Jukelnack von Irmin Burdekat

JukelnackKarl-Friedrich Jukelnack ist ein Einzelgänger, immer auf der Suche nach dem einfachsten und bequemsten Weg. Bei der Berufswahl nimmt er den Rat seines Vaters an und wird Volksschullehrer. Durch die Wirren des Zweiten Weltkriegs mogelt er sich auf seine Weise und steigt, nachdem er aus russischer Gefangenschaft kommt, zum Konrektor an seiner alten Schule auf. Abwechslung von der Pflege seiner Mutter sucht der schüchterne Mann, stets erst nach einigen Bierchen, bei der verheirateten Betti, die es mit der Treue nicht so genau nimmt und eines Tages spurlos verschwindet. Als Jukelnack einer Einladung seiner Kollegin Grete Schweers folgt, macht er dort die Bekanntschaft mit Else.

Die stark kurzsichtige Else Bödicker kommt schon in jungen Jahren als Hilfe auf den Hof der Eheleute Poggenpohl. In der Schule ist Grete ihre beste Freundin, und nach der mittleren Reife macht sie eine Lehre als Köchin. Heinrich Poggenpohl kümmert sich nach dem Tod seiner Ehefrau weiterhin um Else und kleidet sie sogar ein, als sie zu Pfingsten 1936 von Emil Neunager eine Einladung zum Tanzen bekommt. Die junge Frau verliebt sich unglücklich in ihn, da er nicht an ihr als Frau interessiert ist. Als er eine Anstellung als Küchenchef in einem Ferienheim an der Nordsee erhält, holt er Else, die er sehr schätzt, zu sich. Dann bricht der Krieg aus und bevor Emil eingezogen wird, verloben sie sich.

Emil kommt im Krieg um und Else schwärmt von dem tollkühnen Flieger Adam Strohpiep, während sie ihren Dienst in der Küche eines Militärflughafens ableistet. Sehnlich wünscht sie sich von ihm ein Kind, doch noch bevor sie schwanger wird, verliert sie auch ihn. Für die Besatzungsmächte kocht sie und erbt nach dem Tod von Heinrich Poggenpohl dessen Stadthaus. Grete, ihre beste Freundin aus Kindheitstagen und Kollegin von Jukelnack, gewinnt Else, die mittlerweile zur Küchenchefin eines Hotels aufgestiegen ist, als Trauzeugin. Zu einer Feier lädt Grete auch ihren Schulkollegen ein, den sich Else unbedingt angeln will. Mit ihren dicken Brillengläsern ist sie zwar keine Augenweide, doch Jukelnack fühlt sich in ihrer Gesellschaft wohl. Else gelingt es, den eigenwilligen Mann mit reichlich Punsch an sich zu binden und eröffnet ihm am Valentinstag 1955, ein Kind von ihm zu erwarten.

Mittlerweile schreibt man das Jahr 2004: Der in Los Angeles lebende Adam Jukelnack ist zum größten Rockstar im Universum aufgestiegen. Zu seinem 50. Geburtstag soll eine Biografie veröffentlicht werden, die sich insbesondere mit seiner Kindheit und Jugend in Deutschland auseinandersetzt. Nachdem sie lange überredet werden musste, willigt Susanne Schlafholz in ein Interview mit dem arroganten und von ihr verhassten Star ein, der stets eine seiner Gitarren in Händen hält.

Der Roman „Jukelnack“ gliedert sich in zwei Teile, wobei Irmin Burdekat im ersten vom Leben der zueinanderfindenden Personen Karl-Friedrich Jukelnack und Else Bödicker schreibt. Seinen Protagonisten charakterisiert er als Mitläufer ohne eigene Meinung, als „Einzelgänger mit schwersten sozialen und emotionalen Störungen…ohne jede Bindungsenergie“, die Alliierten sehen in ihm gar einen „charakterschwachen Dummkopf“. Im zweiten Teil passt der Autor seinen Sprachstil der veränderten Situation an, da Adam Jukelnack im Interview ausnahmslos in einer schlaksigen Umgangssprache antwortet. Beide Gesprächspartner provozieren, frotzeln, sind ironisch und auf eine liebe Art frech, um schließlich die jeweilige Meinung über den anderen zu revidieren.

Irmin Burdekat hat für seinen Roman bestens recherchiert und sich beraten lassen, wenn es beispielsweise um die dargestellte Arbeitsweise von Rettungssanitätern geht. Adolf Hitler hat wohl auch tatsächlich verbreiten lassen, dass er sich vegetarisch ernähren würde, und überliefert ist auch, dass die Soldaten mit in Süßigkeiten versteckten Drogen kämpferisch gehalten wurden. Mit viel Ironie schreibt der Autor von „unfairen Bomben“ mit Zeitzünder, lässt eine Handlungsperson auf einer Hochzeitsfeier in genialer Weise über Treue und Liebe fachsimpeln und spielt mit Worten, wenn eine Kurzsichtige auf der Lebensskala eher weitsichtig ist. Kritisch bemerkt er, dass viele Menschen vom Verschwinden der Juden nichts geahnt haben wollen. Der herrlich amüsante Roman „Jukelnack“ begeistert von der ersten Seite an und wartet bis zum letzten Absatz mit Überraschungen auf.

Jukelnack von Irmin Burdekat

Jukelnack
TPK Verlag 2023
Hardcover
280 Seiten
ISBN 978-3-910490-00-0

Bildquelle: TPK Verlag


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