Die vierunddreißigjährige Atlanta Langenbeck ist Mathematikerin und wartet am Bahnhof auf den in München lebenden Malte, den Vater ihres noch ungeborenen Kindes. Während der ICE einrollt, klingelt ihr Handy. Die Polizei teilt ihr mit, dass man Malte tot in seiner Wohnung aufgefunden hat. Für Atlanta bricht eine Welt zusammen, zumal es sich eindeutig um Suizid gehandelt haben soll und Malte auch keinen Abschiedsbrief hinterlassen hat. Verzweifelt sucht sie ihre Gynäkologin auf und erfährt, dass es in der neunzehnten Schwangerschaftswoche für einen Abbruch zu spät ist. Auf dem Rückweg stößt sie mit dem Fahrrad von Enza Salino zusammen, die in Bad Vilbel als Fahrradhändlerin arbeitet und mit der sie sich anfreundet.
Atlanta entdeckt beim Ausmisten der Sachen von Malte ein Notizheft mit vier Namen und vollständigen Adressen: Aki aus Freiburg, Sébastien aus Marseille, Antonio aus Barcelona sowie Isabella aus Noto. Laut Atlantas Recherche liegt Noto bei Catania auf Sizilien. Im Internet wird sie lediglich bei Isabella fündig, die dort im Impressum eines Hotels genannt wird. In der Hoffnung, in Noto Antworten auf ihre Fragen zu finden, will sie nach Sizilien reisen.
Enza, deren Vater in einem Pflegeheim lebt, will sich in Zukunft mehr um ihre Mutter Hilde kümmern können und zu ihr ziehen. Doch diese kann ihre Tochter dazu überreden, zuvor noch ihre väterlicherseits aus Sizilien stammenden Verwandten zu besuchen, da sie die noch nie gesehen hätte. Die Tante aus Noto würde sich über ihren Besuch freuen und sie erwarten. Wenig überzeugt, macht sie sich mit der Honda Rebel ihres Vaters auf den Weg, will sich jedoch vorher noch von Atlanta verabschieden. Als klar wird, dass beide dasselbe Ziel haben, gibt Enza zu bedenken, dass Atlanta als Schwangere das Motorrad besteigen müsste und es direkt losgehen soll. In Windeseile ist Atlanta abreisebereit.
Während Enza in Freiburg fiebernd das Bett hüten muss, streift Atlanta alleine durch Freiburg und sucht die erste Adresse auf. Wird sie hier Näheres über die Umstände zum Tod von Malte erfahren? Sie organisiert eine Mitreisegelegenheit nach Marseille und erreicht schließlich auch Barcelona. Die mittlerweile gesund gewordene Enza setzt ebenfalls alleine ihre Reise fort und kommt über die Schweiz bis nach Italien. Erst da entdeckt sie etwas in ihrem Rucksack, was ihre Reisepläne verändert.
Sita Maria Frey beginnt mit einem Prolog, der wie der Epilog in der Ich-Form geschrieben ist. Gleich zu Beginn nimmt die Autorin quasi das Ende vorweg, indem Enza mit der kurz vor der Geburt stehenden und unter Wehen leidenden Atlanta auf einem Motorrad auf Sizilien unterwegs ist. Der nur mäßig wörtliche Rede enthaltene Roman Tage wie Salzwasser* ist dagegen in der Erzählform verfasst, wobei in Rückblicken immer wieder vom früheren Leben der beiden Protagonisten die Rede ist. Da sich die Frauen praktisch fremd sind, macht sich jede ihre Gedanken über die andere, was für den Leser gerade deshalb interessant ist, weil er mehr über deren Lebenssituation weiß.
Zunächst kann sich der Leser keinen Reim darauf machen, wenn es kurz angeschnitten im Prolog heißt, Enza könne seit damals kein Blut sehen. Denn erst später erfährt er von ihrem im Park zusammengeschlagenen Vater, der „unter einem Berg blutiger Verbände“ im Krankenhaus verstorben ist. Sita Maria Frey sorgt neben reichlich Lokalkolorit für amüsante Unterhaltung während eines Dialogs in Marseille oder auch, wenn Atlanta in Enza eine Riesin sieht und diese mit einem Disney-Rehkitz vergleicht. In dem gesellschaftskritischen und mit philosophischen Ansätzen versehenen literarischen Werk Tage wie Salzwasser* sind Zufälle Programm, was jedoch das Interesse des Lesers am Fortgang der Handlung in keiner Weise schmälert. Im Gegenteil: Er ist auf das Zusammentreffen der drei in dem Notizheft von Malte aufgeführten Personen mit Atlanta gespannt und darf sich auf jede Menge Höhen und Tiefen in dem intelligenten Plot freuen!
Tage wie Salzwasser von Sita Maria Frey
Droemer Verlag 2025
Hardcover
320 Seiten
ISBN 978-3-426-56461-5