Zu den Elefanten von Peter Karoshi

Zu den ElefantenDer mit Korrektur- und Lektoratsarbeiten beschäftigte Kulturwissenschaftler Theo verbringt mit seiner Ehefrau Anna und dem siebenjährigen Sohn Moritz wie jedes Jahr die Sommerferien im Salzburger Lungau. Doch die eheliche Beziehung ist überschattet und es kommt zu Streitigkeiten. Da Anna als Biologin ohnehin wieder ihrer Arbeit nachgehen muss, entscheidet sich Theo zu einer Reise, die er alleine mit Moritz unternehmen will: Die beiden wollen in umgekehrter Richtung der Route des Elefanten Soliman folgen. In Salzburg hoffen sie auf seine legendäre Route zu stoßen und wollen mindestens bis Genua gelangen, wenn nicht sogar bis Madrid. Theo plant, in Gasthäusern zu übernachten, die sich auf der Route befinden und nach dem Elefant benannt wurden. Da sein Sohn den Wunsch nach einem eigenen Zelt geäußert hat, besorgt er zudem auch zwei Zelte. Nur mit einem Netbook und Smartphone sowie einer Nintendo-Switch-Konsole machen sich beide auf den Weg.

Um es vorweg zu nehmen: Der in der Novelle „Zu den Elefanten“ mehrfach erwähnte Elefant Soliman, der ein Geschenk an den Neffen Maximilian des späteren Kaisers Maximilian II war, hat tatsächlich existiert und die Alpen entlang der heutigen Brennerautobahn von Spanien bis Wien überquert. Soliman und seine Gefolgschaft erreichten die österreichische Hauptstadt im März 1952. Real sind auch die von Peter Karoshi genannten Unterkünfte wie das Hotel Elefant in Bozen oder das Hotel Elephant in Brixen, das aus einer einfachen, um 1500 erbauten Herberge entstand. Mit der Namensgebung will man an die Reiseroute des berühmten Elefanten erinnern.

Der Protagonist erzählt das Geschehen in gehobener Sprache und einer Art Tagebuchform. Es fällt dem Leser schwer, sich mit seiner Person zu identifizieren, da sein ganzes Handeln irgendwie irreal erscheint. Eines Morgens ist plötzlich sein Sohn Moritz samt seinem Zelt verschwunden. Theo zieht zwar in Erwägung, dass dieser einen Unfall erlitten haben könnte, doch weitgehend unbekümmert setzt er seine Wanderung fort und hofft, den erst Neunjährigen wiederzufinden. Ihm selbst widerfahren auf seiner fortgesetzten Alpenüberquerung die verrücktesten Dinge: So muss er eines Tages fliehen, weil ihm ein Mord angehängt werden könnte und nach einem Sturz muss er im Krankenhaus behandelt werden. Während seiner Suche nach Moritz trifft er auf Menschen, die ihm begegnet sein wollen, sein erst neunjähriges Kind jedoch auf etwa zwanzig Jahre schätzen. Als Theo wieder mit ihm vereint ist, wird der Grund des Verschwindens nicht erörtert. Wie selbstverständlich beschließen Vater und Sohn zur Mutter heimzukehren.

Dass Theo eine Wanderung mit seinem Sohn Moritz unternommen hat, könnte als Ausweg oder fast schon als Flucht vor dem, was ihm sein zukünftiges Leben noch bietet, interpretiert werden. Denn das Verhältnis zu seiner Ehefrau ist nicht zum Besten bestellt. Befremdlich ist seine Feststellung, „verheiratet mit Anna, der ebenbürtigen Kaiserin von was auch immer“ zu sein. Peter Karoshi lässt in seiner Novelle „Zu den Elefanten“ philosophische Gedanken einfließen, wenn sich sein Protagonist beispielsweise fragt, wo die Grenze zum Fremden liegt beziehungsweise ab wann jemand als fremd gilt. Das Buch mag für die einen ein herausragendes literarisches Werk darstellen, während es für andere eine Anhäufung surrealer Geschehnisse ist. Zwar gibt der Autor im letzten Kapitel eine Erklärung für die eine oder andere unreal erscheinende Begebenheit, aber letztendlich bleiben eine Reihe Fragen, die den interessierten Leser noch länger beschäftigen können.

Zu den Elefanten von Peter Karoshi

Zu den Elefanten
Leykam Verlag 2021
Hardcover
208 Seiten
ISBN 978-3-7011-8187-2

Bildquelle: Leykam Verlag
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