Die Frau im hellblauen Kleid von Beate Maxian

Die Frau im hellblauen KleidKaum ein Elternpaar wäre heutzutage nicht stolz auf eine Tochter, die zu einem gefeierten Star aufsteigt. Doch ganz anders verhält es sich bei der Hauptfigur Käthe Schlögel in dem Roman „Die Frau im hellblauen Kleid“ von Beate Maxian. Von ihrer Freundin Anita Weinmann lässt sich Käthe im Jahr 1927 ein Kleid nähen, weil sie sich für ein Vorsprechen beim Volkstheater in Wien beworben hat, das Statisten sucht. Ohne das Wissen ihrer Eltern, einfache Gemüsehändler, geht sie zum Termin und wird prompt von Regisseur Hans Bleck engagiert. Dass ihre Mitbewerberin Else Novak für eine größere Rolle vorgesehen ist, macht Käthe nichts aus. Die Tageszeitungen loben das Talent von Käthe, die sich von ihrer neuen Freundin Else zu einem modernen Kurzhaarschnitt überreden lässt.

Der jüdische Autor Jakob Rosenbaum bietet Käthe eine Hauptrolle am Theater in Prag an. Die selbstbewusste, junge Frau nimmt das Angebot an, auch wenn das Verhältnis zu ihren Eltern darunter noch mehr leidet, und steigt zu einem gefeierten Star auf. Ihre Eltern sind enttäuscht, denn sie hofften auf eine Vermählung mit dem Weinbauern Alois Weinmann, dem Bruder von Anita. Zurück in Berlin lernt Käthe den bekannten Regisseur und Schürzenjäger Horst Kleinbach kennen. Während die Nationalsozialisten immer mehr an Macht gewinnen, sorgt sich Jakob Rosenbaum um seine Zukunft, und auch Käthe wird das Leben von ihrem einstigen Gönner Hans Bleck schwergemacht.

Im Jahr 2014 lebt Käthes Tochter Marianne Altmann mit Tochter Vera und Enkelin Sophie unter einem Dach. Einst galt Marianne mit ihrem Partner Fritz als das Traumpaar der deutsch-österreichischen Filmbranche. Da auch Sophie in die Fußstapfen ihrer berühmten Vorfahren getreten ist, plant Vera einen Film über die Frauen-Dynastie. Doch ausgerechnet die Bleck-Film soll die Produktion übernehmen. Marianne tobt vor Wut, was Vera nicht verstehen kann. Es muss ein Geheimnis in der Vergangenheit ihrer Großmutter Käthe geben. Als Sophie sich auch noch ganz zufällig in Fabian Bleck verliebt, einem Nachkommen des von Käthe abgrundtief verhassten Hans Bleck, hat das Auswirkungen auf die junge Liebe und das Verhältnis der drei zusammenlebenden Frauen.

Schauplätze des Romans „Die Frau im hellblauen Kleid“ sind Wien, Berlin, München und Innsbruck, wobei es Beate Maxian auch nicht an entsprechendem Lokalkolorit fehlen lässt. Die Kapitel, die mit den Ereignissen im Jahr 2014 beginnen, wechseln sich mit den zurückliegenden Geschehnissen ab, angefangen im Jahr 1927. Neben den fiktiven Handlungspersonen hat die Autorin zahlreiche historisch belegte Personen wie Max Reinhardt, Max Pallenberg und Paula Wessely erwähnt, die bei den Salzburger Festspielen als Gretchen in Goethes Faust glänzte. Da die historischen Begebenheiten dieser Epoche als Kulisse für den Plot dienen, waren umfangreiche Recherchen erforderlich. So sind beispielsweise der am 15. Juli 1927 infolge eines Geschworenenurteils ausgelöste Brand des Wiener Justizpalastes, der durch einen Bombenangriff am 12. März 1945 zerstörte Philipphof in Wien, dem vermutlich über dreihundert Personen zum Opfer fielen, und auch der schwerste Luftangriff auf Berlin am 18. März 1945 traurige Realität.

Beate Maxian hat das Schicksal unzähliger von den Nazis Verfolgter und das ganze Ausmaß an Denunziation, Erpressung und Rachsucht eindrucksvoll in ihrem Roman geschildert und auch, wie die ehemaligen Verfolger nach dem Krieg zu den Verfolgten zählten. Sie macht deutlich, dass in kaum einer Familie über die Kriegsgeschehnisse gesprochen wurde. Was die Filmbranche anbelangt, so scheint sich im Laufe der Jahrzehnte wenig geändert zu haben: Damals wie heute verlangen männliche Regisseure einen „Gefallen“ von den weiblichen Darstellern, wenn sie eine der begehrten Rollen ergattern möchten. Der Roman ist ein großartiges Werk, das die Lebenswege von vier Generationen Frauen nachzeichnet, was vornehmlich Leser weiblichen Geschlechts anspricht.

Die Frau im hellblauen Kleid von Beate Maxian

Die Frau im hellblauen Kleid
Heyne Verlag 2017
Broschur
448 Seiten
ISNB 978-3-453-42212-4

Bildquelle: Heyne Verlag
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