Die Manon Leseaut von Turdej von Wsewolod Petrow

Die Manon Leseaut von TurdejVon Puccini gibt es eine Oper mit dem Titel „Manon Lescaut“, deren Handlung auf dem Roman „Geschichte des Chevalier des Grieux und der Manon Lescaut“ basiert. Der wiederum war Vorlage für die Novelle „Die Manon Lescaut von Turdej“ von Wsewolod Petrow. Der Begriff der Manon Lescaut steht für Schönheit und eine Frau, die für die Liebe wie geschaffen ist, aber auch für Verrat und Unglück.

Mit seinem Kollegen Aslamasjan ist ein Offizier, der unter heftigen Anfällen mit Atemnot und Todesangst leidet, zum Militärspital abkommandiert. Auf dem Weg zur Front teilen sie sich mit Anderen einen Waggon, unter ihnen die Ärztin Nina Aleksejewna und die Schwester Vera Muschnikowa. Der Offizier kann seine Blicke nicht von der erst 20-jährigen Vera lassen und verliebt sich unsterblich in sie. Als Vera dem Hauptmann Rosaj schöne Augen macht, spricht man im Waggon über den Offizier und macht sich über ihn lustig. Für seine Liebe zu Vera sieht er keine Zukunft mehr. Doch dann entschuldigt sich Vera bei ihm und schwört ihm ewige Liebe. Das Gerede unter den Mitreisenden nimmt zu, so dass es die Ärztin Nina nicht mehr aushält und sie in einen anderen Waggon zieht. Vera fühlt sich immer minderwertiger und wird zunehmend eifersüchtig auf Nina, weil der Offizier sich zu wenig mit ihr, dafür aber umso mehr mit Nina unterhält. Nachdem ein Bombenangriff auf den Zug verübt wurde und alle Unterschlupf in einem Dorf finden mussten, fürchtet der Offizier zunehmend eine nahende Katastrophe.

Wsewolod Petrow hat in „Die Manon Lescaut von Turdej“ darauf verzichtet, seinem Protagonisten, der in der Ich-Form erzählt, einen Namen zu geben. Ebenfalls lässt er unerwähnt, wo die Geschichte stattfindet, denn als Handlungsorte gibt er lediglich den ersten Buchstaben, gefolgt von Sternchen, an. Es ist Krieg, aber der Leser weiß nicht, welcher. Immerhin ist von einem Automobil die Rede, so dass es sich um den 1. oder 2. Weltkrieg handeln könnte.

In einem fast sieben Seiten umfassenden Kommentar nimmt Olga Martynova Bezug auf Textstellen, die für das Verständnis der Novelle von Bedeutung sind. Dass der Offizier beispielsweise als Leser von „Die Leiden des jungen Werthers“ von Goethe die sowjetische Realität ignoriert und er allein schon deshalb ein Spion und Verräter gewesen wäre, wird erst durch die Kommentare klar.

Und in einem 20-seitigen Nachwort von Oleg Jurjew informiert er den Leser darüber, dass die Anregung zu dieser Novelle wahrscheinlich von der Lektüre „Weggefährten“ von Vera Panowa stammt. Interessant ist, dass „Die Manon Lescaut von Turdej“ erst fast drei Jahrzehnte nach dem Tod von Wsewolod Petrow veröffentlicht wurde, obwohl der Autor sie gerne seinen Bekannten zeigte und beispielsweise an seinen Geburtstagen den Gästen aus seiner tragischen Novelle vorlas. Sie erinnert mit der unglücklichen Liebesgeschichte an die Theaterstücke von Ibsen, obwohl Petrow erst sechs Jahre nach dessen Tod zur Welt kam. Freunde russischer Literatur dürften wie die Moskauer, für die die Veröffentlichung 2006 eine kleine Sensation war, begeistert sein.

Die Manon Leseaut von Turdej von Wsewolod Petrow

Die Manon Leseaut von Turdej
Übersetzung von Daniel Jurjew
Weidle Verlag 2012
Broschur
126 Seiten
ISBN 978-3-938803-48-6

Bildquelle: Weidle Verlag
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