Graff oder Allahs Zorn im Garten Europas von Winfried Veit

Graff oder Allahs Zorn im Garten EuropasDer Ursprung der Anschläge auf das World Trade Center im September 2001, gefolgt von denen in London im Juli 2005 oder in Berlin auf dem Weihnachtsmarkt im September 2016 reicht zurück bis ins 12. Jahrhundert, so schreibt der Politikwissenschaftler Winfried Veit in seinem Buch „Graff oder Allahs Zorn im Garten Europas“. Diese und viele andere Terroranschläge wurden von religiösen Fanatikern ausgeführt, denen es in erster Linie um Macht und Reichtum ging und geht, womit sie in die Fußstapfen etlicher Vorgänger aus vergangenen Jahrhunderten getreten sind. In seinem Roman nimmt das Grenzgebiet zwischen Frankreich, Deutschland und der Schweiz eine Schlüsselstellung ein:

Der im Elsass beheimatete Kommissar-Oberst Jean-Jacques Graff liest einen Zeitungsartikel über in Strasbourg randalierende Jugendliche, die das System hassen, das ihnen keine Chance im Leben gibt. Seit Anfang 1995, so macht der von einem algerischen V-Mann geschriebene Bericht deutlich, nehmen die Krawalle im Vorort Neuhof zu, der zu einer der Vorstädte des Islam in Frankreich zählt. Als Verantwortlicher für die Bekämpfung des ausländischen Terrorismus will Graff mehr über die Hintergründe erfahren und holt sich Rat bei dem Journalisten Harri Germann und Professorin Gerlind Waldenegger. Als sich Graff mit dem V-Mann treffen will, findet er nur noch dessen Leiche.

Wenig später erhält Graff ein Fax aus Beirut von Germann und Waldenegger mit der Bitte, die Herren Friedrich von Hausen, Lazarus von Schwendi und Jean-Baptiste Kléber zu grüßen. Umgehend sucht der Kommissar die Nationalbibliothek auf, in der er die nächsten Tage mit den Studien dieser berühmten Männer aus dem Elsass verbringt, um die Beweggründe islamischer Fundamentalisten zu verstehen, deren Ziel „die Errichtung eines weltweiten islamischen Gottesstaates“ ist.

Der Roman von Winfried Veit gliedert sich grob in zwei Teile. Auf der einen Seite versucht Kommissar Graff zu verstehen, was die in heutiger Zeit verübten Anschläge mit den ihm in einem Fax genannten Personen verbindet. In etwa der Hälfte des Plots erweckt der Autor sie quasi zum Leben, indem er das Geschehen wie in einem historischen Roman wiedergibt. Der Leser erfährt zunächst etwas über das Leben und Wirken des in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts lebenden Friedrich von Hausen, der in Diensten von Kaiser Friedrich I, auch Barbarossa genannt, stand. Seine Truppen kamen beispielsweise in die antike griechische Stadt Hierapolis, die wie das bei Touristen beliebte Pamukkale über warme Quellen verfügt. Es folgen die Eroberungen von Lazarus von Schwendi, der Mitte des 16. Jahrhunderts lebte und in Diensten der Kaiser Karl V und Maximilian II stand, sowie die Ereignisse von dem in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts lebenden Jean-Baptiste Kléber während der Feldzüge von Napoleon Bonaparte, die häufig an Grausamkeiten nicht zu überbieten waren.

Winfried Veit zeichnet in seinem Roman „Graff oder Allahs Zorn im Garten Europas“ ein genaues Bild der sozialen Struktur von Straßburg-Neuhof und neben der Vermittlung von Lokalkolorit fängt er von allen Schauplätzen die Atmosphäre in bildhafter Sprache ein. Seine in frühere Jahrhunderte entführenden Einblicke hat er durch fiktive Reden seiner Protagonisten lebhaft gestaltet. Doch darf der Leser keinen spannenden Plot mit sich überschlagenden Ereignissen erwarten, zumal Kommissar Graff keinen Vorgesetzten zu haben scheint, demgegenüber er seine Ermittlungen betreffend Rechenschaft ablegen muss. Der Autor, der ein wandelndes Geschichtslexikon zu sein scheint, hat seinen Roman den orientalischen Minderheiten gewidmet und führt die Gründe auf, die zur Radikalisierung führen. Geschichtsstunde einmal auf geniale Weise in eine bildreiche Sprache umgesetzt!

Graff oder Allahs Zorn im Garten Europas von Winfried Veit

Graff oder Allahs Zorn im Garten Europas
Altan Verlag 2021
Klappenbroschur
465 Seiten
ISBN 978-3-930472-04-8

Bildquelle: Altan Verlag
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