Zwischen Schuld, Schweigen und Stoizismus – Georg Unterholzners „Mörderlatein“ im Spiegel Epiktets

Buchcover des Kriminalromans Mörderlatein

Eine nächtliche Entdeckung mit Folgen

„Anytos und Meletos können mich zwar töten, aber schaden können sie mir nicht.“ – Dieser zentrale Gedanke aus Epiktets Handbüchlein der Moral* spielt eine Schlüsselrolle in Georg Unterholzners Kriminalroman Mörderlatein*.

Nach einem Pink-Floyd-Konzert fahren die Freunde Max und Kaspar mit dem Motorrad zurück ins Kloster-Internat Heiligenbeuern. Im Licht der Scheinwerfer entdecken sie einen Unfallwagen: Ein dunkelblauer Jaguar ist von der Straße abgekommen und hat einige Sträucher mitgerissen. Das Auto weist nur geringe Schäden auf, doch der Fahrer – äußerlich unverletzt – ist tot. Die beiden können die Polizei nicht verständigen, da sie sich unerlaubt aus dem Internat entfernt haben. Kurz vor dem Abitur würde ein Verweis schwer wiegen. Als sich ein anderer Wagen nähert, fliehen Max und Kaspar.

Verdacht und Detektivarbeit auf eigene Faust

In den darauffolgenden Tagen wundern sich die Jugendlichen: Der Unfall, trotz Todesopfer, wird in keiner Zeitung erwähnt. Der kriminalistische Spürsinn von Max ist geweckt – er ist begeisterter Krimileser und hat in der Vergangenheit bereits zur Lösung kleinerer Fälle beigetragen. Gemeinsam wenden sie sich an Inspektor Huber, doch dieser weiß ebenfalls nichts von einem tödlichen Unfall.

Kurz darauf erscheint der besagte Jaguar auf dem Schulgelände – am Steuer: ihre Lateinlehrerin Frau Laaf, von den Schülern liebevoll „Lovely Rita“ genannt. Ihr Ehemann ist Besitzer der Geretsrieder Motorenwerke. Max und Kaspar besuchen das Verkaufsbüro des Unternehmens, um herauszufinden, ob Herr Laaf noch lebt. Dieser empfängt sie zwar kurz, ist aber nicht der Tote vom Unfallort. Von seinem Geschäftspartner, Herrn Kornheim, heißt es lediglich, er sei krank – doch niemand weiß, wann (oder ob) er zurückkehren wird…

Der nicht gelöste Fall – ein erzählerisches Wagnis

Ungewöhnlich für einen Krimi: Am Ende des Romans wird der Mord nicht aufgeklärt. Der Fall wird offiziell zu den Akten gelegt – zur Zufriedenheit aller, außer des Lesers. Dieser bleibt mit einem unguten Gefühl zurück. Und wer den Schlüssel zum Verständnis der Geschichte sucht, greift womöglich, wie Max, zu Epiktets Handbüchlein der Moral*.

Fazit: Krimi trifft Philosophie

Georg Unterholzners Mörderlatein* ist mehr als ein gewöhnlicher Kriminalroman. Trotz einer scheinbar unspektakulären Handlung gelingt es dem Autor, humanistische Bildung in eine spannende Geschichte zu verpacken. Die philosophische Reflexion – insbesondere durch die Einbindung stoischer Gedanken – verleiht dem Roman Tiefe.

Leseempfehlung: Sowohl Mörderlatein* als auch Epiktets Handbüchlein der Moral* sind lohnenswerte Lektüren – unterhaltsam, hintergründig und gedanklich anregend.

Mörderlatein von Georg Unterholzner

Buchcover des Kriminalromans Mörderlatein
Rosenheimer Verlagshaus 2010
Broschur
288 Seiten
ISBN 978-3-475-54051-6

Bildquelle: Rosenheimer Verlagshaus

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