrika, in dem schon seine Vorfahren gelebt haben. Regelmäßig besucht ein fremder Mann seine Mutter und zieht sich mit ihr zurück, so dass Ash noch die Geschwister Honey und Zuko bekommt. Obwohl schon der kleine Zuko ein guter Beobachter ist, kann er nicht sprechen und somit auch nicht artikulieren, dass er lieber barfuß läuft, weil die Schuhe drücken. Als Ash zwölf Jahre alt ist, besucht sie der Fremde ein letztes Mal. Da mit seinem Fortgang die Geldzuwendungen ausbleiben, geht es der Familie zunehmend schlechter. Für die kränkliche Honey fehlt es an Medikamenten. Sie verstirbt, woraufhin die Mutter hinter dem Haus eine Grube aushebt. Eine Beerdigungsfeier kann sie sich nicht leisten, denn sie ist ohne Arbeit.

Als Ash siebzehn Jahre alt ist, verrät ihm seine Mutter auf dem Sterbebett, dass der Fremde ein teurer Anwalt in der Stadt ist und Dominic Rahl heißt. Sie rät ihrem Sohn, von dem Ort, an dem alle krank werden, wegzugehen und bittet ihn, sich um Zuko zu kümmern. Nachdem Ash auch ein Grab für seine Mutter ausgehoben hat, zwingt der Hunger die beiden ungleichen Brüder zum Aufbruch. Bafuß folgt Zuko seinem Bruder. Da sie kein Geld für den Bus haben, müssen sie den weiten Weg zu Fuß laufen. Sie schlafen unter freiem Himmel und immer wieder macht ihnen entweder die nächtliche Kälte zu schaffen oder sie müssen sich vor der sengenden Sonne schützen. Ihre klägliche Nahrung besteht oft nur aus verschimmeltem Brot, und unterwegs müssen sie häufig um Wasser betteln. Endlose Wochen sind beide unterwegs, in denen sich Verzweiflung und Hoffnung die Hand geben. Am Ende müssen sie eine zukunftsweisende, schwere Entscheidung treffen.

Kirsten Miller hat in ihrem Jugendroman „Hörst du, wie der Himmel singt?“ mit den Figuren Ash und Zuko zwei Brüder erschaffen, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Der äußerst verantwortungsbewusste Ash stellt seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse hinter die seines Bruders Zuko, von dem er lange Zeit nicht weiß, dass dieser an einer Entwicklungsstörung, nämlich an Autismus leidet. Wie die Autorin selbst in einem Nachwort erklärt, kann sich Autismus verschiedenartig äußern, so dass das Verhalten ihres Protagonisten lediglich eine Form dieses Spektrums aufweist. Egoistisch, nur in seiner Welt lebend, teilt er nicht mit seinem Bruder das wenige Essen, obwohl Ash nicht minder Hunger leidet. Und doch gibt Ash gerade dieser nicht sprechende Bruder Kraft für sein Vorhaben, die Stadt zu erreichen, in der Dominic Rahl wohnt.

Jugendlichen ab einem Alter von fünfzehn Jahren kann das Buch „Hörst du, wie der Himmel singt?“ wärmstens empfohlen werden, denn der Plot fesselt den Leser von der ersten Seite an. Er leidet mit Ash, der immer wieder Ausreden erfinden muss, wenn er beispielsweise vom Pfarrer und den Dorfbewohnern aufgefordert wird, für seine Mutter eine Begräbnisfeier auszurichten, die er sich nicht leisten kann. Doch hat es die Autorin auch nicht an amüsanten Textstellen fehlen lassen, in denen der noch nicht aufgeklärte Ash die Liebesspiele seiner Mutter mit Fitnessübungen verwechselt. Zudem vermittelt die in Durban lebende Kirsten Miller anschaulich einen Eindruck vom Leben unter der südafrikanischen Sonne: Sie schreibt, dass die Menschen vor Freude tanzen, wenn es regnet und sie das kostbare Nass aufzufangen versuchen. Einziger Wermutstropfen dieses berührenden Jugendromans, der übrigens auch für Erwachsene eine Bereicherung ist, sind die überdurchschnittlich vielen Fehler, die ein besseres Korrektorat hätte ausmerzen können. Eine freudige Überraschung wäre eine Fortsetzung!

Hörst du, wie der Himmel singt? von Kirsten Miller

Hörst du, wie der Himmel singt?
Übersetzung von Barbara Brennwald
Baobab Books 2021
Hardcover
280 Seiten
ISBN 978-3-907277-10-2

Bildquelle: Baobab Books
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