Zin von Hassan Zahreddine

ZinFür im Wohlstand aufgewachsene Kinder mag es wünschenswert sein, nicht in die Schule gehen zu müssen. Doch was, wenn sie stattdessen arbeiten müssten? Wie sähe es dann aus! In dem Kinderbuch „Zin“ wächst der Junge Zineddine mit vielen Geschwistern im Libanon auf. Zu essen gibt es für alle immer nur wenig, und obwohl niemand eine Schule besucht, haben sie keine Zeit zum Spielen, denn bereits als Kind müssen sie arbeiten gehen. In der Druckerei, in die Zineddine von seinem Vater mitgenommen wird, nennt man ihn der Einfachheit halber nur Zin. Sein Meister druckt seinen Namen aus drei kleinen Stücken Metall auf ein Blatt und erklärt dem Jungen, dass eine Aneinanderreihung von Wörtern letztlich einen Text ergeben, der in Büchern und Zeitungen gelesen werden kann.

Zin hat Freude an der Arbeit in der Druckerei, wenn er aus einem Setzkasten die entsprechenden Buchstaben sucht und zu Wörtern zusammensetzt. Ist er unterwegs, freut er sich darüber, wenn er die Schriftzüge an den Geschäften lesen kann. Besonderes Gefallen findet der Junge am gemeinsamen Essen und den dabei aufkommenden Gesprächen in der Druckerei. Eines Tages wird Zin auf dem Nachhauseweg von einem Polizisten angesprochen, der ihn des Weges ziehen lässt, weil er noch ein Kind ist. Doch in einer Seitenstraße sieht Zin einen Mann, der Flugblätter verteilt. Zu seinem Erstaunen sind es dieselben Blätter, die er mit seinem Meister gedruckt hat. Erst, als er wieder zu Hause ist und gegessen hat, was die anderen übriggelassen haben, entziffert Zin das erste Wort: Streik.

Hassan Zahreddine erzählt in der Geschichte das Leben seines Vaters, der keine Schule besuchen konnte und der wiederum von seinem Vater zu einer Druckerei gebracht wurde, in der er ab seinem neunten Lebensjahr arbeiten musste. Später arbeitete der Vater des Autors als Schriftsetzer und informierte die Menschen im Libanon mit gedruckten Texten über die Gerechtigkeit. Die Liebe zur Drucktechnik, so schreibt Hassan Zahreddine in einem Nachwort, hat er von seinem Vater geerbt. So hat er Malerei in Beirut sowie Druckgrafik in Montreal studiert, was ihm ermöglichte, seine Illustrationen mittels einer aufwändigen Mezzotinto-Technik auf Kupferplatten zu übertragen. Die grau-schwarz-braun dominierenden Farben der so veränderten Illustrationen fallen sofort auf und sind zumindest für ein Kinderbuch, das sonst nicht bunt genug sein kann, ungewöhnlich. Vielleicht macht aber gerade die Farbarmut den Reiz der Bilder aus und fordern den Betrachter zum längeren Verweilen auf, denn sie strahlen ohne Zweifel eine besondere Atmosphäre aus, der man sich nur schwer entziehen kann.

Mit dem Kinderbuch „Zin“ führt Hassan Zahreddine den Kindern vor Augen, dass nicht alle Menschen jeden Tag einen gedeckten Tisch haben und vor allem, dass es nicht allen Kindern auf dieser Welt vergönnt ist, zumindest nach der Schule und in den Ferien genügend Zeit zum Spielen zu haben. Wenn in der Geschichte auch nicht näher darauf eingegangen wird, dass Kinderarbeit nicht immer wie dem Protagonisten Spaß macht, denn mitunter müssen schwere körperliche Arbeiten verrichtet werden, die zudem gefährlich und gesundheitsschädlich sind, bekommen die Kleinen einen ersten Eindruck vom Leben eines Kindes, das im Libanon aufgewachsen ist. Last but not least könnte das Kinderbuch, das den Kleinen ab einem Alter von sechs Jahren vorgelesen werden kann, ihren Ehrgeiz zum Lesen lernen wecken, denn früh übt sich, wer ein Meister werden will!

Zin von Hassan Zahreddine

Zin
Übersetzung von Leila Chammaa
Baobab Books 2022
Hardcover
32 Seiten
ISBN 978-3-907277-12-6

Bildquelle: Baobab Books
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