Mit Paddelboot und Faltrad quer durch Deutschland – Jens Steingässers Abenteuerreise

Kindheit im Boot und der Entschluss zum Abenteuer

Jens Steingässer ist, wie er auf den ersten Seiten seines Erlebnisreisebuches ausführt, als Kind quasi im Boot aufgewachsen. Nach seinem Entschluss, mit einem Paddelboot und Faltrad „Querflussein“ durch Deutschland die Geheimnisse seiner Heimat zu erkunden, startet er an der Quelle der Modau, unweit von Eberstadt. Für vier Wochen verabschiedet er sich von seinen Kindern und seiner Ehefrau Jana, die ihm später bei der Niederschrift seiner Erfahrungen eine wertvolle Hilfe war, und stürzt sich in ein aufregendes Abenteuer.

Begegnungen, Naturerlebnisse und kleine Wunder

Unterwegs steht der Autor immer wieder an einer Quelle und erlebt so die Geburt eines neuen Flusses. In Gesprächen lernt er die verschiedensten Menschen kennen und erfährt von ihren Schicksalen. An der Schwarza betätigt er sich als Goldschürfer – und wird tatsächlich fündig. Sein Tagesrhythmus richtet sich nach der Natur: Schlafenszeit bei Sonnenuntergang, Aufstehen mit den Vögeln am frühen Morgen. Er schlägt sein Lager auch einmal neben einem Biber auf, kommt Kranichen erstaunlich nah, nimmt am Plauer See ein ausgelassenes Bad und wird nicht selten von Gewittern überrascht. Mitunter laden ihn freundliche Menschen zu sich nach Hause ein, sodass er die Nacht in einem richtigen Bett verbringen kann. Trotz der „Dauerattacken“ der „Horrormücken“ im Müritz-Nationalpark übertreffen die Eindrücke der Mecklenburgischen Seenplatte seine Erwartungen.

Kuriose Hilfsmittel und technische Besonderheiten

So faszinierend die Erlebnisse auch sind, manche Begriffe hätten eine genauere Erklärung verdient. Etwa die „Zementbütte“, mit der er schwimmend seine Kamera auf eine Insel transportiert – ein schlichter schwarzer Eimer, wie er auf Baustellen zum Anrühren von Zement dient. Schwieriger ist die Beschreibung der Gierseilfähre, der er auf keinen Fall in die Quere kommen wollte. Diese ist über Seile mit einer festen Verankerung verbunden und wird durch die Strömung des Flusses angetrieben, wobei eine Gierwinde die Richtung vorgibt. Ein Foto hätte hier das Verständnis erleichtert.

Reise in die Vergangenheit – persönliche Last und Befreiung

Mit seinem Packraft, einem besonders leichten und dennoch stabilen Schlauchboot, und dem Faltrad Birdy wagt sich Jens Steingässer auch in die ehemalige Ostzone. Diese Passage hat er lange gemieden und gesteht, die Reise dorthin mit gemischten Gefühlen angetreten zu haben. Seine Großmutter war vor achtundsechzig Jahren nach Westdeutschland geflüchtet und musste dabei ihre kleine Tochter, die Mutter des Autors, zurücklassen. So schwer diese Last auch wog, die Reise half ihm, den Ballast endlich abwerfen zu können.

Fotografische Eindrücke und Naturreflexionen

Neben Dieter Glogowski, Tim Heckmann und Axel Brümmer hat Jens Steingässer viele Eindrücke selbst in lebendigen Bildern festgehalten – mit Stativ, Selbstauslöser oder Drohne. Immer wieder ist er überwältigt von der Schönheit der Landschaft, den fantastischen Ausblicken und der Ruhe fernab von Straßenlärm und Zivilisation. Gleichzeitig bedauert er die Fehler, die Menschen in der Vergangenheit an der Natur begangen haben und die mancherorts nur durch aufwändige Renaturierungen korrigiert werden können.

Entbehrungen, Erschöpfung und ein wehmütiger Abschied

Immer wieder muss der Autor Bedürfnisse zurückstellen, wenn seine Vorräte an Nahrung und Wasser erschöpft sind. Der geringe Platz im Boot, das auch sein Rad aufnehmen musste, ließ ihm keine andere Wahl. Welche Lösung er für das Fehlen einer Toilette fand, verrät er nicht. Trotz aller kräftezehrenden Anstrengungen und zu kurzer Nächte, die ihn „fix und fertig“ machten, schmerzt ihn der Abschied an der Ostsee. Sein wehmütiger Rückblick ist für den Leser nachvollziehbar, der anhand der zahlreichen Fotos zumindest einen kleinen Eindruck von einer Reise erhält, die für Jens Steingässer unvergessen bleibt.