Alles anders – Auf Umwegen angekommen von Barbara Schwarzl

Alles anders – Auf Umwegen angekommenBeate Thoma ist promovierte Wissenschaftlerin und arbeitet in der pharmazeutischen Industrie, was ihr wenig Freizeit lässt. Sie freut sich mit fast vierzig Jahren endlich auf ein erstes Baby. Voller Übermut glaubt sie fest daran, dass sie mit Clemens, dem werdenden Vater, eine Lösung bezüglich des gemeinsamen Wohnortes finden wird. Denn ihr geschiedener Freund besitzt ein Haus, das er nicht aufgeben will, in dem für Beate allerdings der Geist seiner Exfrau schwebt, was sie bisher davon abgehalten hat, zu ihm zu ziehen. Als sie bei einem Treffen ihm die erfreuliche Nachricht überbringen will, wird sie vor seinen Augen von einem Lastwagen angefahren. Bea, wie er sie nennt, wird zum Glück nicht schwer verletzt, verliert jedoch ihr Baby.

Nach diesem schmerzlichen Verlust ist Bea häufig niedergeschlagen und hofft, dass eine Reise nach Venedig gegen ihre Depressionen helfen wird. Zum Leidwesen von Clemens trifft sie dort nicht nur ihre Freundin Gianna, sondern auch Fabrizio, den sie von früheren Aufenthalten in Venedig kennt. Bea ist gefühlsmäßig nicht nur von dem attraktiven Fabrizio hin- und hergerissen, der ihr eindeutige Avancen macht, sondern auch noch von Matteo, der sich seinerseits mehr erhofft. Nach ihrer Rückkehr in Österreich ist sich Bea immer noch nicht im Klaren darüber, wie ihre Zukunft aussehen soll, weshalb sie eine weitere Reise in die Normandie unternimmt, zu der sie Clemens leider auch wieder nicht begleiten kann.

Die eigentliche Handlung nimmt in dem Roman „Alles anders – Auf Umwegen angekommen“ nur wenig Raum ein. Barbara Schwarzl hat den Focus auf die Beschreibung der beiden von der Protagonistin unternommenen Reisen gelegt. Allein ihre Ausführungen über Venedig nehmen schon etwa zweihundert Seiten ein, wobei der Leser von den massenhaften, detaillierten Schilderungen der vielen Prachtbauten in der Lagunenstadt, der Museumsbesuche und Shoppingtouren mit Einkehr in einer Osteria über die Maßen gelangweilt wird, obwohl die Autorin durchaus erwähnenswerte Informationen preisgibt.

Nach einem kurzen Intermezzo mit Rückkehr zur eigentlichen Handlung verliert der Leser abermals das Interesse am weiteren Geschehen, da Bea in der Normandie die vielen regionalen Sehenswürdigkeiten und das ein oder andere Chateau besichtigt. Kürzere Erwähnungen ohne ausschweifende Charakteristika hätten völlig ausgereicht und den Plot bereichert. Eine interessante Abwechslung bietet sich erst, als Bea bei einer der Unterkünfte den alten Veteranen John Rice kennenlernt, der ihr von der Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie aus eigener Erfahrung erzählt und sie an Originalschauplätze führt. Darüber hinaus macht John Rice die ohnehin in ihrer Gefühlswelt gespaltene Protagonistin mit seinem Enkel Paul bekannt, für den sie – wie könnte es anders sein – ins Schwärmen gerät.

So sehr Barbara Schwarzl ein abwechslungsreicher und durchaus angenehm zu lesender Schreibstil attestiert werden kann, so strapaziert es doch die Nerven, wenn Bea ständig äußert, dass sie eigentlich eine Familie gründen will, sich aber nicht mehr sicher ist; sie bei Bekanntwerden der Schwangerschaft so glücklich war und sie sich so sehr auf das Baby gefreut hat. Sowohl Bea, als auch Clemens, ändern immerzu ihre Meinung: Mal will er mit ihr ein Kind, dann wieder nicht. Mal will Bea in sein Haus ziehen, dann wieder nicht. Und immer ist das Wörtchen aber im Spiel, denn sie liebt ihn, aber…

Ungeachtet dessen hat die Autorin zu vielen historischen Begebenheiten eine ausgezeichnete Recherche betrieben und kritische Punkte angemerkt. Lokalkolorit kann einen Roman beleben, doch in „Alles anders – Auf Umwegen angekommen“ wurden die Ausführungen in inflationärer Weise verwendet und würden thematisch eher in ein Reisetagebuch passen. Wer Spaß daran hat, über lange Strecken nur von Prachtbauten zu lesen, die grandios, phänomenal oder insbesondere wunderschön, dem Lieblingsadjektiv von Barbara Schwarzl, zu lesen, dem mag die Freude daran nicht genommen werden. Wer mehr an der Beziehung von Bea zu ihren Verehrern interessiert ist und wie die Protagonistin ein Fan von Rosamunde Pilcher ist, muss sich im Hinblick auf die seitenlangen Abschweifungen in Geduld üben.

Alles anders – Auf Umwegen angekommen von Barbara Schwarzl

Alles anders – Auf Umwegen angekommen
Novum Pro Verlag 2012
Broschur
544 Seiten
ISBN 978-3-99026-311-2

Bildquelle: Novum Pro Verlag
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