
Die Natur hat es so eingerichtet, dass unser Gehirn vor allen anderen Organen versorgt wird und es kann seine Leistung durch den Ausbau neuronaler Verknüpfungen, der Synapsen, sogar steigern, je mehr es gefordert wird. Der Leser erhält Kenntnis darüber, welchen Einfluss Alkohol auf das Gehirn hat und ob es tatsächlich nachweisbare Unterschiede der Gehirne von Frau und Mann gibt. Henning Beck gibt Antwort darauf, was es mit den viel zitierten Lerntypen auf sich hat und macht deutlich, warum ständiges Wiederholen zur Verfestigung beiträgt. Das Buch veranschaulicht, zu welchem Zweck unser Körper Endorphine erzeugt und wie wir unsere Gehirnleistung verbessern können. In diesem Zusammenhang macht der Neurobiologe dem Leser deutlich, dass gerade das Wechselspiel von Tiefschlaf und anderen Schlafstadien die effektivste Vernetzung zur Folge hat und auch, was Träume überhaupt sind. Dem Leser wird sowohl verständlich, wie die Nervenzellen mit Energie versorgt werden und welcher Zusammenhang mit Parkinson besteht, als auch wie Neuronen Informationen weiterleiten, wobei eine Störung das Krankheitsbild der Multiplen Sklerose hervorruft. Henning Beck führt aus, was unsere Ernährung mit der Intelligenz zu tun hat und welche Aussagekraft ein Intelligenztest hat, er vergleicht die Rechengeschwindigkeit eines Computers mit unserem Gehirn und er deckt auf, ob wir uns wirklich auf zwei Dinge gleichzeitig voll konzentrieren können.
An einfachen Beispielen verdeutlicht der Autor auch Laien die komplizierten Vorgänge in unserem Gehirn. Er überrascht sicher auch einige damit, wie sich langjährige Annahmen als unhaltbar entpuppen und setzt auseinander, dass es auf den heute spezialisierten Gebieten der Hirnforschung längst keinen Universalforscher mehr gibt. Jedem mit trockenem Humor analysierten Mythos ist eine gelungene Illustration von Angela Kirschbaum vorangestellt. Den Neurobiologen verführt seine Selbstironie sogar zu der Aussage, auf Partys mit seinem Wissen als Hirnforscher zu prahlen. Er hat auch keine Lust, so komplizierte Begriffe wie das „mesolimbische dopaminerge System“ zu gebrauchen und verfällt als „naiver Autor“ auf einen Test im Internet herein. Henning Beck gibt unumwunden zu, dass sich die Wissenschaftler in vielen Punkten nicht einig sind und oftmals keine Ahnung haben. Aber das, was sie schon erforscht haben, kann in diesem äußerst interessanten und sowohl spannend, als auch amüsant zu lesenden, keinesfalls als Hirnrissig zu bezeichnenden Buch nachgelesen werden.
Henning Beck, Hirnrissig, Carl Hanser Verlag 2014, Hardcover mit Schutzumschlag, 271 Seiten, ISBN 978-3-446-44038-8, Preis: 16,90 Euro.