Fernsehen gernsehen von Alexander Emmerich

Fernsehen gernsehenVon Kindesbeinen an liebt Ben das Fernsehen, das er kennenlernt, als er mit seiner Mutter in das gleiche Haus zieht, in dem auch seine Großeltern leben. Wenn er bei ihnen zu Besuch ist, verfolgt er gespannt auf dem Schwarzweißfernseher die Sendung „Dalli Dalli“, die er aber nie zu Ende schauen darf, weil er pünktlich um zwanzig Uhr ins Bett gebracht wird. Erst ein paar Jahre später kann er in den Ferien auch einmal die zweite Hälfte der Sendung mit Hans Rosenthal verfolgen.

Anfang der 1980er Jahre ist die Zeichentrickserie „Captain Future“ nicht nur für Ben ein absolutes Highlight, sondern der ganze Kindergarten ist verrückt danach, und die Kinder spielen die Folgen mit Playmobilfiguren nach. In dieser Zeit verbringt er die Montagnachmittage bei seinen Großeltern, wenn seine Mutter arbeiten muss, und so wird die Kindersendung „Spaß am Montag“ zu einem allwöchentlichen Erlebnis. Als die Sendung nach einiger Zeit von der „Yxilon Show“ abgelöst wird, macht Ben zum ersten Mal die Erfahrung, dass das Fernsehen auch langweilig sein kann.

Als seine Mutter eines Tages mit ihm in die Stadt fährt, um einen Farbfernseher mit Fernbedienung zu kaufen, wird für Ben das Fernsehen ein treuer Begleiter. Es hilft ihm die Einsamkeit seiner Kindheit zu durchstehen und erzählt ihm eine Gutenachtgeschichte. In der Grundschule hat Ben kein Interesse daran, mit den anderen Jungen aus seiner Klasse Fußball zu spielen, und er schaut sich lieber „Die Bären sind los“ im Fernsehen an, obwohl er keine Ahnung von Baseball hat. Eine seiner beliebtesten Sendungen ist „Löwenzahn“, in der Peter Lustig interessante Dinge erklärt. Als Ben durch Zufall in einer Folge mit einigen anderen Kindern als Statist mitmachen darf, hat er Lunte gerochen. Er liebt das Fernsehen nicht nur, er will auch unbedingt ein Teil von ihm werden…

Der Protagonist Ben Kaspari in dem Roman „Fernsehen gernsehen“ ist ein bekennender TV-Junkie, der täglich den Stoff in einer hohen Dosis braucht, und irgendwo findet er immer eine Sendung, die ihm gefällt. Ganz nebenbei erzählt Alexander Emmerich in dem humorvoll und unterhaltsam geschriebenen Roman ein Stück Fernsehgeschichte, die nur nachvollziehen kann, wer noch zu der Generation gehört, die mit nur drei Fernsehprogrammen aufgewachsen ist und für die „Testbild“ und „Sendeschluss“ keine Fremdworte sind. Diese Leserschaft wird bei der Lektüre des Romans allerdings in nostalgische Verzückung geraten und wehmütig an längst vergessen geglaubte Fernsehsendungen der Kindheit oder Jugend erinnert. Wie Ben, der die Geschichte aus seiner Sicht erzählt, wird er sich vielleicht während dieser Zeit mehr Fernsehprogramme gewünscht haben, um zwanzig Jahre später zu der Erkenntnis zu gelangen, dass durch mehr Programme das Fernsehen auch nicht besser geworden ist. Von „Fernsehen gernsehen“ können Sie sich nicht einfach berieseln lassen, aber der Roman von Alexander Emmerich bietet ein vielfältiges Fernsehprogramm, das an keiner Stelle langweilig wird.

Fernsehen gernsehen von Alexander Emmerich

Fernsehen gernsehen
Zauberberg Verlag 2015
Hardcover mit Schutzumschlag
282 Seiten
ISBN 978-3-945662-00-7

Bildquelle: Zauberberg Verlag
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