Eins zwei. Eins zwei drei. von Ryeo-Ryeong Kim

Eins zwei. Eins zwei drei.Wan-Duk ist siebzehn Jahre alt und lebt mit seinem Vater Jeong-Bok und dessen Bruder Min-Gu in bescheidenen Verhältnissen. In einem Betonkasten, der auf dem Dach eines Mehrfamilienhauses in Seoul steht, bewohnen sie eine Einzimmerwohnung. Nachdem das Tanzlokal, in dem sein Vater und der Onkel als Tänzer gearbeitet haben, geschlossen wurde, verkaufen sie in U-Bahnen Gemüseschneider und Strumpfhosen. Es kommt vor, dass sie für ein paar Wochen auf den umliegenden Märkten unterwegs sind, dann ist Wan-Duk alleine. Von seinem Klassenlehrer Dung-Ju erfährt er, dass er eine Mutter haben soll, die Vietnamesin ist, von der er allerdings noch nie gehört hat. Obwohl sein Vater dagegen ist, meldet sich Wan-Duk zum Kickboxen an. Um die Gebühren aufzubringen, arbeitet er am Wochenende. Mit Unterstützung seines Trainers bereitet er sich auf einen Wettkampf vor.

Der Jugendroman „Eins zwei. Eins zwei drei.“ von Kim Ryeo-Ryeong handelt von dem ärmlichen Alltag des jugendlichen Protagonisten, der ohne Hoffnung in die Zukunft blickt. Während sich seine Klassenkameraden Gedanken über ein Studium machen, muss er den Alltag bewältigen. Seit seiner Kindheit leidet er unter der schlechten Behandlung seines Vaters, der wegen seines Kleinwuchses im Tanzlokal ausgelacht und als Zwerg beschimpft wurde, was dieser jedoch stets mit einem Lächeln quittiert hat. Sein Onkel war zwar ein guter und beliebter Tänzer, doch wegen eines Sprachfehlers wurde er als Stotterer belächelt.

Kim Ryeo-Ryeong lässt Wan-Duk in der Ich-Form erzählen, wie der Alltag in der Schule aussieht, wie ihn Nachbarn über die Dächer hinweg als „Arschgesicht“ beschimpfen und wie er sich auf den Wettkampf beim Kickboxen vorbereitet. Da muss er zunächst Disziplin lernen und sich an Regeln halten, denn von den Türstehern des Tanzlokals, die er als Kind mit Onkel anredete, wurde ihm beigebracht, wie man dem Gegner ein Bein oder das Genick bricht. Den Heranwachsenden plagen Minderwertigkeitsgefühle, er kann die plötzlich in seinem Leben aufgetauchte Mutter nicht einordnen und das Mädchen Jun-Ha zwar nicht leiden, findet sie aber trotzdem süß. Und wenn er an ihre Brüste denkt, hat er Schmerzen in seinem besten Stück, was eine Ausbeulung seiner Hose zur Folge hat.

Der Klassenlehrer engagiert sich für Leute, die ohne Arbeitserlaubnis von Firmen ausgebeutet werden. Obwohl er seinen Schülern nichts Böses will, nennt er sie Schwachköpfe und schlägt sie mit einem Stock. Scheinbar ist eine Klassenstärke von vierzig Schülern in Korea üblich und offensichtlich kann ein Lehrer einen Schüler als Sozialhilfeempfänger melden. Doch der Lehrer Dung-Ju zieht selbst Nutzen daraus und verlangt von Wan-Duk regelmäßig die Herausgabe einer Portion Instantreis. Zu der Kimchi genannten Beilage wäre eine erklärende Anmerkung wünschenswert.

Der Jugendroman „Eins zwei. Eins zwei drei.“ von Kim Ryeo-Ryeong beginnt mit einer von Wan-Duk vorgetragenen Bitte an Gott, seinen Klassenlehrer schnell „ins Gras beißen“ zu lassen. Der chaotisch und wirr anmutende Schreibstil erschwert besonders den Einstieg in die Handlung, und es ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar, wer spricht, was erst aus dem Zusammenhang erahnt werden muss. Auch wenn der Verlag eine Altersempfehlung ab vierzehn Jahren vorgibt, dürfte diese Altersgruppe mit dem Plot überfordert sein. Insofern sollten sich eher Leser ab siebzehn Jahren, die dem Alter des Protagonisten entspricht, mit dem Thema eines hoffnungslos in die Zukunft blickenden jungen Menschen auseinandersetzen.

Eins zwei. Eins zwei drei. von Ryeo-Ryeong Kim

Eins zwei. Eins zwei drei.
Übersetzung von Hyuk-Sook Kim und Manfred Selzer
Baobab Books 2020
Hardcover
208 Seiten
ISBN 978-3-905804-98-0

Bildquelle: Baobab Books
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