Saruj – Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr von Bilbo Calvez

Saruj - Stell dir vor, es gibt kein Geld mehrWer wünscht sich nicht eine Welt ohne Neid und Gier, in der sich niemand wie in einem Hamsterrad zu noch mehr Leistung angetrieben fühlt? In diese Welt wird Saruj am 16. April 2064 geboren, am Tag der Transition, der Abschaffung des Geldes. Neunundzwanzig Jahre später ist sie mit einem Mag, einer eiförmigen Kabine, auf dem Weg nach Berlin zu ihrer Freundin Didi. Zeitgleich ist der achtzehnjährige Kevalam nach dem Tod seines Vaters endlich frei und kann die geheime Siedlung, in der er von der Außenwelt isoliert gelebt hat, mit einem Helison, einer hubschrauberähnlichen Maschine, Richtung Berlin verlassen. Ein missglückter Terroranschlag führt zu einem Unfall des Sohnes „eines der reichsten Männer des 21. Jahrhunderts“ mit dem Mag von Saruj. In der Krone eines Baumes sehen die beiden einem nahenden Tod ins Auge, da sie wenig Hoffnung haben, am Rande von Berlin gefunden zu werden.

Fari entdeckt die beiden, die wie ein Wunder unverletzt aus ihren in Trümmern liegenden Maschinen steigen. Nachdem Saruj und Kevalam viele Stunden auf engstem Raum verharren mussten, setzen sie wie selbstverständlich den Weg gemeinsam zu Didi fort, die eine Wallfahrt mit dem Ziel ins Leben gerufen hat, die Auswirkungen der „Einsätze von Pestiziden, Radioaktivität oder sonstigem Müll“ zu beseitigen. Alte U-Bahnschächte dienen als Lager oder werden als Quantenphysiklabore genutzt. Saruj stellt Didi und den anderen Pilgern Kevalam als Zeitreisenden vor.

In dem jugendfreien Zukunftsroman „Saruj – Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr“ von Bilbo Calvez leben die Menschen ohne Geld, es gibt keine Renten, sie schaffen freiwillig anstatt zu arbeiten und verfügen über jede Menge Zeit. Sie sind von Androiden umgeben und gleiten in Magkabinen aus neuartigem Material über der Stadt. Kraftstoffe gewinnen sie aus Algen. Defekte Geräte werden nicht entsorgt, sondern lediglich ihre Module ausgetauscht. Mit Grauen denken die Veganer an die früher „in Plastik verpackten Tierleichenstücke“.

Kevalam, der viele Jahre durch ein magnetisches Feld von der Außenwelt getrennt lebte, hat bis zu seiner Befreiung geglaubt, dass Mord und Totschlag nach der Abschaffung des Geldes herrschen würden, weshalb er Angst vor der realen Welt hatte. Inzwischen weiß er, dass er sein Leben lang betrogen wurde, was ihn wütend macht. Von Saruj und den anderen Pilgern erfährt er, wie es zu den Systemveränderungen kam: Einige Jahre nach 2012, so weiß eine alte Dame als Zeitzeugin zu berichten, soll ein neu aufgetauchtes Virus der „Katalysator“ für die Akzeptanz eines unter die Haut der rechten Hand implantierten Bodychips verantwortlich gewesen sein, der als Immunitätsausweis galt. Das Virus hat die Autorin zwar nicht näher bezeichnet, doch ist eindeutig, dass es sich dabei um das Betacoronavirus SARS-CoV-2 handelt, wobei sie sich ironisch über die Menschen äußert, die sich als Maske ein „Stück Stoff vor die Nase“ banden, ihre Eltern nicht mehr besuchten und allein sterben ließen.

Dem seitenstarken Roman „Saruj – Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr“ fehlt es an einer Handlung, an deren Fortgang der Leser ein Interesse hat, so dass er sich durch philosophische Abhandlungen über im wahrsten Sinne Gott und die Welt quält. Ohne Zweifel gibt die Autorin, die ein Master-Studium im Bereich Genetik absolviert hat, in ihrem Roman sinnvolle Denkanstöße zum Ökosystem wie beispielsweise eine Komposttoilette. Sie klagt die Massentierhaltung an und dass viele unserer „Wünsche“ erst durch die Werbung geweckt werden. Bilbo Calvez hat in ihrem „Roman aus der Zukunft“ eine Vielzahl unterschiedlichster Themen wie Inquisition oder Pädophilie aufgegriffen, die ein Leser aber kaum erwartet hätte. Zudem hat sie eine in der Zukunft veränderte Sprache kreiert, deren Grammatik sie am Ende explizit erklärt, den Lesefluss allerdings empfindlich stört. Was die angekündigte Fortsetzung betrifft, mag manch einer denken: Bitte nicht!

Saruj – Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr von Bilbo Calvez

Saruj - Stell dir vor, es gibt kein Geld mehr
Verlag Meiga 2021
Taschenbuch
512 Seiten
ISBN 978-3-927266-81-0

Bildquelle: Amazon
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