Zwischen Realität und Fiktion: Eine Reise auf den Spuren Solimans

Zu den Elefanten

Familienurlaub mit Spannungen

Der mit Korrektur- und Lektoratsarbeiten beschäftigte Kulturwissenschaftler Theo verbringt mit seiner Ehefrau Anna und dem siebenjährigen Sohn Moritz wie jedes Jahr die Sommerferien im Salzburger Lungau. Doch die eheliche Beziehung ist von Spannungen überschattet, und es kommt zu Streitigkeiten. Da Anna als Biologin ohnehin wieder ihrer Arbeit nachgehen muss, entscheidet sich Theo zu einer Reise, die er allein mit Moritz unternehmen will: Die beiden wollen in umgekehrter Richtung der Route des Elefanten Soliman folgen. In Salzburg hoffen sie, auf dessen legendäre Route zu stoßen, und wollen mindestens bis Genua gelangen – wenn nicht sogar bis Madrid. Theo plant, in Gasthäusern zu übernachten, die sich entlang der Route befinden und nach dem Elefanten benannt wurden. Da sein Sohn den Wunsch nach einem eigenen Zelt geäußert hat, besorgt er zudem zwei Zelte. Nur mit einem Netbook, einem Smartphone sowie einer Nintendo-Switch-Konsole machen sich beide auf den Weg.

Historischer Hintergrund: Der Elefant Soliman

Um es vorwegzunehmen: Der in dem Roman Zu den Elefanten* mehrfach erwähnte Elefant Soliman, ein Geschenk an den Neffen Maximilian des späteren Kaisers Maximilian II., hat tatsächlich existiert. Er überquerte die Alpen entlang der heutigen Brennerautobahn von Spanien bis Wien. Soliman und seine Gefolgschaft erreichten die österreichische Hauptstadt im März 1552. Real sind auch die von Peter Karoshi genannten Unterkünfte wie das Hotel Elefant in Bozen oder das Hotel Elephant in Brixen, das aus einer einfachen, um 1500 erbauten Herberge entstand. Mit der Namensgebung erinnert man an die Reiseroute des berühmten Elefanten.

Eine Reise zwischen Traum und Wirklichkeit

Der Protagonist erzählt das Geschehen in gehobener Sprache und in einer Art Tagebuchform. Es fällt dem Leser schwer, sich mit seiner Person zu identifizieren, da sein ganzes Handeln irgendwie irreal erscheint. Eines Morgens ist plötzlich sein Sohn Moritz samt Zelt verschwunden. Theo zieht zwar in Erwägung, dass dieser einen Unfall erlitten haben könnte, doch weitgehend unbekümmert setzt er seine Wanderung fort und hofft, den erst Neunjährigen wiederzufinden. Ihm selbst widerfahren auf seiner fortgesetzten Alpenüberquerung die verrücktesten Dinge: So muss er eines Tages fliehen, weil ihm ein Mord angehängt werden könnte, und nach einem Sturz wird er im Krankenhaus behandelt. Während seiner Suche nach Moritz trifft er auf Menschen, die ihm begegnet sein wollen, sein erst neunjähriges Kind jedoch auf etwa zwanzig Jahre schätzen. Als Theo wieder mit ihm vereint ist, wird der Grund des Verschwindens nicht erörtert. Wie selbstverständlich beschließen Vater und Sohn, zur Mutter heimzukehren.

Flucht vor der Realität?

Dass Theo eine Wanderung mit seinem Sohn Moritz unternommen hat, könnte als Ausweg oder fast schon als Flucht vor dem, was ihm sein zukünftiges Leben noch bietet, interpretiert werden. Denn das Verhältnis zu seiner Ehefrau ist nicht zum Besten bestellt. Befremdlich wirkt seine Feststellung, „verheiratet mit Anna, der ebenbürtigen Kaiserin von was auch immer“ zu sein. Peter Karoshi lässt in seinem Roman Zu den Elefanten* philosophische Gedanken einfließen, wenn sich sein Protagonist beispielsweise fragt, wo die Grenze zum Fremden liegt beziehungsweise ab wann jemand als fremd gilt. Das Buch mag für die einen ein herausragendes literarisches Werk darstellen, während es für andere eine Anhäufung surrealer Geschehnisse ist. Zwar gibt der Autor im letzten Kapitel eine Erklärung für die eine oder andere unreal erscheinende Begebenheit, doch letztendlich bleiben eine Reihe Fragen offen, die den interessierten Leser noch lange beschäftigen.

Zu den Elefanten von Peter Karoshi

Buchcover des Romans Zu den Elefanten
Leykam Verlag 2021
Hardcover
208 Seiten
ISBN 978-3-7011-8187-2

Bildquelle: Leykam Verlag

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