Im März 1953 ist der Geheimdienstchef Lawrenti Beria mit seinem neuen Vertrauten Ilja Kolschetow in Moskau unterwegs zu dem im Sterben liegenden Stalin, wo er mit Chruschtschow und vier weiteren ranghohen Politikern die neue Machtverteilung regelt. Als nunmehr mächtigster Mann des Landes fordert er eine Amnestie vieler Inhaftierter. Er setzt den Kreml über seine Position und über den Tod von Stalin in Kenntnis. Ilja weist er an, das Testament des Verstorbenen nebst weiteren Unterlagen verschwinden zu lassen und zu vernichten. Im Anschluss schickt er ihn nach Deutschland, um den Staatssekretär von Konrad Adenauer auszuhorchen. In Bonn sucht Ilja im Auftrag von Beria den Koordinator der Geheimdienste, Hans Globke, auf und schlägt ihm die deutsche Wiedervereinigung vor. Um seinen Auftrag zu erfüllen, bricht der Spion sogar in das Amtsgebäude des amtierenden Bundeskanzlers ein.
Unterdessen lernt die Abiturientin Nelly Findeisen in Berlin den Uhrmacher Wolf kennen, dessen Vater zur SED-Kreisleitung gehört. Ihre Mutter hat erneut geheiratet, nachdem ihr Vater 1946 als Wissenschaftler von den Russen, mitten in der Nacht und mit vorgehaltener Maschinenpistole, aus dem Haus getrieben und nach Russland verschleppt wurde. Als Mitglied der Jungen Gemeinde, einer illegalen Jugendorganisation der Evangelischen Kirche, will man sie nicht zum Abitur zulassen. Wolf, der sich in Nelly verliebt hat, stellt zu seiner Beunruhigung fest, dass sie offensichtlich von einem russischen Spion beobachtet wird. Um mehr über Nelly in Erfahrung zu bringen, verschafft er sich Zugang in das SED-Büro seines Vaters. Doch der Einbruch wird entdeckt, und Wolf im Stasi-Gefängnis so lange mit Schlafentzug gefoltert, bis er einer Zusammenarbeit zustimmt.
Bedingt durch den immer stärker werdenden Druck auf die Bauern fliehen viele in den Westen. Die Folge sind brach liegende Felder, was eine katastrophale Versorgungssituation der Bevölkerung nach sich zieht. Hunger, aber auch der Drang nach freien Wahlen sowie freier Meinungsäußerung, treibt Hunderttausende zur Flucht in den lediglich durch einen Sperrgürtel getrennten westlichen Teil Berlins. Lotte, Mutter von drei kleinen Kindern, erhofft sich an der Seite des Offiziers Heimeran Kunze ein besseres Leben. Doch nachdem sie sich im Juni 1953 in Halle einem Bauarbeiterstreik anschließt, wird sie verhaftet. Heimeran muss mit seinen Leuten den Aufstand blutig niederschlagen und erschießt versehentlich Lottes Schwager Marc. Mit dieser Junirevolution, an die später mit dem Tag der deutschen Einheit erinnert werden sollte, ist für den Spion Beria die Zeit abgelaufen und die neuen Auftraggeber von Ilja verlangen von ihm einen weiteren Mord für sein Leben.
Titus Müller vermag mit seinem in mehreren Handlungssträngen erzählten Roman „Der Tag X“ von der ersten bis zur letzten Seite zu begeistern. In dem Plot agieren historisch belegte Personen unter ihrem realen Namen, während beispielsweise Gerhard Schmidt in der Figur von Marc verkörpert wird und Nikolai Chochlow in der von Ilja. Ausführlich geht der Autor auf die historischen Fakten in einem Anhang ein und listet die verwendete Literatur auf, der er sich für seine Recherchen bedient hat. Titus Müller hat in seinem Roman „Der Tag X“ den politischen Fakten eine Rahmenhandlung gegeben, die gleichermaßen informativ, wie auch hoch spannend ist. Wer immer schon einmal über die Hintergründe der Ereignisse aufgeklärt werden möchte, die 1953 mit dem Aufstand in der Ammendorfer Waggonfabrik den Anfang nahmen und im Jahr 1961 mit dem Bau der Mauer gipfelten, kann es kaum auf unterhaltsamere Weise erfahren.