Ein Ehepaar im Reisefieber
Seit nunmehr drei Jahren genießt Günther Schmidt das Rentendasein und verbringt seinen Lebensabend mit seiner Ehefrau Rosa. Wie bei vielen älteren Menschen plagen sie kleinere Zipperlein, und ihre Gedanken kreisen um mögliche Grippeinfektionen oder beginnende Arthrose. Nachdem ihre Freunde sogar bis ins südamerikanische Patagonien gereist sind, wollen auch sie sich endlich einmal etwas gönnen.
Allerdings stellen sie fest, dass ihre Vorstellungen von Urlaub weit auseinandergehen: Während Günther einen Campingurlaub favorisiert, möchte sich Rosa lieber auf einer Kreuzfahrt verwöhnen lassen. Tochter Julia hat die rettende Idee für das Dilemma und schlägt einen Wettstreit vor. Jeder darf einen Urlaub nach seinen Wünschen planen – am Ende soll der Spaßfaktor entscheiden.
Camping mit Hindernissen
Bereits bei den Planungen des Campingurlaubs stellt Günther fest, dass alles gar nicht so einfach ist. Er hat weder Ahnung, wie das mit dem Gas funktioniert, noch weiß er, wie man eine Campingtoilette benutzt. Zum Glück kann er sich von erfahrenen Campern beraten lassen.
Endlich naht der große Tag, der jedoch für Rosa eine erste Ernüchterung bereithält: Statt der versprochenen Hängeschränke findet sie im Wohnmobil nur „Mini-Kästchen“ vor. Auf dem Campingplatz am Gardasee erwarten sie weitere unangenehme Überraschungen, und selbst der Ausflug nach Verona gestaltet sich schwieriger als gedacht.
Kreuzfahrt mit Kultur und Klischees
Nach ihrer Rückkehr plant Rosa ihren Traumurlaub und präsentiert Günther ihren Teil des Wettbewerbs: eine Kreuzfahrt zu den norwegischen Fjorden, bei der als Highlight ein bekannter Künstler an Bord auftreten wird.
Das geheime Reisetagebuch von Rosa Schmidt Mein Mann, der Rentner, auf Tour statt Kur* stammt von der Journalistin Anne Hansen und ist bereits der zweite Band ihrer Rentner-Tagebücher. Rosa beschreibt darin klischeehaft die wenig appetitliche Benutzung der Gemeinschaftstoiletten und Duschen auf dem Campingplatz. Sie schildert Ereignisse auf der Kreuzfahrt und gibt dem Leser – den sie mit dem unpersönlichen „SIE“ anspricht – gelegentliche Tipps für den Fall, dass auch er einmal eine Kreuzfahrt unternehmen möchte.
Zwischen Humor und Belanglosigkeit
Der Plot bietet ohne Zweifel einige amüsante Episoden, und die Tagebucheintragungen sind in einem flotten Schreibstil verfasst. Doch auf der anderen Seite dominieren belanglose Ereignisse. Zu beiden Urlaubsfahrten wird übertrieben ausführlich beschrieben, welche Kleidungsstücke die passendsten sind oder was unbedingt mitgenommen werden muss – wobei das Ehepaar natürlich nicht einer Meinung ist.
Nach dem Verlassen der Wohnung geht es hin und her: Ist die Haustür abgeschlossen? Ist der Herd ausgestellt? Wurde alles getan, um Einbrecher fernzuhalten? Kaum ein Leser wird das gewählte Versteck für den Schmuck witzig finden – zumal es letztlich die Hilfe eines Mitarbeiters der Stadtwerke erforderlich macht.
Nebenschauplätze und persönliche Anekdoten
Gelegentlich ist in den Tagebucheintragungen auch von Tochter Julia die Rede, die nach einer unglücklichen Beziehung zögert, sich auf den Arzt Dr. Lars Friedrichsen einzulassen. Ansonsten überwiegen abgedroschene Gags wie „Runter kommen alle“ im Zusammenhang mit der Sorge vor einem möglichen Absturz.
Immerhin hat Anne Hansen den Genuss des von den britischen Inseln stammenden Gebäcks „Scones“ so realistisch beschrieben, dass sie es vermutlich selbst gekostet hat. Alle anderen Begebenheiten – ob das hysterische Kreischen der weiblichen Fans des Künstlers oder der Massenandrang am Balkon von Romeo und Julia in Verona – könnten durchaus auf eigenen Erfahrungen oder zumindest auf Erzählungen von Freunden beruhen.
Fazit: Ein Wettstreit mit Unterhaltungswert
Wer nichts Tiefsinniges erwartet und zufrieden ist, wenn er gelegentlich schmunzeln kann, sieht der Entscheidung des ehelichen Wettbewerbs mit Freuden entgegen.
Mein Mann, der Rentner, auf Tour statt Kur von Rosa Schmidt
Penguin Verlag 2019
Taschenbuch
368 Seiten
ISBN 978-3-328-10240-3