Häschen in der Grube von Maria Sveland

Häschen in der GrubeEnde der 80er Jahre haben die Freundinnen Emma und Julia mit ihren 13 Jahren allerhand Flausen im Kopf. Verbotenes reizt und so stehlen sie Süßigkeiten und Getränke. Als sich ihnen im Wald eines Tages ein Mann in exhibitionistischer Weise zeigt und seinen „Rhabarberpenis“ mit der Hand reibt, erregt das die Mädchen und führt zu sexuellen Fantasien.

Die Familiensituation der beiden weist große Unterschiede auf: Emma lebt bei ihrer allein erziehenden Mutter Annika, die sie wie eine Freundin behandelt, in bescheidenen Verhältnissen. Wegen der Schwangerschaft musste Annika ihr Studium aufgeben. Als Pflegehelferin arbeitet sie in einem Seniorenheim und freut sich über einen kleinen Nebenverdienst, als sie für den Kulturredakteur Gunnar Buchrezensionen schreiben darf.

Um die Ehe der Eltern von Julia und ihrem kleineren Bruder Erik steht es nicht zum Besten, denn Mutter Gisela kann sich nicht mehr daran erinnern, wann sie in ihrem Leben zum letzten Mal fröhlich war. Sie hat nur noch entfernt Erinnerungen an ein anderes Leben, als sie noch anders war. Ihr Mann Carl verachtet sie und genießt es, sie zu schikanieren. Er beherrscht seine Familie und spielt seine Macht aus.

Für die Mädchen endet das unbeschwerte Leben, als eine von ihnen vergewaltigt wird. Die hinzugezogene Ärztin stellt Vernarbungen von früheren Übergriffen fest und trotz dieser Beweislage beginnt für das Opfer, das wie ein „Häschen in der Grube“ sitzt, ein bürokratischer Spießrutenlauf.

Maria Sveland hat in dem Roman eindrucksvoll geschildert, was Menschen in einer Machtposition innerhalb unserer Gesellschaftsordnung bewegen können. Ihrem Einflussbereich kann man sich kaum entziehen, weil ihr Arm immer etwas länger ist. Sie finden Verbündete, treiben ihre Opfer eiskalt in den finanziellen Ruin und kennen keine Skrupel oder Gnade. Das Rad der Mühle, in der sich die Wehrlosen befinden, dreht sich immer weiter.

Der Missbrauch von Mädchen ist hier das zentrale Thema und die Autorin weist deutlich auf die Folgen des kollektiven Wegsehens hin. Erst, wenn es zu spät ist, zählen manche Mütter eins und eins zusammen und plötzlich fügt sich für sie alles wie ein Puzzle zusammen. Selbst Polizisten verdrängen und zeigen keine Zivilcourage, weil sie ihren Job nicht verlieren wollen. Der Roman „Häschen in der Grube“ von Maria Sveland ist eine Anklage an die Gesellschaft, die nur zu gerne wegsieht, denn niemand möchte in etwas hineingezogen werden. Ein harmloser Anfang nimmt in dem Buch ein trauriges Ende. Der Leser sollte eine psychisch stabile Ausgangsposition haben, um das ohne Zweifel aktuelle und aufwühlende Thema verdauen zu können.

Häschen in der Grube von Maria Sveland

Häschen in der Grube
Übersetzung von Regine Elsässer
Verlag Kiepenheuer & Witsch 2013
Broschur
384 Seiten
ISBN 978-3-462-04446-1

Bildquelle: Kiepenheuer & Witsch
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