Lydia von Kätlin Kaldmaa

LydiaDas Kinderbuch „Lydia“ beschreibt in kindgerechter Form den Lebensweg der in Vändra geborenen Frau, deren Lieder im heutigen Estland, damals noch Livland, von allen gerne gesungen werden: Am 12. Dezember 1843 heißen die frischgebackenen Eltern ihre Tochter Lydia Emilie Florentine willkommen. Als kleines Mädchen hört sie gerne auf dem Schoß ihrer Großmutter deren Geschichten und schon früh äußert sie den Wunsch, Dichterin zu werden. Später möchte sie wie ihr Vater Johann Jannsen, der als Lehrer arbeitet, mit der Feder ein Buch schreiben. Das über eine blühende Fantasie verfügende Mädchen ist wissbegierig und lässt sich von ihm den Sternenhimmel erklären.

Lydia entwickelt zunehmend eine Leidenschaft fürs Lesen und erzählt den Kindern an ihrem neuen Wohnort teils ausgedachte Geschichten. Mit vierzehn Jahren ist sie bereits die Assistentin ihres Vaters, der die erste Tageszeitung in estnischer Sprache gegründet hat. Dort erscheint auch im August 1861 eine erste Erzählung von ihr, und im November 1862 besteht sie an einem Tag acht Prüfungen, um als Lehrerin arbeiten zu können. Der Zugang zur Universität wird ihr als Frau allerdings verweigert.

Mit zweiundzwanzig Jahren legt sich die junge Dichterin den Künstlernamen Lydia Koidula zu, berühmte Persönlichkeiten loben ihre Gedichte und schon ein Jahr später kennt sie jeder im Land. Zusammen mit ihrem Vater schafft Lydia Dank ihres musikalischen Talents die „Grundlage für die zukünftige Hymne Estlands“. Die Fünfundzwanzigjährige schreibt Texte für das estnische Sängerfest, zwei Jahre später ist sie die Einzige, die vom Finnischen ins Estnische übersetzen kann. Am 19. Februar 1873 ehelicht Lydia den aus Lettland stammenden Arzt Eduard Michelson nach jahrelanger Verlobungszeit. Mit den Kindern Anna und Hedvig leben sie in Kronstadt bei Petersburg.

Dass der historischen Lydia ein gewisses Quantum an Bildung zuteilwerden konnte, was zweifellos eine Voraussetzung für ihr späteres Schaffen war, hatte sie ihrem gebildeten Vater zu verdanken, der sie schon von klein auf förderte. Durch die Eheschließung mit einem Arzt ist sie vielleicht auch noch weiter auf der gesellschaftlichen Leiter gestiegen. Zumindest hat die Familie nicht in ärmlichen Verhältnissen gelebt, konnte sich offenbar ein Hausmädchen leisten, wie in dem informativen Kinderbuch „Lydia“ zu lesen ist, was im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert nur einer Minderheit vorbehalten war.

Der Verlag, der für seine aufwändig gestalteten Kinderbücher bekannt ist, empfiehlt das Buch ab acht Jahren, wobei die Kinder dem Inhalt wahrscheinlich mit jedem weiteren Lebensjahr mehr Verständnis entgegenbringen. Womöglich machen sie ihre erste Bekanntschaft mit einer Landkarte, die wie alle anderen Illustrationen von Jaan Rõõmus stammt, der lediglich dunkelblaue und rote Farben für seine sich aufs Wesentliche beschränkenden Illustrationen verwendet hat. Auch dürften einigen der jungen Leser die Existenz von Sternbildern noch unbekannt sein. Hierzu darf angemerkt werden, dass deren Bezeichnungen am Sternenhimmel in estnischer Sprache vorzufinden sind. Auch sind in dem Buch zwei Gedichte der vielfach talentierten, leider viel zu jung verstorbenen Lydia abgedruckt. Am Ende hat der Übersetzer Maximilian Murmann noch einige ergänzende Worte zur Geschichte Estlands beigetragen.

Lydia von Kätlin Kaldmaa

Lydia
Übersetzung von Maximilian Murmann
Baobab Books 2022
Hardcover
48 Seiten
ISBN 978-3-907277-15-7

Bildquelle: Baobab Books
PGltZyBsb2FkaW5nPSJlYWdlciIgc3JjPSJodHRwczovL3ZnMDYubWV0LnZnd29ydC5kZS9uYS80NTkwYzlmYjYyYWQ0NGQ3OTUzYzk0YWUyMzczZjJjMCIgd2lkdGg9IjEiIGhlaWdodD0iMSIgYWx0PSIiPg==

Teile diesen Beitrag