Das Fundament der Hoffnung von Ladina Bordoli

Das Fundament der HoffnungAls der erst zweiundzwanzigjährige Tommaso Mandelli im Jahr 1956 durch ein gebrochenes Gerüstbrett zu Tode kommt, ist das für die Familie ein herber Schicksalsschlag, zumal Tommaso die Baufirma seines Vaters Daniele im italienischen Cerano d’Intelvi übernehmen sollte. Der ebenfalls in dem Unternehmen als Maurer beschäftigte Michele Tunesi drängt trotz der durch den Tod seines Sohnes in Depressionen verfallene Daniele dazu, die Arbeiten fortzusetzen, da andernfalls neue Aufträge ausbleiben. Aurora, die neunzehnjährige Schwester des Verunglückten, teilt die Sorgen von Michele und fasst deshalb den Entschluss, in die Fußstapfen ihres Bruders Tommaso zu treten. Doch als ihre „Mamma und Nonna“ sie in Arbeitskleidung sehen, sind sie entsetzt und prophezeien der Tochter und Enkelin, als Frau niemals einen Bauauftrag zu erhalten.

Lediglich Michele unterstützt Aurora und nimmt sie mit ins Wirtshaus, wo sich die Handwerker den Ritualen gemäß nach Feierabend treffen. Denn nur so, erklärt er ihr, könne Aurora von ihnen akzeptiert werden. Der jungen Frau gefallen die ihr von Michele entgegengebrachten Schmeicheleien und Komplimente und sie ist enttäuscht, als sie von seiner Verlobung erfährt. Umso glücklicher ist Aurora, dass diese nur von kurzer Dauer war und Michele um ihre Hand anhält. Sie willigt in die Ehe ein in der Hoffnung, als verheiratete Frau endlich als Projektleiterin akzeptiert zu werden, zumal sie völlig neue Ideen bei den Umgestaltungen entwickelt, die bei den Kunden gut ankommen. Doch Michele ging davon aus, dass sich Aurora nach der Eheschließung mehr im Hintergrund hält und sich allenfalls um die Büroarbeit kümmert, zumal er sich durch ihre Erfolge provoziert fühlt, was Streitereien der jungen Eheleute zur Folge hat.

„Das Fundament der Hoffnung“ ist der erste von drei Bänden der Mandelli-Saga von Ladina Bordoli, der den Zeitraum von 1956 bis 1960 umfasst und lediglich im Epilog einen Ausblick bis ins Jahr 1978 gewährt. Die Autorin vermittelt in dem Roman etwas über die Traditionen einer italienischen Heirat, bei der beispielsweise die Frau auch nach der Eheschließung ihren Mädchennamen behält. Ihre Protagonistin muss Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts mit der Ungerechtigkeit leben, dass einer Frau nicht dieselbe Akzeptanz wie einem Mann entgegengebracht wird, und obwohl ihre Ideen Anklang bei einem Kunden finden, wird ein Auftrag an einen Konkurrenten vergeben, der dann ihre Gedanken umsetzt. Allein der vermögende Rechtsanwalt Lorenzo Baroni distanziert sich von dem Gerede der Dorfbewohner und erteilt Aurora einen großen Auftrag, womit sie jedoch ihren Ehemann Michele noch mehr gegen sich aufbringt.

Aurora behauptet sich in der Saga „Das Fundament der Hoffnung“ als Kämpferin, die mit allen Mitteln das Familienerbe retten will. Von ihren Mitmenschen wird sie als kreativer Geist, Pionierin und Querdenkerin mit unkonventionellen Ideen beschrieben. Einmal tritt sie erstaunlich selbstbewusst auf, während sie ein anderes Mal Selbstzweifel quälen. Ihre zunehmende Emanzipation kann ihr Ehemann nicht akzeptieren, was das junge Paar auseinandertreibt. In, für eine Familiensaga, angemessener bildreicher Sprache und in flüssigem Schreibstil lässt Ladina Bordoli ihre weiblichen Leser dahinschmelzen, wenn ihrer Protagonistin bei einer kurzen Berührung durch einen Mann ein wohliger Schauer über den Rücken läuft oder die schnell errötende Aurora den warmen Atem eines Mannes im Nacken spürt.

Das Fundament der Hoffnung von Ladina Bordoli

Das Fundament der Hoffnung
Heyne Verlag 2021
Klappenbroschur
368 Seiten
ISBN 978-3-453-42463-0

Bildquelle: Heyne Verlag
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