Kreta von Andreas Schneider

KretaBei dem Reiseführer „Kreta“ fällt bereits beim Aufschlagen des Inhaltsverzeichnisses die gewählte Gliederung nach Küsten- und Inselabschnitten positiv auf, was aufgrund der langen und schmalen Form der Insel Sinn macht. Um dem Leser einen schnellen Überblick zu ermöglichen, sind jedem Kapitel die jeweiligen Highlights stichwortartig vorangesetzt. Zunächst wird die Hauptstadt Iraklio vorgestellt, deren koloniale Bauten von der venezianischen Architektur zeugen. Es folgen weitere Küsten- und Bergdörfer sowie deren Umgebung, die Auflistung üblicher Sehenswürdigkeiten und obligatorische Empfehlungen für Übernachtungen, zum Essen und Einkäufen, zu Aktivitäten und zum Ausgehen und Feiern.

Andreas Schneider empfiehlt bei der Besichtigung einer der zahlreichen Tropfsteinhöhlen unbedingt die Mitnahme einer Taschenlampe. Wer sich auf eine Wanderung in eine der unzähligen Schluchten begibt, sollte neben Wanderschuhen und -stöcken an ausreichend Trinkwasser denken. Zu einigen Schluchten gibt es eine ausführliche Wegbeschreibung und da, wo für den Unkundigen der Eingang nur schwer auffindbar ist, verrät der Autor, wo eine diesbezügliche Auskunft eingeholt werden kann. Klare und unmissverständliche Wegbeschreibungen erleichtern das Auffinden eines Ziels, weil neben der Angabe, in einen Fahrweg links abzubiegen, auch die Richtung, aus der man kommt, genannt wird.

Wer den Reiseführer in Händen hält, kann einen der schönsten Badeplätze der Insel finden, wo wahlweise in Süß- oder Salzwasser gebadet werden kann, oder er entdeckt den einzigen Süßwassersee der Insel. Außerdem erfährt der Leser, wie er zu zwei an der Westküste gelegenen, mit der Karibik vergleichbaren Traumstränden gelangen kann. In diesem Zusamenhang ist jedoch anzumerken, dass das „Sehnsuchtsziel Elafonisi“ in der Hauptsaison von tausenden Besuchern aufgesucht wird und die Wegbeschreibung zur Piratenbucht Bálos mit „nicht ganz einfach zu erreichen“ ausgesprochen untertrieben ist. Denn wer nicht einen Stellplatz auf dem knapp bemessenen Parkplatz am Ende einer sich endlos hinziehenden, extrem felsigen Schotterstraße bekommt, hat weit mehr als die angekündigten 1,8 Kilometer zu Fuß bis zur türkisfarbenen Lagune zurückzulegen, wobei allein dieser Abschnitt aufgrund der erforderlichen Kondition nicht für jeden bezwingbar ist.

Aber auch, wenn in einer erwähnten Dorftaverne angeblich ein guter Hauswein serviert werden soll, dessen Temperatur den Gast allerdings schon fast an Glühwein erinnert, hält der Reiseführer „Kreta“ nicht nur Reiseinfos von A-Z, Stadtpläne und einen herausnehmbaren Faltplan bereit, sondern informiert darüber hinaus über viele weitere interessante und wissenswerte Details. Wer hätte schon gewusst, dass nicht nur auf Ibiza Hippies in Höhlen gelebt haben, dass sich allein im Mittelmeer etliche Haiarten tummeln, Kreta einst Malariagebiet war und die Bewohner immer noch Blutrache praktizieren?

Andreas Schneider hat auch das aktuelle Flüchtlingsthema nicht ausgespart und schreibt von syrischen Flüchtlingen, deren Vorfahren einst aus Kreta geflohen sind und nun dahin zurückkehren. Selbst eines der düstersten Kapitel deutscher Vergangenheit verschweigt er nicht, denn an vielen Stellen ist im Text immer wieder von grausamen und unmenschlichen Massakern deutscher Wehrmachtsoldaten an der kretischen Bevölkerung die Rede. Insofern ist es schon erstaunlich, dass deutsche Urlauber heutzutage auf der Insel, die auf eine jahrtausendealte Kultur blicken kann, herzlich empfangen werden. Trotz der schonungslosen Erwähnung dieser Ereignisse weckt der Reiseführer dennoch Lust auf eine Erkundung der südlichsten europäischen im Mittelmeer gelegenen Insel.

Kreta von Andreas Schneider

Kreta
DuMont Reiseverlag 2019
Klappenbroschur
304 Seiten
ISBN 978-3-616-02047-1

Bildquelle: DuMont Reiseverlag
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