Bertha Benz und die Straße der Träume von Alexander Schwarz

Bertha Benz und die Straße der TräumeWahrscheinlich ist es unmöglich, die Anzahl der heutzutage auf der Welt fahrenden Autos auch nur annähernd zu beziffern und es fällt schwer sich vorzustellen, dass noch vor rund eineinhalb Jahrhunderten kein Mensch an ein Fahrzeug glauben wollte, das sich ohne Pferd fortbewegen kann. Bis auf den Ingenieur Carl Benz, der in dem Roman „Bertha Benz und die Straße der Träume“ der erst vierzehnjährigen Bertha Ringer im Jahr 1863 zum ersten Mal in Pforzheim begegnet. Sie ist erstaunt über den jungen Mann, der zwischen zwei Rädern auf einem „hölzernen Apparat“ strampelt. Sechs Jahre später trifft sie ihn bei einem Familienausflug wieder und beim Blick in seine Augen weiß sie sofort, dass sie ihn zum Mann haben will. Geduldig erzählt ihr Carl von seinem Veloziped und seinem Traum, einen selbst fahrenden Apparat zu bauen, der ohne Pferde auskommt.

Als Bertha, die auf die Höhere Töchterschule gehen durfte, ihren Eltern ihre Liebe zu Carl gesteht, hält ihr Vater dagegen, den Mann für einen Hallodri und Luftikus zu halten. Schließlich gibt er ihrem Drängen nach, Carl macht einen Antrittsbesuch und Bertha ist überglücklich, als er endlich um ihre Hand anhält. Erst verhindert ein Krieg eine baldige Heirat, dann muss der junge Ingenieur eine finanzielle Pleite nach der anderen erleben, so dass der Handwerksmeister, der seine Tochter nicht in einem Leben in Armut wissen will, seine Zustimmung verweigert. Bertha sieht nur einen Ausweg und fordert die Auszahlung ihrer Mitgift noch vor der Eheschließung, die den Verlobten ein Startkapital für die neu gegründete Firma sein soll. Es geht aufwärts und es darf geheiratet werden.

Zunächst kommt das junge Paar gut über die Runden, doch schon nach der Geburt des ersten Kindes verhindert der Zusammenbruch der Börse in Wien ein weiteres Firmenwachstum. Selbst der Vorschuss auf Berthas Erbteil ist schon aufgebraucht, weil sich niemand für Carls Erfindungen interessiert. Der Gerichtsvollzieher pfändet fast alle die Arbeit erleichternden Werkzeuge und Maschinen, und mit dem Mut der Verzweiflung sucht die inzwischen dreifache Mutter nach einem Ausweg. Auch wenn es unüblich ist, so setzt sie eine Kontrolle der Finanzen durch und verlangt, bei allen zukünftigen Verhandlungen mit Carls Partnern zugegen zu sein. Endlich füllen die von Benz entwickelten Gasmotoren die Haushaltskasse.

Alexander Schwarz hat in seinem Roman „Bertha Benz und die Straße der Träume“ den Zeitgeist aufleben lassen, als es Frauen noch ohne die Zustimmung ihres Ehemannes versagt war, eine Arbeit aufzunehmen. Sie hatten weder ein Wahlrecht, noch durften sie eine Universität besuchen. Der Autor hat sehr detailliert geschildert, wie der von Carl Benz entwickelte Patentwagen zum Laufen gebracht wurde und vor allem auch, welche Hindernisse es zu bewältigen gab.

Der Plot erinnert an die von Bertha Benz im August 1888 gemachte weltweit erste Autofahrt, die sie von Mannheim nach Pforzheim führte. Dabei hat die bemerkenswerte und mutige Frau ohne Wissen ihres Ehemannes einhundertsechs beachtliche Kilometer zurückgelegt und eine ihrer Hutnadeln sowie eines ihrer Strumpfbänder für eine erforderliche Reparatur kurzerhand zweckentfremdet. Unterwegs kam ihr die Idee, die Bremsen wirkungsvoller zu gestalten und immer wieder musste sie in einer Apotheke nach dem leichtentzündlichen Leichtbenzin Ligroin fragen, mit dem der Patentwagen betankt werden musste. Alexander Schwarz hat die Stationen dieser abenteuerlichen Fahrt sehr genau dokumentiert und in seinem Nachwort auch die erste Wohnung mit angrenzender Werkstatt des jungen Paares den neu lautenden schachbrettartigen Straßennamen in Mannheim zugeordnet. Sein Roman liefert bestens recherchierte Informationen zur Entwicklung des Automobils in einer mitfühlenden und spannenden Umsetzung, die den Leser am Ende fast zu Tränen rührt.

Bertha Benz und die Straße der Träume von Alexander Schwarz

Bertha Benz und die Straße der Träume
Knaur Verlag 2024
Klappenbroschur
400 Seiten
ISBN 978-3-426-44737-6

Bildquelle: Knaur Verlag


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