Sumpffieber von Vicente Blasco Ibáñez

SumpffieberDer an der Küste des Golfs von Valencia gelegene Naturpark L‘Albufera ist ein Feuchtgebiet mit dem größten Süßwassersee Spaniens, durch den heutzutage verschiedene Führungen angeboten werden. Bereits im 15. Jahrhundert haben die Bewohner in der Lagune Erde für ein Sumpfbett zwecks Reisanbau aufgeschüttet, der sich später hervorragend für die Paella eignete. Das Gebiet der Albufera ist Handlungsort der neu aufgelegten Reihe Vergessene Moderne des im Jahr 1902 entstandenen Romans Sumpffieber* von Vicente Blasco Ibáñez.

Paloma lebt wie alle Dorfbewohner von Palmar vom Fischfang. Doch sein Sohn Toni will nicht Fischer werden und träumt vom Reichtum eines Grundbesitzers. Immerhin beugt er sich dem Befehl seines Vaters, heiratet und bekommt mit Tonet einen Sohn. Gegen den Willen von Paloma pachtet er Reisfelder. Als seine erste Ernte durch das Eindringen von Salpeter vernichtet wird, reagiert sein Vater mit Schadenfreude, gehört doch ein Paloma aufs Wasser. Auf die Missernte folgen für Toni gute Jahre und da die Geburt einer Tochter ausbleibt, adoptiert er das Findelkind Borda.

Der mittlerweile erwachsene Tonet geht zunächst seinem Großvater Paloma zur Hand, verbringt dann jedoch lieber seine Zeit mit Neleta und Sangonera aus Kindheitstagen. Beim Holz sammeln verlaufen sich Tonet und Neleta in der Dehesa (laut Glossar beweidete Eichenhaine), die von nun an als verlobtes Paar gelten. Sangoneras gleichnamiger Vater gleitet unterdessen während des Alkoholrausches im Schlamm aus und ertrinkt.

Tonet, der die Arbeit für seinen Vater und Großvater nach kurzer Zeit wieder aufgegeben hat und Borda in jeder Hinsicht schlecht behandelt, zieht es nach Kuba. Seine Verlobte Neleta scheint er vergessen zu haben. Diese arbeitet in der Taverne des über Nacht reich gewordenen Cañamel, Besitzer eines Etablissements in Palmar, der ihren Reizen nicht widerstehen kann und sie ehelicht. Es gehen Jahre ins Land, der kubanische Krieg geht zu Ende und Tonet kehrt heim. Böse Zunge sprechen von einer heimlichen Beziehung zwischen ihm und Neleta, die zur reichsten Frau des Dorfes aufgestiegen ist. So sehr Cañamel den Kubaner, wie Tonet seit der Rückkehr genannt wird, anfangs mochte und ihn finanziell unterstützte, so wächst sein Hass auf ihn, weil er seiner Vertragspflicht nicht nachkommt. Als sich der Gesundheitszustand von Cañamel zunehmend verschlechtert, bestimmt er in seinem Testament Neleta zur alleinigen Erbin, die allerdings bei einer Liebesbeziehung die Hälfte verliert.

Das Drama des Romans Sumpffieber* ist vorprogrammiert, denn das Liebesverhältnis zwischen Neleta und Tonet bleibt nicht ohne Folgen. Zu früh ist ihr Ehemann verschieden, dem sie das Kind nicht mehr zuschieben kann und sowohl bei ihr, wie auch bei dem aus Kuba Heimgekehrten steht die Geldsucht an erster Stelle. Da sie keinen Ausweg aus dem Dilemma sieht, verlangt sie von Tonet, das Kind in der Hoffnung, es möge ihm gutgehen, in Valencia auszusetzen. Doch Tonet bleibt keine andere Wahl als das Kleine im Sumpf zu ertränken.

Da der zugrundeliegende Roman, der aus dem Spanischen in überarbeiteter Übersetzung von Otto Albrecht van Bebber übersetzt wurde, von Vicente Blasco Ibáñez vor über einhundert Jahren geschrieben wurde, hat dieser Sexualität nur in sinnlichen Worten angedeutet. So bleiben Aussagen wie „ihr frühreifer Instinkt des Weibes…diese süße Wärme gehabt, die in seine Adern einzudringen schien und ihm zu Kopf stieg wie der Wein“ der Fantasie des Lesers überlassen. Neleta wird vom Autor eindeutig als verschlagen charakterisiert, denn „ihre Minen verraten Geringschätzung für ihren Ehemann“ und wenn dieser fürchtet, dass sich Tonet eines Tages in seinem Bette einquartiert, reagiert sie mit einem „diabolischen Lächeln“.

Da laut Anmerkung des Lektors im Original der Sohn des Paloma mal Toni, mal Tono genannt wurde, ist auch der zu Anfang erwähnte Tono mit dem späteren Toni gleichzusetzen. Der Roman verdeutlicht das einfache und bitterarme Leben der Landbevölkerung zur damaligen Zeit, deren Wäsche im fauligen Wasser der Kanäle nach Schlamm roch, wo das Aufschütten der Lagune mit Erde einer Sisyphusarbeit glich und wo gelegentlich nur auf feuchtem Lehmboden geschlafen werden musste. Auf der anderen Seite kannte man die Krankheit der Reichen, die im Plot Cañamel befiel. Insgesamt hat der Autor von der wörtlichen Rede wenig Gebrauch gemacht und Handlungen wie das Fest zu Ehren des Jesuskindes ausgeschmückt. Dennoch vermag der Plot den Leser mit einem sich wie ein Strick um den Hals ziehenden Drama zu fesseln.

Sumpffieber von Vicente Blasco Ibáñez

Sumpffieber
Übersetzung von Otto Albrecht van Bebber
Mediathoughts Verlag 2023
Hardcover
300 Seiten
ISBN 978-3-947724-46-8

Bildquelle: Mediathoughts Verlag

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