Unsere Liebe war unerhört – Ein Roman als Zeugnis des Überlebens und der Erinnerung

Buchcover des Romans Unsere Liebe war unerhört

Die letzten Tage des Krieges und eine ungewöhnliche Begegnung

Am Ende des Zweiten Weltkriegs ist die einundzwanzigjährige Marga verpflichtet, in der niederbayerischen Außenstelle des Konzentrationslagers Flossenbürg auf dem Fliegerhorst sämtliche Unterlagen vor dem Eintreffen der Amerikaner zu vernichten. In Mairing trifft sie auf den ehemaligen Häftling Henryk Stattler, den sie während ihres Dienstes mehrfach beobachten konnte. Wie viele andere überlebende Juden ist auch Henryk gesellschaftlich isoliert und versucht sich durch den Handel mit Altwaren mehr schlecht als recht durchzuschlagen.

Zwischen Nähe und Zweifel – Der Beginn einer besonderen Beziehung

Aus anfänglichen Spaziergängen entsteht eine Einladung zu Margas Eltern, die zwar den Altersunterschied von zwölf Jahren zur Sprache bringen, jedoch keine Einwände gegen Henryks jüdischen Glauben haben. Im Gegenteil: Sie empfinden Mitgefühl für den abgemagerten Mann, der neben Auschwitz in vier weiteren Konzentrationslagern untergebracht war. Mit Margas Hilfe beginnt er im Stoffhandel Fuß zu fassen. Marga träumt von einer gemeinsamen Zukunft, doch Henryk zweifelt, ob sie jemals die jüdischen Gebräuche und Feste wirklich verstehen kann. Schließlich verlässt er Deutschland und reist nach Schweden, wo die Schwester seiner von den Nazis ermordeten Frau lebt – und lässt Marga zurück, die ein Kind von ihm erwartet.

Bedrohung im Jahr 1990 – Die Geschichte von Jonathan

Eva Müller beginnt ihren Roman mit Jonathan Stattler, einem Jurastudenten in Passau im Jahr 1990, Sohn von Marga und Henryk. Jonathan erhält einen Anruf mit einer Morddrohung und wird später tatsächlich nachts überfallen. Sein Auto muss er als gestohlen melden. Die Ermittlungen ergeben, dass der Angriff von antisemitisch motivierten Tätern verübt wurde. Entsetzt stellt Jonathan fest, dass selbst 44 Jahre nach Kriegsende noch Altnazis aktiv sind. Müller erzählt die Geschichte abwechselnd aus den Perspektiven von Marga und Henryk und schlägt dabei eine Brücke zwischen den Generationen.

Zwischen Fiktion und Realität – Nachwort der Autorin

Im Nachwort betont Eva Müller, dass es sich zwar um einen Roman handelt, jedoch auf wahren Begebenheiten basiert. Einige verwendete Zitate sollen tatsächlich so gefallen sein, wie sie es in Gesprächen mit Jonathan erfuhr. Namen und Orte wurden aus Gründen der Diskretion verändert. Besonders erschütternd ist der Hinweis, dass nach Kriegsende über fünfzig jüdische Neugeborene durch gezielten Druck auf die Fontanelle ermordet worden seien – ein Vorfall, der tatsächlich stattgefunden haben soll.

Dokumentation des Grauens – Die Geschichte von Henryk

Am Beispiel Henryks schildert Müller die unfassbaren Verbrechen der Nationalsozialisten: Seine Haut wurde im KZ tätowiert, um später für einen Lampenschirm verwendet zu werden. Sie beschreibt Lagerbordelle, Gaskammern, den gewaltsamen Tod unterernährter Überlebender und die verzweifelten Taten von Müttern, die aus Liebe ihre schreienden Kinder erstickten, um die Familie zu retten. Menschen lagen im kalten Schlamm auf den ausgezehrten Körpern Verstorbener, um nicht zu erfrieren.

Ein Zeugnis von Hoffnung und Menschlichkeit

Unsere Liebe war unerhört* ist mehr als ein Roman – er ist das bewegende Porträt eines Mannes, dessen Lebenswille alle Vorstellungen übertraf. Sein größtes Glück war die Begegnung mit Marga, die stets an seiner Seite blieb. Dass ihre Familie schon in den 1950er-Jahren ein Telefon besaß, wirkt fast wie eine Randnotiz gegenüber dem eindringlichen Zeitzeugnis, das Eva Müller mit ihrem Werk geschaffen hat.

Unsere Liebe war unerhört von Eva Müller

„Buchcover zum Roman Unsere Liebe war unerhört
Penguin Verlag 2024
Klappenbroschur
400 Seiten
ISBN 978-3-328-60334-4

Bildquelle: Penguin Verlag

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