Die Notaufnahmeschwester von Ingeborg Wollschläger

Ein Alltag zwischen Leben, Tod und Wahnsinn!

Die NotaufnahmeschwesterWer wie Ingeborg Wollschläger zwanzig Jahre „Die Notaufnahmeschwester“ war, hat einiges erlebt. In ihrem Sachbuch schreibt sie, wie sie in Pfarrhäusern aufgewachsen ist und sich für eine Ausbildung als Schwesternschülerin entschieden hat. Zunächst arbeitete sie in der Neurochirurgie und der Dialyse, bis sie in die Notaufnahme wechselte. Sie nennt Gründe, warum es dort nicht immer der Reihe nach gehen kann, welche Regeln das Leben für medizinisches Personal sowie Patienten angenehmer machen und wie einmal erlerntes und über die Jahre verloren gegangenes Wissen durch Erfahrung wettgemacht werden kann. Sie weist auf die Bedeutung des Nocebo-Effekts hin und erklärt, was Mediziner unter einem Notfall verstehen. Eine gute Beobachtungsgabe ist ihrer Meinung nach in diesem Beruf unabdingbar.

Interessant sind die vielfältigen Reaktionen, die sie zu ihrem Job als Notaufnahmeschwester erfahren hat, von dem sie allerhand Kurioses und schier Unglaubliches zu berichten weiß. Natürlich hatte sie während ihrer Arbeit auch weniger schöne Erfahrungen machen müssen und eine der Kehrseiten sind unangenehme Gerüche, denen sie unweigerlich ausgesetzt war. Ingeborg Wollschläger musste „fremdes Leid, Geschrei und Gezeter“ aushalten und war üblen Beschimpfungen ausgesetzt. Ihre Sozialkontakte durch den ihr aufgezwungenen Schichtdienst musste sie zwangsweise reduzieren und einschneidende Personaleinsparungen hinnehmen.

Die Autorin weist auf die Bedeutung einer Patientenverfügung hin, denn ohne die Existenz einer solchen ist das Personal zur Durchführung sämtlicher lebenserhaltender und -verlängernder Maßnahmen gezwungen, die dem Patienten keine Ruhe gönnen und einen menschenwürdigen Tod verhindern. In diesem Zusammenhang empfiehlt sie jedem, sich rechtzeitig mit dem Sterben auseinanderzusetzen. Die dreifache Mutter schließt mit Erklärungen, wie sie Berufstätigkeit und Familie miteinander vereinbart hat und Kenntnissen, die sie in ihrem zwei Jahrzehnte dauernden Job gewinnen konnte.

Ingeborg Wollschläger spart in ihrem informativen Sachbuch „Die Notaufnahmeschwester“, in das sie wiederholt private Begebenheiten einfließen lässt, nicht mit kritischen Aspekten wie beispielsweise einer Übertherapie. Immer wieder finden sich in ihren höchst amüsant zu lesenden Ausführungen ironische Anklänge, die den Leser zum Schmunzeln animieren. Sie hat die Gabe, selbst eine schlimme Verletzung so darzustellen, als sei sie das Natürlichste von der Welt, womit sie vermeidet, dass die Ausführungen empfindlichen Personen zu nahe gehen. In der aktuellen Situation, in der ohne Atemschutzmaske keine öffentlichen Gebäude oder Geschäfte betreten werden dürfen, fällt die Vorstellung, wie unangenehm Schutzkleidung für das klinische Personal ist, bestimmt leichter. Wem auch immer in Zukunft eine weniger freundlich erscheinende Notaufnahmeschwester begegnet, sollte diesen Umstand berücksichtigen und daran denken, dass diese in ihrem Job oftmals bis an ihre Grenzen gehen muss.

Die Notaufnahmeschwester von Ingeborg Wollschläger

Die Notaufnahmeschwester
Penguin Verlag 2020
Taschenbuch
256 Seiten
ISBN 978-3-328-10480-3

Bildquelle: Penguin Verlag
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