Geschmeidiger Körper. Offener Geist.
Während Ashtanga-Yoga, welches hauptsächlich Körperhaltungen und Atemkontrolle beinhaltet und Bikram-Yoga, dessen Übungen in einem heißen Raum bei etwa 35 bis 40 Grad praktiziert werden, zu den dynamischen Yogastilen gehören, ist Yin-Yoga ein passiver Übungsstil, der sich zum Ausgleich anbietet. Dabei werden die Stellungen ohne, oder mit nur geringer Muskelanspannung ausgeführt und drei bis fünf Minuten gehalten. Durch das Verweilen in einer Haltung ist Yin-Yoga ideal, um den Körper zu entspannen.
Das Buch „Yin Yoga des Herzens“ der beiden Autorinnen Tanja Seehofer und Doris Iding ist eine Einführung in die Grundlagen des Yin-Yoga, die über die reine Praxis hinausgeht. Neben Hintergrundwissen über die Ursprünge des klassischen Yoga sowie des modernen Yin-Yoga erhält der Leser Informationen über die Bedeutung der Lebensenergie Chi, wichtige Meridiane und lernt das Bindegewebe, die Faszien kennen. Im Praxisteil werden die Vorbereitungen und die Durchführung der dreizehn bebilderten Übungen und drei verschiedene Atemtechniken erklärt. Ein weiteres Kapitel widmet sich dem geistigen Weg, um dem eigentlichen Ziel im Yoga näher zu kommen und einige kurze Übungssequenzen, die im Alltag zwischendurch oder gezielt bei Beschwerden eingesetzt werden können, runden das Buch ab.
Die Frage nach dem Ursprung von Yin-Yoga konnten die beiden Autorinnen Tanja Seehofer und Doris Iding in ihrem Buch „Yin Yoga des Herzens“ leider nicht klären, denn bereits auf den ersten Seiten erfährt der interessierte Leser, dass der Amerikaner Paul Grilley der Begründer des Yin-Yoga sein soll. Allerdings ist der Text mit einem Verweis zu den Anmerkungen auf der letzten Seite versehen, wo es dann heißt: „Wer der tatsächliche Begründer des Yin-Yoga ist, ist umstritten.“ Sehr informativ sind die Kapitel über die Faszien und Meridiane, doch der Versuch, über die Meridiane eine Verbindung zwischen Yin-Yoga und der traditionellen chinesischen Medizin herzustellen, ist dann doch sehr weit hergeholt. Warum die Übungen nicht wie im klassischen Hatha Yoga auf Organe, Muskeln und Gelenke wirken sollen, sondern wie bei einer Akupunktur oder Akupressur auf die Meridiane, ist einfach nicht nachvollziehbar. Auch wenn die beiden Autorinnen die Lebensenergie Prana kontinuierlich mit Chi bezeichnen, ergibt sich daraus nicht automatisch eine Verbindung zwischen Yoga und der traditionellen chinesischen Medizin.
Dass Yin-Yoga für die Entwicklung einer ausgeglichenen Yoga-Praxis nicht ausreichend ist und nur als eine Ergänzung angesehen werden kann, haben wohl auch die Autorinnen erkannt, denn sie raten Anfängern, die im Buch beschriebene Yin-Yoga-Praxis mit Yang-Übungen zu kombinieren, um einen gesunden Ausgleich zu schaffen. Wer Yoga einmal mit leichten Übungen ausprobieren möchte, der ist mit „Yin Yoga des Herzens“ von Tanja Seehofer und Doris Iding sicherlich gut bedient. Die Übungen im Praxisteil sind eine Yin-Yoga-Sequenz, die jeder täglich durchführen kann. Für Menschen, die jedoch ernsthaft Yoga betreiben möchten, ist dieses Buch zu einseitig ausgerichtet, denn Yin und Yang bilden eine Einheit, die sich im klassischen Hatha Yoga wiederfindet. Dabei kann der Praktizierende auswählen, in welche Richtung er seine Übungen ausrichten möchte.
Yin Yoga des Herzens von Tanja Seehofer und Doris Iding
Windpferd Verlag 2014
Hardcover
144 Seiten
ISBN 978-3-86410-068-0