Ein junges Paar verbringt einige Tage in Las Vegas. Noch berauscht vom letzten Abend wacht Lisa in einem Hotelzimmer auf. Es fällt ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie erinnert sich daran, Mojito getrunken zu haben, aber auch daran, dass sie nicht so viel trinken wollte, da sie mit ihrem Freund nach Hause fliegen muss. Doch wo bleibt Tom? Ihr Reisepass scheint auch nicht im Zimmer zu sein. Sie kann kaum aufstehen und ihr fehlen zwölf Stunden, die einfach aus ihrem Gedächtnis gelöscht sind. Irgendjemand muss Drogen in ihren Drink gemischt haben. Hat Tom ihr die Drogen untergemischt? Sie muss sich aufraffen und ihn finden. Hat er das Geld für den Rückflug verspielt? Oder ist er bei einer anderen? Immerhin hat er sie schon einmal betrogen. Nach ihrer ergebnislosen Suche stellt sie mit Entsetzen fest, dass ihr nur noch dreißig Minuten zum Packen und Duschen bleiben, bevor sie sich auf den Weg zum Flughafen machen muss.
Die Geschichte Wenn Rot kommt* verwirrt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite. Zunächst fällt auf, dass die Kapitel numerisch nicht geordnet sind. Das Schriftbild wechselt in Größe und Farbe, gelegentlich ist der Druck auch fett und die Sätze sind oftmals nicht vollständig, denn das letzte Wort fehlt. Dem Text von Petra Piuk hat Barbara Filips eine Vielzahl künstlerisch recht aufwändig gestalteter, teilweise doppelseitige Fotografien hinzugefügt, die für sich gesehen interessant sind und ihren Reiz haben, doch nicht unbedingt einen Zusammenhang zu der Geschichte erkennen lassen. Für den Leser ist zunächst nicht festzustellen, worum es überhaupt geht. Wenn er sich zum Weiterlesen überwinden kann, wird ihm im weiteren Verlauf klar, dass ein Paar einige verrückte Tage in Las Vegas verbringt.
In Lisas Erinnerungen, die sie in der Ich-Form erzählt, vermischen sich Realität mit Halluzination, so dass auch dem Leser nicht unbedingt klar ist, was wozu gehört: Tom hat ihr gelegentlich ein halbes Ecstasy angeboten und Kokain zerkleinert. Zusammen haben sie eine Sightseeing-Tour gemacht, waren in einem Einkaufszentrum, im Casino und haben abgemacht, Wenn Rot kommt*, dann machen wir dieses oder jenes. Versehentlich sind sie eines Tages in einem Tunnel gelandet, in dem sich Dealer und Zuhälter vor der Polizei versteckt halten müssen. Das Zimmermädchen Maria hat ihnen von ihrem kranken Mann und Sohn Miguel erzählt, dem sie aufgrund der ärmlichen Verhältnisse nicht einmal ein Weihnachtsgeschenk kaufen kann.
In einer Cocktailbar bekam Lisa von Tom einen Heiratsantrag. Doch schon wenige Tage nach der Hochzeit musste Lisa mitansehen, wie Tom sie mit Heather im Schlafzimmer betrogen hat. In einer anderen Situation hat Tom eine Prostituierte im Hotelbett „gefickt“. Doch ein Kind von Traurigkeit ist Lisa nicht, da ihr Tom eine Pistole einführen durfte, was bei ihr zu einem Orgasmus geführt hat, sofern die Autorin das mit Lisas Explosion ausdrücken wollte. Unverständlich ist, warum immer mal wieder spanische Wortfetzen in dem Plot vorkommen. Und die Katzenköpfe auf den Plüschsocken von Lisa, die immer drei Mal miauen, erinnern an eine traurige Geschichte von Wilhelm Busch, in der Paulinchen nicht auf die miauenden Katzen hört. Schließlich gibt es auch noch einen mysteriösen Clown in der wirren Geschichte, der allem Verständnis nach der Einbildung von Lisa entsprungen ist und ihr unerbittlich zuflüstert, dass sie sich eine Videoaufnahme vom Vorabend ansehen soll, die ihr Klarheit bringen könnte. Zurück bleibt ein nachdenklicher, über lange Zeit verstörter Leser.
Wenn Rot kommt von Petra Piuk
Verlag Kremayr & Scheriau 2020
Hardcover
192 Seiten
ISBN 978-3-218-01227-0