Mit Bedenken versetzt von Claretta Cerio

Ein Leben zwischen Capri und Sylt!

Mit Bedenken versetztDie im Jahr 1927 geborene Claretta Cerio hat ihre Kindheitserinnerungen bereits in einem 1981 erschienenen Buch veröffentlicht, was mittlerweile in einer überarbeiteten Auflage vorliegt. Sie schreibt zunächst von ihren Großeltern, die mütterlicherseits von Capri und väterlicherseits von Sylt stammten, wie sich ihre Eltern Maria und Ernst kennenlernten und heirateten sowie von ihren Geschwistern Carlo, Raffaela und Hans Eberhard. Ihr Vater arbeitete für einen Wiener Kaffeebetrieb, gründete eine Keksfabrik und verkaufte die Produkte in Westerland auf Sylt. Clarettas Erinnerungen reichen bis zum Jahr 1932, als sie mit ihrem in die SA eingetretenen Vater zu einer Rede Hitlers nach Malente reiste. Doch schon zwei Jahre später verstarb er, so dass sich die Mutter um den Verkauf der Friesenkekse kümmern musste und auf die Hilfe von Kindermädchen angewiesen war.

Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges lebte die Familie auf Sylt und verbrachte nur die Ferien auf Capri. Claretta Cerio besuchte in Deutschland und Italien verschiedene Schulen und erhielt vorübergehend auch Privatunterricht. Mit der Zeit fand sie Gefallen am Lesen und Schreiben. Auf Capri blühte der Schwarzmarkt und es erforderte viel Einfallsreichtum der Köchin, die Familie satt zu bekommen. In Rom besuchte Claretta ein Internat, wo sie sich einsam fühlte und bedauerte, kein Geld zu besitzen. Als die Schule schließen musste, stand in dem Zeugnis der Schülerin, die später in Literatur promoviert hat, dass sie nur „Mit Bedenken versetzt“ wird.

Claretta Cerio weiß noch, wie sie an Windpocken, Masern und Keuchhusten erkrankte und auch, dass sie wegen eines geplatzten Blinddarms notoperiert werden musste. Von Capri aus konnte sie die Bombenangriffe auf Neapel beobachten und wurde selbst Zeuge eines verheerenden Luftangriffs, als sie in Neapel weilte. Sie lernte Edwin Cerio kennen, ohne zu ahnen, dass er ihr späterer Ehemann werden sollte, bevor sie mit ihrer Familie vor den heranrückenden Deutschen von Capri fliehen musste. Die Flüchtlinge kamen in einem Heim in Meran unter, wo der Hunger allgegenwärtig war und ein Proteinmangel eiternde Wunden hervorrief. Claretta arbeitete auf eigene Gefahr als Hilfsschwester in einem Lazarett für Infektionskrankheiten, um sich über Wasser halten zu können. Doch als der Krieg endlich aus war und sie eine abenteuerliche Flucht zurück nach Capri brachte, musste sie fürchten, als Deutsche enttarnt zu werden.

Die zunehmend spannender werdenden biografischen Aufzeichnungen von Claretta Cerio sind insofern interessant zu lesen, als dass sie Aufschluss darüber geben, wie beschwerlich und zeitaufwändig beispielsweise eine Reise von Capri nach Sylt war und auch, wie die Menschen zur damaligen Zeit auf den Inseln gelebt haben. Ihre Mutter wurde von Wladimir Iljitsch Uljanow, besser bekannt unter seinem späteren Namen Lenin, auf Capri in russischer Sprache unterrichtet. Die Autorin gibt ihre Erinnerungen in dem Buch „Mit Bedenken versetzt“ nicht immer in chronologischer Reihenfolge wieder, sondern greift oftmals auch auf in der Zukunft liegende Ereignisse vor. So erwähnt sie an einer Stelle, in der es um ihren Bruder Carlo geht, welches Schicksal ihn ereilte, obwohl ihre Aufzeichnungen bis zu diesem Jahr gar nicht reichen. Diese enden nämlich damit, dass sie nach Kriegsende auf Capri zum zweiten Mal auf den mittlerweile siebzig Jahre alten Edwin Cerio trifft, den sie im Jahre 1953 ehelichte.

Mit Bedenken versetzt von Claretta Cerio

Mit Bedenken versetzt
dtv 2018
Taschenbuch
304 Seiten
ISBN 978-3-423-21712-5

Bildquelle: dtv
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