Karriere mit falscher Identität
Die Französin Claire Durant hat beim Berliner Gourmet-Magazin Genusto Karriere gemacht und leitet dort das Ressort Lifestyle. Demnächst soll sie die Leitung eines neuen Lifestyle-Magazins des Verlagshauses Hebbel + Foch übernehmen. Ihr Chef Sebastian Hellwig ahnt nicht, dass Claire weder eine echte Pariserin ist noch Kunstgeschichte studiert hat.
Als sie die Nachricht erhält, dass ihre Mutter einen Fahrradunfall hatte und in der Klinik von Lannion in der Bretagne liegt, wird Claire von ihr genötigt, sich während der nächsten drei Wochen um ihre gehörlose Schwester Maelys zu kümmern – angeblich könne diese nicht allein zurechtkommen. Claire, die eigentlich beruflich zu einer Vernissage nach Paris reisen müsste, fährt stattdessen nach Moguériec, dem kleinen Dorf am Meer, in dem sie aufgewachsen ist.
Dort begegnet sie Nicolas, ihrem Freund aus Kindertagen, der sich inzwischen von einem schüchternen Jungen zu einem attraktiven Mann entwickelt hat. Doch dann taucht völlig unerwartet ihr Chef Sebastian Hellwig auf, um in dem beschaulichen Fischerdorf Urlaub zu machen. Claire muss sich einiges einfallen lassen, damit ihr Lügengeflecht nicht auffliegt.
Ein modernes Märchen mit Klischees
Claudia Winter schreibt Romane für Frauen über Frauen – und so werden weibliche Leser Die Wolkenfischerin* vermutlich anders beurteilen als Männer, die sich durch den unterhaltsamen und einfachen Schreibstil der Autorin nicht so leicht vereinnahmen lassen. Der Roman ist ein romantisch verklärtes, modernes Märchen, das nicht nur diverse Klischees bedient, sondern sich auch weit von jeglicher Realität entfernt.
Identitätsverwirrung als Plot-Motor
Die Geschichte wird zunächst in zwei Handlungssträngen erzählt, in denen abwechselnd von Gwenaelle und Claire berichtet wird. Allerdings wird dem Leser bereits nach kurzer Zeit klar, dass es sich dabei um ein und dieselbe Person handelt. Durch den Fehler eines Beamten erhält Gwenaelle in ihrem Personalausweis den Vornamen Claire. Dass ein solcher Fehler über längere Zeit unentdeckt bleibt, erscheint schon recht unwahrscheinlich.
Doch der weitere haarsträubende Verlauf des Plots – ein Mädchen aus einem bretonischen Dorf gibt vor, eine echte Pariserin zu sein, behauptet, Kunstgeschichte studiert zu haben, und wird von einem Verlag ohne Nachweis eines Abschlusses eingestellt – wirkt geradezu absurd.
Liebe trotz Lüge
Im romantischen Teil der Handlung verliebt sich das bretonische Fischermädchen, das inzwischen als Claire Karriere gemacht hat, nach fast zehn Jahren in ihren Chef Sebastian Hellwig – und er sich natürlich auch in sie. Allerdings ist nicht nachvollziehbar, warum sich diese Liebe erst nach so langer Zeit entwickelt.
Obwohl Claire ihren Chef jahrelang belogen und ihn schwer enttäuscht hat, nimmt er ihre Kündigung nicht an. Stattdessen verhilft er ihr zu einem Studium, damit sie die Prüfung zum Bachelor of Arts ablegen und die Leitung des neuen Lifestyle-Magazins übernehmen kann.
Fazit: Unterhaltung mit wenig Anspruch
Der gesamte Plot ist sicherlich keine Geschichte, wie sie das Leben schreibt. Die Wolkenfischerin* von Claudia Winter kann daher nur Leserinnen empfohlen werden, die leichte, anspruchslose Unterhaltungsliteratur im Stil von Groschenromanen mögen.
Die Wolkenfischerin von Claudia Winter
Goldmann Verlag 2018
Broschur
400 Seiten
ISBN 978-3-442-48573-4