Liebling, hast du meine Zähne gesehen? von Jürgen Brater

Aus dem Alltag eines nicht mehr ganz jungen Paares!

Liebling, hast du meine Zähne gesehen?Der ehemalige Gymnasiallehrer Hubertus Humpff ist sechsundsiebzig Jahre alt und in zweiter Ehe mit der ehemaligen Schulsekretärin Hulda verheiratet. Langsam machen sich bei ihm erste Alterserscheinungen bemerkbar: Den Mittelstreifen auf der Straße sieht er doppelt und hätte „fast einen Radler über den Haufen gefahren“. Als er beim Putzen seiner Prothese von einem Telefonat überrascht wird, weiß er danach nicht mehr, wo er sie abgelegt hat und fragt Hulda: „Liebling, hast du meine Zähne gesehen?“. Er lässt nichts unversucht, um seiner Glatze wieder zu alter Haarpracht zu verhelfen. Wegen seiner „Wampe“ uriniert er nur noch im Sitzen, und um sein Übergewicht zu bekämpfen, zieht er sowohl eine Umstellung der Ernährung, als auch mehr Bewegung in Betracht.

Da er sein Durchhaltevermögen bei einer Wanderung überschätzt hat, greift er zu einer Notlüge. Letztendlich entscheidet er sich aber doch für einen Tanzkurs. Zu dumm, dass er davon wieder Hunger bekommt! Vom nächtlichen Zucken seiner Beine fühlt sich Hulda gestört, da hilft nicht einmal mehr die Apotheken-Umschau, die quasi Pflichtlektüre ist. Doch Hubertus stört an seiner Frau ebenfalls etwas, nämlich ihre Verschwendung des Toilettenpapiers. Dank einer genialen Idee kann er sogar beweisen, wer das Papier verbraucht hat!

Bestens harmoniert das Ehepaar beim gemeinsamen Einkauf, wobei Hubertus einen Trick verrät, mit dem sich viel Zeit einsparen lässt. Obwohl das Paar erst den zehnjährigen Hochzeitstag feiert, schreibt er die Einladungen zur Silberhochzeit schon am nächsten Tag, und überhaupt hat er, was Feiern anbelangt, längst die Vorteile eines Brunches gegenüber einer Feier am Abend schätzen gelernt. Als er mit seinem Hund Gassi geht, durchströmen ihn plötzlich seit Jahrzehnten nicht mehr gekannte Gefühle. Euphorisch folgt er einer Einladung, die allerdings ein ungeahntes Ende nimmt.

Dass Hubertus bei einer Leserreise für Senioren nicht zu den Ältesten zählt, wäre nicht so tragisch, wenn er von der Reiseleiterin nicht wie ein Vorschulkind behandelt würde. Sein Liebesleben, so stellt er mit Bedauern fest, ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Da kann nur Viagra helfen! Und um gegen die Gedächtnisschwäche anzukämpfen, vertraut er der Empfehlung der Apotheken-Umschau. Zu seinem siebenundsiebzigsten Geburtstag lernt Hubertus die Tücken eines Smartphones kennen und auf einem Straßenfest seinen neuen Nachbarn, der allerdings für reichlich Verwirrung sorgt. Während Hubertus bei einem Klassentreffen viele Ehemalige wiedersieht, trifft er auf der Straße einen früheren Lehrerkollegen, der ihm verrät, wie man ganz umsonst an leckeres Essen kommt.

Das Buch „Liebling, hast du meine Zähne gesehen?“ von Jürgen Brater, der selbst einundsiebzig Jahre alt ist, kann mit den ersten Episoden noch nicht überzeugen. Der Autor berichtet von recht unappetitlichen Dingen, die seinem Protagonisten im Wartezimmer zu Gehör kommen. Die Idee, nicht genutzte Medikamente an Tiere im Zoo zu verfüttern, erinnert eher an einen schlechten Scherz, und allein der Gedanke, dass sich jemand den Urin eines Fischotters auf die Kopfhaut reibt, kann kaum bei einem Leser Lachsalven hervorrufen. Doch beschränken sich diese Minuspunkte lediglich auf den Anfang des Buches.

Über die Blödheit der Figur Hubertus Humpff an einer Kasse kann der Leser nur schmunzeln. Zur Höchstform läuft der Protagonist auf einem Schiff auf, und köstlich ist eine Szene, in der das Ehepaar Humpff es in Punkto Liebesleben den Nachbarn zeigen will. Höchst amüsant auch die Episode, in der Hubertus beim Nachbarschaftsfest eine „lange Leitung“ hat, bevor es bei ihm endlich „funkt“. Das humorvolle Buch sorgt in einigen Geschichten für eine Überraschung und ist ein schönes Geschenk für einen Leser älteren Semesters, der über seine eigene Unvollkommenheit lachen kann.

Liebling, hast du meine Zähne gesehen? von Jürgen Brater

Liebling, hast du meine Zähne gesehen?
Riva Verlag 2019
Broschur
214 Seiten
ISBN 978-3-7423-0912-9

Bildquelle: Riva Verlag
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