Familie ist, wenn man trotzdem lacht von Wiebke Busch

Familie ist, wenn man trotzdem lachtSteffi und Arno Ruttmann leben mit ihren Kindern Lina und Oskar in Hamburg-Ottensen. Schon seit der Geburt ihres zweiten Kindes wünscht sich Steffi eine größere Wohnung. Als ihr ein Makler eine ideale Wohnung vierzig Kilometer von der Innenstadt entfernt zeigt, ist Steffi von der Größe und Ausstattung begeistert. Erst auf der Rückfahrt in die Stadt wird ihr klar, warum die Wohnungen in den Randbezirken so günstig angeboten werden können: Niemand will täglich auf dem Weg zur Arbeit und später auf dem Nachhauseweg im Stau stehen oder die schlechtere Netzabdeckung hinnehmen. Oskar, der als Geschäftsführer einer Werbeagentur arbeitet, erzählt seiner Ehefrau eines Tages, dass die Wohnung eines seiner Kollegen in der Stadtmitte frei wird. Infolge der Begeisterung für die perfekte Wohnung begeht Steffi einen dummen Fehler, der sie ihm wahrsten Sinne des Wortes teuer zu stehen kommt. Zum Glück hat ihre clevere und zu ironischen Bemerkungen neigende Freundin Helen eine Idee, wie sie das Geld zurückbekommen kann.

Helen, deren Tochter Ella gelegentlich bei dem getrenntlebenden Vater weilt, hat für die Zeitung, für die sie arbeitet, einen Artikel über die horrenden Mietpreissteigerungen geschrieben, die besonders Familien mit Kindern in Wohnungsnot geraten lassen. Die über siebzigjährige Flora, die nach dem Tod ihres Mannes eine fast zweihundert Quadratmeter große Jugendstilvilla bewohnt, liest diesen Artikel und überlegt, wie sie auf der einen Seite helfen, auf der anderen aber auch ihr Problem lösen könnte, denn ihre Heizung ist defekt, ihr ist immer kalt und für die Reparatur hat sie nicht das Geld. Kurzentschlossen schreibt sie einen Leserbrief. Helen, die einige Leserbriefe öffnet, ist von dem Vorschlag der alten Frau begeistert und erzählt Steffi davon. Beide kündigen Flora ihren Besuch an. Bei einem Treffen übergibt ihnen Flora eine Kiste mit Unterlagen, in der sich unter anderem ein Bild befindet, dass die Journalistin zu weiteren Recherchen anregt.

In ihrem Roman „Familie ist, wenn man trotzdem lacht“ klagt Wiebke Busch vordergründig die explodierenden Mietpreise in Hamburg an, wobei der Mietwucher in dieser Stadt keine Ausnahme bilden dürfte. Insbesondere erinnert die Autorin an die in die Geschichte eingegangenen Hausbesetzungen der Hafenstraße in St. Pauli der 1980er Jahre. Neben dem Geschehen um die erfolglose Wohnungssuche von Steffi wird die Handlung um die Arbeit von Helen bereichert, die unerwartet auf Ablehnung bei Lutz, ihrem Vorgesetzten und Chefredakteur der Zeitung, stößt. Sie stellt ihn zur Rede, weil sie sein Verhalten nicht akzeptieren kann und ist über sein Geständnis erstaunt, dass er einst wie seine Ehefrau Ursula für seine Ideale gekämpft und letztlich eine Wandlung vollzogen hat, die das Leben mit sich brachte.

Natürlich hat auch Flora in dem Roman „Familie ist, wenn man trotzdem lacht“ eine Vergangenheit, deren Schicksal und Barmherzigkeit Wiebke Busch als begnadete Erzählerin thematisiert. Daneben weckt das Bild einer Frau aus der Kiste, die ihr von Flora überreicht wurde, Helens Neugier und sie ist fest entschlossen, diese Frau aufzuspüren. Dass an einer Stelle des Plots im Erzählstil ausgesagt wird, „Flora lebte seit über dreißig Jahren in der Jugendstilvilla“, diese jedoch auf die Frage von Steffi gut vierzig Seiten später antwortet, „seit neunundvierzig Jahren“ in der Villa zu wohnen, hätte einem guten Lektorat auffallen müssen. Einen Leser dürfte das aber allenfalls irritieren und kaum davon abhalten, das Denkanstöße gebende Buch im Hinblick auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum weiterzuempfehlen!

Familie ist, wenn man trotzdem lacht von Wiebke Busch

Familie ist, wenn man trotzdem lacht
Heyne Verlag 2021
Klappenbroschur
320 Seiten
ISBN 978-3-453-42472-2

Bildquelle: Heyne Verlag
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