Zwischen Macht, Moral und Medien: Peter Huths Roman „Aufsteiger“

Buchcover des Romans Aufsteiger

Der gescheiterte Aufstieg des Felix Licht

Der 48-jährige Felix Licht lebt mit seiner Ehefrau Sarah und Tochter Emilia, die eine Privatschule besucht, in einem großzügigen Haus in Fischbach. Lange hat Felix darauf gewartet, endlich die Nachfolge von Richard Leck, dessen Stellvertreter er ist, als Chefredakteur eines Magazins antreten zu können. Als der Tag gekommen ist, an dem er einen Termin beim Verleger Christian Berg hat, lässt er in weiser Voraussicht schon einmal von Nachrichtenchefin Anette Gösmann Sekt kaltstellen.

Doch bevor Felix zu Berg geht, überreicht ihm Richard wegen Differenzen über eine Protestaktion, bei der sich Personen auf der Autobahn festkleben, seine Kündigung. Kurz darauf teilt ihm Berg mit, dass ausgerechnet Zoe Rauch die Stelle erhält – für Felix bricht eine Welt zusammen.

Machtspiele und Diskriminierung im Verlag

Christian Berg, mit Charlotte verheiratet und auf einem Hausboot in Berlin lebend, zeigt sich von Felix’ Reaktion überrascht. Seine Entscheidung fiel nur deshalb auf die farbige und ehemalige Volontärin Zoe, weil Charlotte ihn dazu drängte. Ihm ist durchaus bewusst, dass die völlig unerfahrene Frau Felix an ihrer Seite braucht, weshalb er diesen unbedingt im Verlag halten will.

Zu seinem Leidwesen sendet er versehentlich eine SMS an Felix, in der er ihn als „alten weißen Mann“ bezeichnet – ein diskriminierender Kommentar, der den wahren Grund für seine Ablehnung offenbart.

Ehekrise und juristische Intrigen

Sarah, die nie sicher war, ob Felix mit Zoe – seiner ehemaligen Mentee – ein Verhältnis hatte, sieht rot, als er ihr auf Nachfrage zugibt, sich mit Zoe getroffen zu haben. Sie hält zumindest eine Trennung auf Zeit für sinnvoll, woraufhin Felix sich ein Hotelzimmer nimmt.

In der Hotelbar trifft er den ehemaligen Rechtsanwalt Cornelius Sentheim, der in seinen Tweets sowohl die Autobahnproteste als auch die Ernennung Zoes zur Chefredakteurin thematisiert. Der auf seinen eigenen Vorteil bedachte Sentheim überredet Felix zu einer Klage gegen Berg – die diskriminierende SMS könnte als Beweismittel dienen und ihm eine hohe Abfindung sichern.

Ein Roman voller Rätsel und Rückblenden

Peter Huth beginnt den Prolog seines Romans Aufsteiger* mit der Untersuchung einer Leiche, lässt die Leser jedoch bis zu den letzten Seiten im Unklaren darüber, um wen es sich handelt – ein geschickter Schachzug, der die Spannung hochhält. Stattdessen erfahren sie Details über die Vergangenheit des einstigen „Naziklamottenfürsten“ Christian Berg und darüber, dass Zoe Rauch das Magazin bereits vor zwölf Jahren verlassen musste. Den Grund dafür enthüllt Huth zunächst nicht. Klar ist nur: Zwischen ihr und Felix war nie etwas – und doch „so viel mehr“.

Zwischen Eifersucht und emotionaler Befreiung

Sarah ist eifersüchtig auf das Magazin, das sie mit ihrem Mann teilen muss. Als sie vom Treffen mit Zoe erfährt, eskaliert die Situation: Ein Streit entbrennt, ausgelöst durch unbedachte Worte. Nach dem Bruch liegt Felix’ Leben zwar in Trümmern, doch fühlt er sich so frei wie nie zuvor. Zoe kann er nicht mehr aus seinen Gedanken verbannen – allein der Duft ihres Parfüms lässt sein Herz höherschlagen.

Gesellschaftskritik und sprachliche Finesse

Bereits die ersten Sätze des intelligent konstruierten Romans zeugen davon, dass Peter Huth ein begnadeter Erzähler ist. Abgesehen von einem Kapitel, in dem Emilia selbst zu Wort kommt, ist der vielschichtige Plot im Erzählstil verfasst. Die Figuren diskutieren über Begriffe wie „indianischer“ versus „indigener“ Kriegstanz und darüber, ob die Gruppe „Letzte Chance 2025“ – eine Anspielung auf „Letzte Generation“ – Schuld am Tod eines Menschen trägt, wenn durch ihre Protestaktionen Rettungskräfte behindert werden.

Ein Roman mit Tiefgang und Überraschungen

Der Autor thematisiert Frauenquote, Emanzipation, Diskriminierung und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Er greift die Problematik gesellschaftlich marginalisierter Transmenschen ebenso auf wie die Gefahren von Social Media. Besonders gelungen ist die Beschreibung einer vom Rechtsanwalt inszenierten Aktion als „gestellte Zufälligkeit“.

Am Ende sorgen Felix und Zoe für eine Überraschung, bei der sie Treptov, den Chef vom Dienst, mit ins Boot holen. Doch selbst dann wartet der zunehmend spannender und geistreicher werdende Roman mit weiteren, nicht vorhersehbaren Wendungen auf. Ein Muss für alle Leserinnen und Leser, die das Anspruchsvolle lieben!

Aufsteiger von Peter Huth

Buchcover des Romans Aufsteiger
Droemer Verlag 2025
Hardcover mit Schutzumschlag
336 Seiten
ISBN 978-3-426-44985-1

Bildquelle: Droemer Verlag

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