Die Orangen des Präsidenten – Abbas Khiders bewegender Roman über Krieg, Folter und Hoffnung

Buchcover des Romans Die Orangen des Präsidenten

Kindheit im Schatten des Irak-Iran-Krieges

In seinem Roman Die Orangen des Präsidenten schildert Abbas Khider die erschütternden Erfahrungen des jungen Mahdi Muhsin während des Irak-Iran-Krieges. Als Achtjähriger verliert Mahdi seinen Vater im Krieg. Zehn Jahre später, am letzten Tag seiner Abiturprüfung, unternehmen Mahdi und sein Freund Ali einen Ausflug, der in einer plötzlichen Festnahme endet. In der Untersuchungshaft wird Mahdi ohne nachvollziehbaren Grund schwer gefoltert und psychisch gebrochen. Die sogenannte „Erziehungsmethoden“ bestehen aus Stromschlägen und grausamen Misshandlungen. In dunklen Verließen leidet er zudem unter Hunger, Krätzmilben und Wanzen.

Hoffnung, Freundschaft und die Brutalität des Regimes

Mahdis einzige Lichtblicke sind die Erinnerungen an unbeschwerte Tage mit seinem Freund Sami – beide waren leidenschaftliche Taubenzüchter. Als Saddam Husseins Geburtstag naht, hoffen die Häftlinge auf eine Amnestie. Statt Freiheit erhalten sie lediglich eine Blutorange. Erst als Kampfflugzeuge der Alliierten zu hören sind, kommt neue Hoffnung auf. Nach seiner Befreiung erkennt Mahdi sich selbst kaum wieder: abgemagert, entstellt und gebrochen. Doch sein Weg in die Freiheit führt ihn weiter – in ein Flüchtlingslager an der Grenze zu Kuwait.

Politisches Zeitzeugnis mit literarischer Tiefe

Khider vermittelt in seinem Roman einen tiefgründigen Einblick in das Leben unter dem irakischen Regime. Über Gespräche unter den Häftlingen erfährt der Leser von Giftgasangriffen auf Städte und der staatlich gelenkten Desinformation durch Fernsehen und Propaganda. Besonders erschütternd ist der Moment, als Mahdi einem seiner Peiniger gegenübersteht – in ihm kämpfen Rachegedanken und das Streben nach Gewaltfreiheit.

Der Autor, selbst zwei Jahre wegen politischer Gründe im Gefängnis, berichtet offen über Tausende unschuldiger Opfer, über Massenhinrichtungen und anonyme Gräber in der Wüste. Auch die körperlichen Auswirkungen von extremer Mangelernährung beschreibt Khider eindringlich – etwa wenn der Hunger nur zwei Scheiben Brot pro Tag zulässt und der Stuhlgang zur quälenden Ausnahme wird.

Gesellschaftlicher Tiefblick und literarische Raffinesse

Die Orangen des Präsidenten ist mehr als nur eine autobiografisch inspirierte Erzählung – es ist ein Spiegel der politischen Realität. Khider wählt eine nicht chronologische Erzählstruktur, die dem Roman eine besondere Dynamik verleiht. Nebenbei erfährt der Leser viel über gesellschaftliche Abgrenzung: So gelten Taubenzüchter in der irakischen Gesellschaft als niedrig angesehen – ihre Aussagen vor Gericht werden nicht anerkannt, und man zögert, ihnen die Töchter anzuvertrauen.

Die Orangen des Präsidenten von Abbas Khider

Buchcover des Romans Die Orangen des Präsidenten
Edition Nautilus 2011
Hardcover mit Schutzumschlag
160 Seiten
ISBN 978-3-89401-733-0

Bildquelle: Edition Nautilus

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